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Medizin

Interview zum ADO 2024: Neue Therapieansätze beim malignen Melanom

Interview zum ADO 2024: Neue Therapieansätze beim malignen Melanom
© LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
Erkennung im Frühstadium und immense Fortschritte in der Therapie haben in den letzten 20 Jahren das Überleben für Patient:innen mit schwarzem Hautkrebs deutlich verbessert. Rund 2 Drittel der Melanome werden früh genug erkannt und sind vollständig heilbar. Im fernmetastasierten Stadium liegen die 5-Jahres-Überlebensraten inzwischen bei rund 55%. Beim Deutschen Hautkrebskongress werden neue Therapiekonzepte vorgestellt. Kongresspräsident Prof. Dr. Bastian Schilling, Frankfurt am Main, und der 1. Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO), Prof. Dr. Ralf Gutzmer, Minden, geben Einblicke in die aktuelle Diskussion.
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Bei rund 25.000 Menschen im Jahr wird in Deutschland ein Melanom diagnostiziert. Auch wenn es schon fortgeschritten ist, können den Erkrankten inzwischen gute Behandlungsoptionen angeboten werden. Welche neuen Therapiekonzepte werden beim Hautkrebskongress vorgestellt?

Prof. Schilling: Beim Melanom der Haut ist die neoadjuvante Therapie mittels Immuncheckpoint-Inhibitoren zu nennen. Auch könnte bei metastasierter Erkrankung die Hinzunahme des LAG3-Blocker Relatlimab zur Standardtherapie mit Ipilimumab plus Nivolumab die Wirksamkeit verstärken. Es bleibt abzuwarten, ob der Hersteller sich entschließt, diesen Ansatz weiter zu verfolgen. Zusätzlich gibt es vielversprechende Daten zur adjuvanten Therapie mittels PD-1-Inhibition in Kombination mit mRNA-Vakzinen. Im Bereich der Zelltherapie erfolgte vor einiger Zeit durch die FDA die Zulassung von Lifileucel, einem kommerziellen Produkt zur adoptiven T Zell Therapie. Hierbei werden T Zellen aus Tumorgewebe gewonnen, expandiert und den Betroffenen zurückgegeben. Eine Zulassung in Europa ist beantragt und könnte zukünftig eine Option bei Versagen von Standardtherapien sein.

Weltweit wird auch in die innovative CAR-T-Zell-Therapie diskutiert, die Anfang Juni auf dem ASCO (Annual Meeting 2024 der American Society of Clinical Oncology) in Chicago mit neuen Daten vorgestellt wurde. Wie weit ist die Entwicklung?

Prof. Gutzmer: Eine andere Variante der zellulären Therapie sind T-Zellen, die aus dem peripheren Blut gewonnen, in vitro modifiziert und dann reinfundiert werden. Grob werden CAR-T-Zellen und T-Zell-Rezeptor transduzierte T-Zellen unterschieden. Die Ergebnisse zu diesen Zellen sind bisher in allen soliden Tumoren, also auch dem Melanom, eher enttäuschend. Allerdings laufen Studien, in denen Tumorantigene wie PRAME als Zielstruktur dienen und in denen die T-Zellen weiter modifiziert werden, um selbst Botenstoffe zur Wirkverstärkung zu produzieren. Hier sind erste Daten vielversprechend, weitere Studien auch unter Beteiligung deutscher Zentren sind in Planung.
 
 

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Auf die mRNA-Vakzinierung beim Melanom werden große Hoffnungen gesetzt. Was ist in diesem Bereich zu erwarten?

Prof. Gutzmer: Es läuft derzeit eine globale Phase III Zulassungsstudie zur individualisierten, Neoantigenvakzine V940 in Kombination mit dem PD-1 Blocker Pembrolizumab in der adjuvanten Situation. Diese Studie hat mittlerweile die Rekrutierung beendet, erste Daten kommen frühestens 2025. In einem Update auf dem ASCO 2024 zeigten Phase II Daten einen deutlichen zusätzlichen Nutzen der Vakzine plus Pembrolizumab versus Pembrolizumab alleine, der anhaltend zu sein scheint.

Prof. Schilling: Beim metastasierten Melanom hat Biontech kürzlich eine Pressemitteilung herausgegeben, dass eine mRNA-Vakzine gegen klassische Tumorantigene plus den PD-1 Blocker Cemiplimab bei Patient:innen erfolgreich sein könnte, die auf eine Erstlinientherapie mit Checkpoint-Inhibitoren nicht (mehr) ansprechen. Die zugrunde liegenden Daten sollen demnächst auf einem Kongress vorgestellt werden.

Stichwort Neoadjuvanz – ist das schon eine mögliche Option in der Melanomtherapie? Welche Patient:innen könnten davon profitieren?

Prof. Schilling: Durch die Phase-II-Studie SWOG1801 und die Phase-III-Studie NADINA existieren valide und starke Daten, dass eine neoadjuvante plus adjuvante Therapie mit Pembrolizumab der rein adjuvanten Behandlung überlegen ist (SWOG1801) bzw. der zweimalige neoadjuvante Einsatz von Ipilimumab plus Nivolumab bei ca. 60% der Behandelten die adjuvante Therapie ersetzen könnte. Diese Daten sollten in Tumorkonferenzen beachtet werden, auch wenn keine explizite Zulassung für diesen Einsatz der Substanzen existiert. Die neoadjuvante Therapie stellt nach Diskussion im Board und partizipatorischer Entscheidungsfindung eine Alternative zum Standard, der sofortigen Operation mit anschließender adjuvanter Therapie dar. Für Betroffene, die die neoadjuvante Strategie mittragen können, also die Verlagerung der angezeigten Operation für 6-9 Wochen akzeptieren können, ist es eine zu erwägende Option.

Prof. Gutzmer: Die Daten von SWOG1801 und NADINA haben zudem neue Benchmarks für zukünftige adjuvante Konzepte, wie V940 plus Pembrolizumab oder LAG3-Blocker (Relatlimab bzw. Fianlimab) plus PD-1 Blocker (Nivolumab bzw. Cemiplimab) gesetzt. Allerdings ist die Patient:innengruppe für die neoadjuvante Therapie bei uns relativ klein, da die meisten Patient:innen im Stadium III durch den Sentinel Lymphknoten diagnostiziert werden und damit in der adjuvanten Situation sind.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO)


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