18. September 2023
Deutsche Uro-Onkologen e.V. (d-uo) sind ca. 400 Ärzt:innen aus 200 Praxen. d-uo hatte bereits Anfang 2017 die Idee, eine Dokumentationsplattform zu konzipieren, mit der die Mitglieder ohne doppelten Aufwand einerseits die Meldung an das Krebsregister durchführen und andererseits die onkologischen Informationen in erweiterter Form auch in die d-uo-Datenbank überführen können (1). Neben dem Honorar des Krebsregisters (18 €) für die Erstmeldung einer uro-onkologischen Tumorerkrankung offeriert d-uo seinen Mitgliedern als einziger Anbieter dann weitere 18 €, wenn der/die Patient:in über die d-uo-Datenbank dokumentiert wird (2, 3). Diese Dokumentation ist die Grundlage der VERSUS-Studie (VERSorgUngsStudie), eine nicht-interventionelle, prospektive, multizentrische Studie zur Dokumentation und deskriptiven statistischen Auswertung von Diagnostik, Behandlungsverlauf und Nachsorge uro-onkologischer Patient:innen. Nach Erhalt eines positiven Ethikvotums wurde im Mai 2018 mit der Rekrutierung begonnen. Eingeschlossen werden wie oben beschrieben Patient:innen mit der Erstdiagnose einer urologischen Tumorerkrankung. In diesem Beitrag präsentieren wir aktuelle Daten zum Prostatakarzinom aus der VERSUS-Studie mit Stand 05/2023 (5-Jahres-Daten).
Von Mai 2018 bis Mai 2023 wurden insgesamt 16.916 Patient:innen mit der Erstdiagnose einer urologischen Tumorerkrankung dokumentiert. Bei 10.664 Patienten (63%) lag ein Prostatakarzinom vor. Laut Robert Koch-Institut (RKI) macht das Prostatakarzinom nur 56,1% aller urologischen Tumorerkrankungen aus (4). Die Ergebnisse aus der vorliegenden VERSUS-Studie liegen damit etwas höher.
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In 5.543 Fällen (52%) wurde das Prostatakarzinom im Rahmen einer Früherkennung und bei 5.121 Patienten (48%) aus anderen Gründen detektiert (Tab. 1). Unklar bleibt die Definition für den Begriff „Früherkennungsmaßnahme“. Hier kann es sich beispielsweise – je nach Interpretation der meldenden Ärztin/des meldenden Arztes – um ein DRU- und/oder PSA-detektiertes Prostatakarzinom handeln.
Tab. 1: Diagnoseanlass des Prostatakarzinoms (PCa) in der VERSUS-Studie (Stand 05/2023).
Verteilung der Tumorstadien
In der Auswertung war für 7.772 Patienten (72,9%) ein TNM-Stadium verfügbar. Die Verteilung der T-Stadien (bei N0M0) war wie folgt: T1: 56,4%, T2: 22,7%, T3: 8,3% und T4: 0,7%. Bei 3,6% der Patienten lag ein primäres alleiniges N(+)-Stadium und bei 8,3% ein primäres M(+)-Stadium vor. Im Vergleich zu den Daten des RKI war bei d-uo der Anteil der lokal fortgeschrittenen Tumoren (8,9% vs. 16%) und der metastasierten Karzinome (12,4% vs. 18%) geringer (Tab. 2). Ein Grund hierfür könnte in den unterschiedlichen Erhebungszeiträumen liegen und damit auf eine aktuell verbesserte Früherkennung hinweisen.
Tab. 2: Tumorstadien (UICC) des Prostatakarzinoms in der VERSUS-Studie (Stand 05/2023) im Vergleich zu den Daten des RKI (Stand 2017/18).
R1-Resektionsrate
Ein Qualitätsmarker für die radikale Prostatektomie ist der positive Absetzungsrand (R1). In einer kürzlich publizierten Metaanalyse aus 59 Studien kommt es zu einer R1-Resektion bei 41,4% der T3- und 13,5% der T2-Tumoren (5). Die Daten von d-uo bestätigen diese Ergebnisse hinsichtlich der Situation in Deutschland (Tab. 3). Auswertbar waren diesbezüglich insgesamt 2.404 radikale Prostatektomien. Bei T3-Tumoren (n=903) betrug die R1-Rate 43,6% und bei T2-Tumoren (n=1.501) 14,4%.
Tab. 3: Positiver Absetzungsrand (R+) nach radikaler Prostatektomie in der VERSUS-Studie im Vergleich zur Metaanalyse von Kim et al. 2022 (5). k.A.=keine Angaben
Aktualität der VERSUS-Daten
Die „aktuelle“ Auswertung des RKI stammt von 2017/18. Die Daten aus der VERSUS-Studie werden alle 3 Monate aktualisiert und sind somit einzigartig. Neben der Aktualität erlauben die erhobenen Parameter weitere wichtige Aussagen zu aktuellen Fragestellungen. In der Auswertung befinden sich derzeit u.a. Daten von 9.537 Prostatabiopsien. Analysiert werden die PSA-Werte bei Biopsie, der Gleason-Score, die Anzahl der durchgeführten Stanzbiopsien, die Anzahl der positiven Biopsien einschließlich des prozentualen Tumorbefalls pro Stanze sowie die Analyse postinterventioneller Komplikationen.
Umfangreiche Dokumentation in ProNAT und UroNAT
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass d-uo neben den Krebsregister-Daten eine weitaus umfangreichere Dokumentation der Krankheitsverläufe von Prostatakarzinom-Patienten und Urothelkarzinom-Patient:innen im Rahmen der Nationalen Register Prostatakarzinom (ProNAT) und Urothelkarzinom (UroNAT) durchführt. Der Start dieser Register ist nach Erhalt der positiven Ethikvoten bereits erfolgt und auch für Kliniken und Hämato-Onkolog:innen offen.
(1) Johannsen M et al. Uro News 2020;24(1):14-16.
(2) Schönfelder R et al. JOURNAL ONKOLOGIE 2021;1/2021:70-71.
(3) Doehn C. UroForum 2020;8(20):13-14.
(4) www.krebsdaten.de (Robert Koch-Institut. Krebs in Deutschland für 2017/2018).
(5) Kim M et al. Medicina (Kaunas) 2022;58(9):1251.