Autoimmunität und Krebs: Roquin steuert die Aktivität von Immunzellen
01. Dezember 2021
Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes (SLE) gehen mit schweren Entzündungen in unterschiedlichen Regionen des Organismus einher. Das Immunsystem erkennt körpereigene Strukturen fälschlicherweise als fremd und greift diese an. Nur eine Handvoll bekannter Mutationen in einzelnen Genen des Erbguts führen zu Autoimmunität, dazu gehört das für Roquin-1 kodierende Gen: Die Sanroque-Mutation führt bei Mäusen zu einem Krankheitsbild, welches dem SLE ähnelt. "Aus solchen Mutationen lernen wir, wie sich unser Körper vor autoaggressiven Reaktionen des Immunsystems schützt“, sagte Prof.Dr. Vigo Heissmeyer.
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Er forscht am Institut für Immunologie der LMU und in der Abteilung für Molekulare Immunregulation des Helmholtz Zentrums München. Jetzt hat er mit seinem Team in Funktionsuntersuchungen und im Mausmodell gezeigt, wie der Austausch einer einzigen Aminosäure wie zum Beispiel die Sanroque-Mutation in Roquin-1 zu starker Autoimmunität führt (1). „Wir denken, dass wir eine Zielstruktur gefunden haben, die Autoimmunität kontrolliert und die sich darüber hinaus zur Verstärkung von Antitumorantworten eignen könnte“, so Heissmeyer zu den zentralen Ergebnissen seiner Experimente.
Roquin steuert immunologische Vorgänge
Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen des Helmholtz Zentrums München und der LMU hat er in der Vergangenheit molekulare Funktionen von Roquin-1 aufgeklärt. Das Protein spielt eine Schlüsselrolle in der adaptiven Immunantwort, indem es über die Regulation von Genexpression die Aktivierung und Differenzierung von T-Zellen kontrolliert. Interessanterweise wurde eine gleiche Funktionsweise auch für das Regnase-1 Protein vorgeschlagen. „Was wir bislang nicht verstanden haben, war die Frage, warum der Austausch einer Aminosäure in der Sanroque-Mutation von Roquin-1 genauso wie der Verlust des Regnase-1 kodierenden Gens zu einer sehr ähnlichen Form von Autoimmunität führt“, so Heissmeyer.
Stärkung von Immunantworten als therapeutische Strategie
Zwar ist die beobachtete Autoimmunität für den Organismus schädlich und führt zu Krankheiten, bei Patienten mit Krebs könnte eine verstärkte Aktivierung von Immunzellen, die den Tumor bekämpfen, aber nützlich sein. „Mechanismen in T-Zellen, die unser Immunsystem entwickelt hat, um Autoimmunität zu vermeiden, werden nämlich auch vom Tumor genutzt, um T-Zellen auszuschalten“, erklärt Heissmeyer. Mäuse, die die beschriebenen Mutationen im Roquin-1-Gen hatten, bildeten dementsprechend T-Zellen mit stärkerer Aktivität gegen maligne Zellen.
Damit wird Roquin-1 auch zur interessanten Zielstruktur für die Onkologie. Ziel künftiger Forschungsprojekte könnte sein, einen Hemmstoff zu entwickeln, der Wechselwirkungen zwischen Roquin-1 und Regnase-1 verringert – und Immunzellen scharf schaltet. „Davon versprechen wir uns, zeitlich begrenzt die T-Zell-Reaktion gegen Tumoren stark zu verbessern“, sagt Heissmeyer.