Retinoblastom und Aderhautmelanom – die häufigsten bösartigen Tumoren des Augeninneren
Die beiden häufigsten bösartigen Tumoren des Augeninneren sind das von Netzhautzellen ausgehende Retinoblastom und das Aderhautmelanom (Uveamelanom), bei dem die pigmentierten Zellen der unterhalb der Netzhaut gelegenen Aderhaut zu wuchern beginnen. „Bei beiden Erkrankungen wäre es ausgesprochen hilfreich, auf schonende Weise Informationen über die genetischen Besonderheiten des individuellen Tumors zu erhalten“, sagt Prof. Dr. Dr. Nikolaos E. Bechrakis, Direktor der Universitäts-Augenklinik Essen. Mithilfe eines solchen genetischen Fingerabdrucks ließen sich wichtige Tumoreigenschaften bestimmen und die Therapie besser planen. Darüber hinaus mache der Nachweis – oder auch das Fehlen – tumoreigener DNA es möglich, den Krankheitsverlauf und die Wirksamkeit der Therapie zu beurteilen. „Besonders nach zunächst erfolgreicher Therapie bietet die Flüssigbiopsie die Chance, eine mögliche Rückkehr der Erkrankung frühzeitig zu erkennen und rasch darauf zu reagieren“, erklärt Bechrakis.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Aderhautmelanom: Bewertung neuer Therapieoptionen für das uveale Melanom
Erschienen am 17.05.2021 • Aufgrund der dominanten Lebermetastasierung bieten sich beim uvealen Melanom diverse Möglichkeiten einer lokalen hepatischen Behandlung an. – Mehr unter journalonko.de!
Erschienen am 17.05.2021 • Aufgrund der dominanten Lebermetastasierung bieten sich beim uvealen Melanom diverse Möglichkeiten einer...
©andreaskoch02 - stock.adobe.com
Einsatz von Liquid Biopsy bei Augentumoren möglich
Bereits vor etlichen Jahren konnte in
klinischen Studien gezeigt werden, dass für die genetische Untersuchung von Augentumoren nicht unbedingt eine Gewebeprobe direkt aus dem Tumor notwendig ist. Vielmehr lässt sich Tumormaterial – das gilt für Proteine ebenso wie für freie Tumor-DNA – auch aus der viel leichter erreichbaren vorderen Augenkammer oder dem Glaskörper des Auges gewinnen. „Die Beprobung solcher Flüssigkeitsräume wird als
Flüssigbiopsie bezeichnet“, erläutert Bechrakis.
Flüssigbiopsie beim Uveamelanom: tumorspezifische DNA in Blutproben nachweisbar
Weil allerdings auch hierbei das Auge punktiert werden muss, sei zusätzlich auch die Flüssigbiopsie aus dem in den Adern zirkulierenden Blut untersucht worden. In der Essener Universitäts-Augenklinik haben Bechrakis und sein Team hierzu umfangreiche Studien unternommen – mit Erfolg. „Bei Patient:innen mit Aderhautmelanom konnten wir mit großer Zuverlässigkeit tumorspezifische DNA in Blutproben nachweisen“, berichtet der DOG-Experte.
Aderhautmelanom: Liquid Biopsy zur Früherkennung von Metastasen etabliert
Von besonderer Bedeutung sei dies für die Früherkennung von
Metastasen. „Bei Patient:innen, die nach der Entfernung des Primärtumors Metastasen entwickelten, ist das DNA-Signal im Blut bereits 2-10 Monate vor dem Nachweis von Lebermetastasen durch einen Ultraschall oder eine
Magnetresonanztomografie des Oberbauches sichtbar gewesen“, erklärt Bechrakis. Mit hochmodernen Geräten und sehr hoher Detektionsempfindlichkeit lassen sich hier 96% aller durch Metastasen erkrankten Personen zuverlässig erkennen („Sensitivität“) und 80% aller nicht metastasierten Personen korrekt als nicht erkrankt einstufen („Spezifität“).
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Ophthalmologische Rehabilitation bei malignen Aderhautmelanomen
Erschienen am 14.09.2021 • Bei der Behandlung von Aderhautmelanomen kommt es oft zu Funktionseinschränkungen. Lesen Sie hier alles über eine gute Rehabilitation.
Erschienen am 14.09.2021 • Bei der Behandlung von Aderhautmelanomen kommt es oft zu Funktionseinschränkungen. Lesen Sie hier alles...
© freshidea - stock.adobe.com
Retinoblastom: Sensitivität und Spezifität der Flüssigbiopsie müssen noch evaluiert werden
Auch beim Retinoblastom ist es möglich, Tumor-DNA per Flüssigbiopsie sowohl in der vorderen Augenkammer als auch im Blut festzustellen. „Hier geht es derzeit noch darum, die Sensitivität und Spezifität des Verfahrens zu evaluieren“, sagt Bechrakis.
Pränataldiagnostik von Retinoblastomen mittels Liquid Biopsy zukünftig denkbar
Mit zunehmender Nachweisempfindlichkeit rückt auch die Möglichkeit einer vorgeburtlichen Diagnostik in greifbare Nähe – denn als frühkindlicher Tumor betrifft das Retinoblastom hauptsächlich Säuglinge und Kleinkinder. „Prinzipiell ist es denkbar, eine Tumorerkrankung des Embryos aus einer einfachen Blutprobe der Mutter zu erkennen“, so Bechrakis. Diese Hürde sei bislang aber weder technisch genommen, noch seien die damit verbundenen ethischen und rechtlichen Fragen geklärt.
DOG: Forschung – Lehre – Krankenversorgung
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft für Augenheilkunde in Deutschland. Sie vereint unter ihrem Dach mehr als 8.000 Mitglieder, die augenheilkundlich forschen, lehren und behandeln. Wesentliches Anliegen der DOG ist es, die Forschung in der Augenheilkunde zu fördern: Sie unterstützt wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und gibt wissenschaftliche Fachzeitschriften heraus. Darüber hinaus setzt sich die DOG für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Augenheilkunde ein, indem sie z.B. Stipendien vor allem für junge Forscher:innen vergibt. Gegründet im Jahr 1857 in Heidelberg ist die DOG die älteste augenärztliche Fachgesellschaft der Welt und die älteste fachärztliche Gesellschaft Deutschlands.