25. April 2023
Urologische Tumorerkrankungen machten in Deutschland laut Robert Koch-Institut (RKI) im Jahr 2018 etwa 39% aller Krebserkrankungen bei Männern und etwa 4% bei Frauen aus (1). Viele Fragen der ambulanten Diagnostik, Therapie und Nachsorge dieser Tumorerkrankungen sind in Deutschland leider unzureichend untersucht. Voraussetzung für die Erfassung und wissenschaftliche Auswertung der Versorgungsqualität urologischer Tumorerkrankungen ist deren standardisierte Dokumentation (2). Deutsche Uro-Onkologen e.V. (d-uo) hatten bereits Anfang 2017 die Idee, eine Dokumentationsplattform zu entwickeln, mit der den Mitgliedern von d-uo einerseits die Meldung an das Krebsregister (KR) ermöglicht wird und andererseits Daten in die eigene Datenbank von d-uo überführt werden können – ohne wesentlichen zusätzlichen Aufwand. Im Januar 2018 hat d-uo dann bekanntgegeben, dass die KR-Meldung mit einer d-uo-eigenen Datenbank kombiniert werden kann (3).
Seit Mai 2018 übermitteln Mitglieder von d-uo KR-Meldungen mit dem System von d-uo (4). Gemeinsam mit der Firma Pangoon aus Berlin wurde dieses System mittlerweile optimiert. Jede Meldung wurde dem meldenden Mitglied von d-uo mit 18 € extra vergütet – quartalsweise und pünktlich (5). Damit ist d-uo weiterhin der einzige Anbieter, der seinen Mitgliedern den mit der zusätzlichen Meldung an d-uo verbundenen Dokumentationsaufwand vergütet (6).
Parallel zur technischen Machbarkeit wurden klinische Fragestellungen formuliert und Kooperationen eingegangen. Wichtige Meilensteine der Etablierung von d-uo sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Tab. 1: Wichtige Meilensteine der Etablierung von d-uo.
Hintergründe der VERSUS-Studie
Die Ergebnisse der kombinierten KR-Meldungen werden von d-uo unter dem Studiennamen VERSUS (VERSorgUngsStudie) ausgewertet und publiziert (6). Es handelt sich dabei um eine nicht-interventionelle, prospektive, multizentrische Studie zur Dokumentation und deskriptiven statistischen Auswertung von Diagnostik, Behandlungsverlauf und Nachsorge uro-onkologischer Patient:innen. Eingeschlossen werden Patient:innen mit der Erstdiagnose einer Tumorerkrankung aus dem urologischen Gebiet (also Prostatakarzinom, Urothelkarzinom, Nierenzellkarzinom, Hodentumor und Peniskarzinom) (6).
d-uo stellt seinen Mitgliedern die Dokumentationsplattform kostenlos zur Verfügung. Ebenso kostenlos sind Wartung und Pflege der Software sowie eine Hotline. Es ist sichergestellt, dass die Datenhoheit ausschließlich bei d-uo liegt. Die Umsetzung der genannten Qualitätskriterien und Kooperationen ermöglichen somit eine unabhängige Versorgungsforschung in der Hand von Uro-Onkolog:innen (6).
Die Untersuchungsparameter orientieren sich am einheitlichen onkologischen Basisdatensatz der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) (7). Im Rahmen der VERSUS-Studie wurden unsererseits einige zusätzliche Parameter formuliert.
Die VERSUS-Studie von d-uo wurde von der Ethikkommission Berlin im Jahr 2018 positiv bewertet. Anlässlich des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) wurde d-uo im Jahr 2020 für die VERSUS-Studie mit dem Ernst-Fürstenheim-Förderpreis ausgezeichnet (8).
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Erschienen am 21.10.2022 • Die nicht-inverventionelle Studie von d-uo rekrutiert Patienten mit urologischen Tumoren für statistische Auswertungen. Lesen Sie hier den aktuellen Stand!
Erschienen am 21.10.2022 • Die nicht-inverventionelle Studie von d-uo rekrutiert Patienten mit urologischen Tumoren für statistische...
Ein Hodentumor wurde im Jahr 2018 in Deutschland bei insgesamt 4.160 Männern mit einem medianen Alter von 37 Jahren diagnostiziert (1). Das relative 5-Jahres-Überleben liegt auf alle UICC-Stadien bezogen bei 97% (1).
Zwischen Mai 2018 und Dezember 2022 wurden insgesamt 14.834 Patient:innen mit einer neudiagnostizierten Tumorerkrankung aus dem urologischen Gebiet in die VERSUS-Studie eingeschlossen. Davon hatten 589 Patienten (4,0%) einen Hodentumor. In 73,7% der Fälle lag ein Seminom vor (medianes Alter 40 Jahre, Spannweite 17-80 Jahre) und in 26,3% ein Nicht-Seminom (medianes Alter 34 Jahre, Spannweite 17-87 Jahre). Bei 79,8% der Patienten war ein UICC-Stadium verfügbar. Demgegenüber konnte das RKI für das Jahr 2018 lediglich bei 43% mit einem Hodentumor ein UICC-Stadium benennen (1). Tabelle 2 zeigt die Verteilung der UICC-Stadien I-III beim RKI und bei d-uo.
Tab. 2: Verteilung der UICC-Stadien für den Hodentumor beim RKI (Zeitraum 1-12/2018) und in der VERSUS-Studie von d-uo (Zeitraum 5/2018-12/2022).
Leider erlaubt die UICC-Klassifikation keine Aufteilung in klinisch bedeutsame Szenarien wie beispielsweise T1 vs. T2 vs. T3 vs. T4 (alle im UICC-Stadium I zusammengefasst). In der VERSUS-Studie war ein TNM-Stadium für 76,1% der Patienten verfügbar. Die Aufteilung der verschiedenen TNM-Stadien ist in Tabelle 3 wiedergegeben.
Tab. 3: Verteilung der TNM-Stadien für den Hodentumor (VERSUS-Studie von d-uo, Zeitraum 5/2018-12/2022).
Die in der Tabelle 4 genannten Diagnoseanlässe sind aus dem GEKID-Basisdatensatz entnommen (7). Allerdings werden diese Kriterien nur von 5 der etwa 20 klinischen Krebsregister in Deutschland gefordert.
Tab. 4: Diagnoseanlass für einen Hodentumor (VERSUS-Studie von d-uo, Zeitraum 5/2018-12/2022).
Die Frage nach dem Diagnoseanlass wird demgegenüber von d-uo für alle Patienten erhoben. In 41,7% der Fälle wurde der Hodentumor im Rahmen einer Selbstuntersuchung detektiert. Eine Symptomatik führte bei 28,3% der Patienten zur Diagnose. Die anderen Diagnoseanlässe sind in Tabelle 4 aufgeführt.
Zusammenfassung
Die VERSUS-Studie kombiniert aktuelle epidemiologische und klinische Daten von Patienten mit einem Hodentumor. Ein Hodentumor macht laut RKI 3,8% aller urologischen Tumorerkrankungen aus. Die Ergebnisse aus der vorliegenden VERSUS-Studie sind mit 4% vergleichbar. Am häufigsten wurde die Diagnose per Selbstuntersuchung gestellt.
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Erschienen am 25.03.2024 • Wie häufig ist ein Hodentumor? Was war der Diagnoseanlass? Wie sieht die Primärtherapie aus? Antworten dazu aus der VERSUS-Studie lesen Sie hier!
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In der Literatur liegt der Anteil von Patienten mit einem Seminom zwischen 55% und 65%. Patienten mit einem Seminom sind durchschnittlich 8-10 Jahre älter als mit einem Nicht-Seminom. Patienten aus der VERSUS-Studie hatten häufiger als erwartet ein Seminom und waren durchschnittlich älter als Patienten mit einem Nicht-Seminom. Unabhängig davon waren beide Patientengruppen im Median etwas älter als in der Literatur beschrieben. In der VERSUS-Studie von d-uo ist das Stadium UICC I häufiger und die UICC-Stadien II und III weniger häufig vertreten als beim RKI.
Weiterhin sind alle uro-onkologisch tätigen Ärzt:innen zum Mitmachen bei den Aktivitäten von d-uo herzlich eingeladen. Zusätzliche Informationen unter www.d-uo.de (7).