Wie ist die S1-Leitlinie CancerCOVID entstanden?
Mit der Handlungsempfehlung sollte ein Referenzpunkt für begründete Kriterien geschaffen werden. Das professionelle Handeln von Ärzt:innen und Pflegekräften soll damit unterstützt werden. Dies erfolgte in 3 Schritten:
- Analyse der Daten zu Praxis und ethischen sowie psychosozialen Herausforderungen für die Krebsmedizin im Rahmen der Pandemie.
- Interpretation der Daten durch Expert:innen aus der Onkologie, Ethik und Versorgungsforschung
- Entwicklung begründeter Handlungsempfehlung bezüglich Prioritäten und Ressourcenallokation in der Krebsmedizin im Kontext der Pandemie.
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Priorisierung durch onkologisch tätige Ärzt:innen während der Pandemie
Sabine Sommerlatte, Universitätsklinikum Halle, präsentierte die Ergebnisse von Interviews mit onkologisch tätigen Ärzt:innen. Herauszufinden galt es, inwieweit bei ihren Patient:innen priorisiert werden musste und vor welchen ethischen Herausforderungen sie dabei standen. Dabei kristallisierte sich heraus, dass nach dem Zweck einer Maßnahme und dem Therapieziel priorisiert wurde:
- Therapie bekam den Vorzug vor Nachsorge und Verlaufskontrolle,
- die kurative Therapie bekam den Vorzug vor palliativen Therapiemaßnahmen.
Wie funktioniert die Entscheidungsfindung bei Ressourcenknappheit?
Schaden bei der Prisorisierung onkologischer Patient:innen verringern
Darin ist ersichtlich, dass in der pandemischen Situation komplexe und schwerwiegende Entscheidungen zu treffen waren und immer noch sind. Solange fehlende Ressourcen noch kompensiert werden können, braucht es keine konkreten Handlungsempfehlungen; ist dies nicht mehr möglich, muss eine Priorisierung stattfinden. Dabei muss der individuelle Schaden für die Patient:innen so gering wie möglich gehalten werden. Dafür sollen folgende Kriterien bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden:
- zeitliche Dringlichkeit, um Schaden zu vermeiden oder zumindest zu verringern
- Erfolgsaussicht der avisierten medizinischen Maßnahme
- Prüfung alternativer medizinischer Maßnahmen
Das Gleichheitsgebot muss bei der Priorisierung onkologischer Patient:innen eingehalten werden
Besonders wichtig: Eine Prisorisierung bzw. Posteriorisierung ist aufgrund des Gleichheitsgebots nicht zulässig. Das bedeutet, dass Alter, Ethnie, Versichertenstatus, Impfstatus, Behinderung u.a. keine Rolle spielen dürfen.
Mehr-Augen-Prinzip gilt auch bei der Priorisierung onkologischer Patient:innen
Um sicherzustellen, dass einzelne Behandelnde keine ethisch diskussionswürdigen Entscheidungen treffen, gilt auch hier das Mehr-Augen-Prinzip: Die Last der Entscheidung wird auf mehrere verantwortliche Personen verteilt.
Notfälle unterliegen bei der Behandlung onkologischer Patient:innen keiner Priorisierung
Notfälle sind von allen priorisierenden Maßnahmen ausgenommen. Sie werden stets individuell und werden nach ärztlichem Ermessen in der akuten Situation behandelt.
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Was sind die Inhalte der S1-Leitlinie CancerCOVID?
Insoweit greift die S1-Leitlinie CancerCOVID alle wesentlichen Aspekte der medizinischen Triage auf. Sie orientiert sich am konkreten Bedarf der Behandelnden in der Praxis und beinhaltet außerdem diese 3 wichtigen Faktoren für eine medizinisch und ethisch einwandfreie Behandlung in Phasen der Ressourcenknappheit:
- Aufklärung über rechtliche Aspekte
- Unterstützungsangebote für Patient:innen und Angehörige
- Unterstützungsangebote für Mitarbeitende
S1-Leitlinie CancerCOVID: Die Patient:innen stehen im Mittelpunkt
Die Leitlinie zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Fokus auf die Patient:innen richtet und trägt vor allem auch der enormen psychischen Belastung, unter der in der Hauptsache palliative Patient:innen und ihre Angehörigen zu leiden hatten, Rechnung. Dabei vergisst sie auch nicht, die massiven Herausforderungen der Behandelnden und Pflegenden zu bedenken.
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Quelle: Online-Pressekonferenz: „S1-Leitlinie CancerCOVID: Priorisierung und Ressourcenallokation im Kontext der Pandemie. Empfehlungen für die Krebsversorgung am Beispiel gastrointestinaler Tumoren“, 28.04.2022; Veranstalter: DKG