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JOURNAL ONKOLOGIE 06/2019
Seite 3/6

Immunmodulierende Substanzen (IMiDs)

Unter Lenalidomid kommt es sehr häufig zu einer Neutropenie. Bei 3-6% der Patienten führt die Behandlung zu einer Lymphozytopenie. Infektionen sind etwas gehäuft, zu febriler Neutropenie kommt es allerdings selten (21, 22).
 
Zwar führt die Fachinformation von Lenalidomid eine Hypogammaglobulinämie als gelegentliche Nebenwirkung auf, retrospektive Untersuchungen ergaben allerdings, dass es unter Lenalidomid in vielen Fällen zu einem Anstieg der nicht involvierten Immunglobuline kommen kann. So zeigte eine Untersuchung durch Dimopoulos et al. unter Lenalidomid einen IgA-Anstieg bei 50% der Patienten mit Non-IgA-MM. Patienten mit einem solchen humoralen Ansprechen hatten im Vergleich zu Patienten ohne Verbesserung der IgA-Werte ein signifikant längeres PFS (17,5 vs. 4,6 Monate; p<0,0001) sowie OS (50,1 vs. 25,6 Monate; p<0,0001) (23).

Induktionstherapie

In einer retrospektiven Untersuchung der US-amerikanischen Mayo-Kliniken durch Ravi et al. wurden die Immunglobuline sowie die absoluten Lymphozytenzahlen (ALC) bei 448 Patienten mit Erstdiagnose eines MM vor und nach 4 Zyklen Lenalidomid/Dexamethason (RD), Bortezomib/Dexamethason (VD), Hochdosis-Dexamethason (HD-DEX), Bortezomib/Lenalidomid/Dexamethason (VRD) oder Bortezomib/Cyclophosphamid/Dexamethason (VCD) verglichen (24).
 
Nach Behandlung mit VCD zeigte sich die größte mediane Abnahme der ALC um 46%, gefolgt von den Werten der Patienten nach VRD mit einem Absinken um 21%, nach VD um 21%, nach RD um 11% und nach HD-DEX um 4%.
 
Die nicht involvierten Immunglobuline (IgA und IgM bei IgG-Myelom und vice versa) zeigten eine mediane Abnahme um 14% nach 4 Zyklen VCD, um 2% nach HD-DEX sowie einen Anstieg um 14% nach RD, 29% nach VD und 81% nach VRD. Ein humorales Ansprechen, also eine Normalisierung der nicht involvierten Immunglobuline oder ein Anstieg um ≥ 25% war mit einer höheren Wahrscheinlichkeit korreliert, mind. eine very good partial response (VGPR) zu erreichen.
 
Ursächlich für die günstigere Entwicklung der Immunglobuline und der Lymphozytenzahlen unter Lenalidomid- oder Bortezomib-basierten Regimes ohne Cyclophosphamid ist vermutlich die gezieltere Wirkweise, mit der der maligne Klon verdrängt werden kann, im Gegensatz zur unspezifischen Hemmung der Hämatopoese durch das Alkylans.

Autologe Stammzelltransplantation

Die autologe Stammzelltransplantation (autoSCT) führt zu einer Störung des humoralen und zellulären Immunsystems. Vor Engraftment spielen v.a. Neutropenie und Chemotherapie-assoziierte Mukositis sowie daraus resultierende bakterielle Infektionen und Infektionen mit Candida spp. eine Rolle (25). In den ersten Monaten nach Engraftment kommt es neben bakteriellen Infektionen aufgrund einer dann vorherrschenden Lymphopenie auch gehäuft zu viralen Atemwegsinfektionen, Infektionen durch Cytomegalie-Virus (CMV) sowie durch Pneumocystis jirovecii (6, 26, 27).
 
Für die hämatologische Regeneration nach autoSCT stellt zunächst die Erholung der neutrophilen Granulozyten sowie der Thrombozyten einen wichtigen Schritt dar. Die immunologische Rekonstitution erfordert allerdings auch das Wiederauftreten von reifen B- und T-Lymphozyten sowie von NK-Zellen. In der Frühphase nach autoSCT kann der Anteil unreifer B-Lymphozyten hoch sein (28).
 
Aus der eingangs bestehenden zahlenmäßigen und funktionellen Beeinträchtigung der B-Lymphozyten kann bei einem Großteil der Patienten nach autoSCT eine deutlich herabgesetzte Sekretion von polyklonalem IgA, IgM und IgG resultieren. Eine Normalisierung der Immunglobulin-Konzentrationen im Blut kann spät erfolgen und bei IgG 12 Monate und mehr in Anspruch nehmen. Dies geht mit einer unzureichenden serologischen Antwort auf Impfungen einher. Von einigen Autoren werden Parallelen zum Aufbau des humoralen Immunsystems in den ersten Lebensjahren gezogen, das zu Beginn v.a. durch IgM dominiert wird und erst schrittweise innerhalb der ersten 2 Jahre die Fähigkeit zu einer IgG-Antwort entwickelt (27).
 
Durch die Erfolge in der MM-Therapie der vergangenen Jahre ist die Erkrankung zunehmend zu einem chronischen Krankheitsbild geworden. Daher ist auf lange Sicht für den einzelnen Patienten mit einer Zunahme der therapiebedingten Beeinträchtigungen des Immunsystems zu rechnen. So konnte gezeigt werden, dass von Therapielinie zu Therapielinie eine Abnahme der CD4+ Helferzellen zu verzeichnen ist und dies mit einer erhöhten Rate von opportunistischen Infektionen einhergeht (29).
 
 

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"Hypogammaglobulinämie beim Multiplen Myelom 06/2019"

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