Einzelfallanalyse entlastet Herstellungsprozedur als Ursache für T-Zell-Lymphome nach CAR-T-Zell-Therapie
In seltenen Fällen wurden nach der
CAR-T-Zell-Therapie sekundäre Krebserkrankungen (T-Zell-Lymphome) beobachtet. Dies hat Besorgnis ausgelöst, da man befürchtete, dass diese sekundären Malignome durch die gentechnischen Veränderungen der T-Zellen verursacht worden sein könnten. Die umfassende Analyse eines Einzelfalls durch Forscher:innen der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie am UKD – unterstützt von Kolleg:innen aus Kiel, Heidelberg, Berlin und Basel sowie anderen Fachabteilungen in Düsseldorf, legt nun dar, dass nicht die Herstellungsprozedur der CAR-T-Zellen verantwortlich für die Entstehung einer weiteren Krebserkrankung gewesen ist. Vielmehr konnten im Patienten angelegte Mutationen in den blutbildenden Stammzellen als Ursache ausgemacht werden. Derartige Mutationen können in Blutstammzellen spontan entstehen, ihre Entstehung wird jedoch durch
Chemotherapeutika und
Bestrahlung begünstigt.
Weltweite Aufmerksamkeit und Empfehlungen zur Überwachung nach CAR-T-Zell-Therapie
Die nach CAR-T-Zell-Therapien in seltenen Fällen auftretenden Zweitkrebserkrankungen, insbesondere sekundäre T-Zell-Lymphome, haben viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es gab sogar Befürchtungen, dass das Behandlungsverfahren aufgrund der ungeklärten Erkrankungen nicht mehr zur Anwendung kommen darf. Die amerikanische Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) verschickte Ende vergangenen Jahres Warnhinweise und kündigte eine Untersuchung der Fälle an. Das deutsche Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, informierte die Ärzteschaft im vergangenen Juli mit einem sogenannten Rote-Hand-Brief und formulierte darin die Empfehlung, Patient:innen nach erfolgter CAR-T-Zell-Therapie lebenslang zu überwachen.
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Bereits bestehende Mutationen in Blutstammzellen als Ursache identifiziert
Genauere Nachforschungen mit Hilfe einer DNA-Sequenzierung brachten in den Lymphomzellen neben dem CAR-Vektor auch mehrere Mutationen in den Genen DNMT3A und TET2 zum Vorschein, die mit hämatologischen Krebserkrankungen in Zusammenhang stehen. Diese Mutationen konnten aber mit sehr empfindlichen Nachweisverfahren in sehr niedriger Frequenz bereits in dem patienteneigenen Material nachgewiesen werden, das für die Herstellung der optimierten CAR-T-Zellen verwendet worden war. Die Untersuchungen legen also nahe, dass in dem beschriebenen Fall bereits vor der Immuntherapie eine Vermehrung mutierter Zellen im Patienten bestanden hatte – eine sogenannte klonale Hämatopoese – die auch die T-Zellen betraf, aus denen das Immuntherapeutikum hergestellt wurde. Es ist davon auszugehen, dass diese klonale Hämatopoese maßgeblich zur Ausbildung des T-Zell-Lymphoms beigetragen hat. Eine weitere Erkenntnis: Mutationen in den oben genannten Genen, können im Fall einer CAR-T-Zell-Therapie das Risiko erhöhen, dass sich eine weitere bösartige Erkrankung entwickelt.
Mögliche Vorsorge im Vorfeld von CAR-T-Zell-Therapien
Prof. Dr. Sascha Dietrich sieht in einem Screening auf die jetzt entdeckten Mutationen die Möglichkeit, vor einer CAR-T-Zell-Therapie für alle Patient:innen eine hoch-individuelle Risikoabwägung vornehmen zu können. „In Düsseldorf führen wir dieses Screening nun durch und schauen dann – auch mit Blick auf das zugrunde liegende Krankheitsbild und in Absprache mit der jeweiligen Patientin oder dem jeweiligen Patienten – inwieweit die CAR-T-Zell-Therapie eine geeignete Behandlungsoption sein kann.“
(1) Kobbe et al. (2024): Aggressive Lymphoma after CD19 CAR T-Cell Therapy. NEJM, DOI: 10.1056/NEJMoa2402730