Dienstag, 24. Dezember 2024
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Krebstherapie gestern, heute, morgen: Entwicklungen in der Onkologie

Krebs gilt heute als Volkskrankheit: Bei Frauen stieg die Zahl der jährlich auftretenden Neuerkrankungen seit 1980 um 35 Prozent, bei Männern sogar um 80 Prozent an. Dass die krebsbedingte Sterberate dennoch im gleichen Zeitraum zurückging, ist u. a. Verdienst der modernen Forschung: In allen Bereichen der Krebsmedizin – von der Grundlagenforschung bis hin zur strukturierten Nachsorge der Patienten – haben sich enorme Erfolge eingestellt. Dies war jedoch ein weiter Weg.
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Bis zum zweiten Weltkrieg basierte die Krebstherapie primär auf den beiden Verfahren Operation und Bestrahlung. Die Einführung der Anästhesie (1846) markiert den Beginn der modernen Chirurgie und machte Operationen, wie wir sie heute kennen, erst möglich. Die Basis für die ersten Bestrahlungen von Tumoren bildete die Entdeckung des Radiums im Jahr 1903. Die Wirksamkeit von Zytostatika erkannte man aufgrund von Autopsien von verstorbenen Soldaten im ersten Weltkrieg. Dort zeigte sich, dass Dichlordiethylsulfid (Senfgas oder Schwefel-Lost) vor allem das Gewebe aus sich schnell teilenden Zellen (z.B. das Knochenmark) schädigt. Das brachte Mediziner dazu, den Einsatz von Dichlordiethylsulfid in der Krebstherapie zu erwägen, denn auch Krebszellen gehören zu den sich schnell teilenden Zellen. Nach Jahren der Forschung wurde 1942 das weniger giftige Stickstoff-Lost als erstes Zytostatikum („Zellstopper“) in die Krebsbehandlung eingeführt. Der Grundstein der Chemotherapie war gelegt. Allen Zytostatika ist gemein, dass sie das Zellwachstum bzw. die Zellteilung hemmen. Am wirksamsten sind Zytostatika bei Zellen, die einen sehr aktiven Stoffwechsel haben und sich häufig teilen. Neben den Tumorzellen reagieren jedoch auch gesunde Zellen, wie die Zellen der Haare und Schleimhäute auf die Chemotherapie. Dadurch kommt es zu Nebenwirkungen wie beispielsweise Haarausfall.

Um die Jahrtausendwende herum begann eine neue Ära in der Krebsmedizin: 1998 wurde mit Rituximab, einem monoklonalen Antikörper, das erste gezielt wirkende Krebsmedikament zugelassen. Bei einer Krebserkrankung sind molekulare Schlüsselprozesse in den Zellen gestört. Diese neuen Wirkstoffe richten sich – anders als Chemo- oder Strahlentherapien – zielgerichtet gegen diese Angriffspunkte (englisch: targets) in den Tumorzellen. Gesunde Zellen werden somit weitestgehend verschont und die Behandlung ist daher verträglicher.

In den vergangenen Jahren wurden in immer kürzeren Abständen neue „Targeted Therapies“ zugelassen. Sie werden bislang vorwiegend bei Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung eingesetzt und sind dort ein fester Bestandteil in der Behandlung. Sie kommen entweder allein oder in Kombination mit einer Chemo- oder Strahlentherapie zum Einsatz. Diese modernen Medikamente richten sich gegen verschiedene „Targets“ und haben einen unterschiedlichen Wirkmechanismus.

Wachstumshemmer wie Erlotinib (zugelassen bei Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs) können beispielsweise die Signalübertragung zur

Zellteilung unterdrücken. Dadurch stoppt die Zellvermehrung und / oder die entartete Zelle stirbt ab. Angiogenesehemmer wie Bevacizumab (zugelassen bei Brust-, Darm-, Lungen- und Nierenkrebs), können die Nahrungszufuhr des Tumors unterbinden. Um wachsen und sich vermehren zu können, benötigt eine Krebszelle – wie gesunde Zellen auch – Sauerstoff und Nährstoffe. Diese beziehen Zellen über Blutgefäße. Ab einer gewissen Tumorgröße reichen die vorhandenen Blutgefäße allerdings nicht mehr aus und die Zelle regt die Neubildung von Blutgefäßen hin zum Tumor an (Angiogenese). Angiogenesehemmer hemmen gezielt das Tumorwachstum, indem sie diese Blutgefäßneubildung unterdrücken.

Mithilfe von monoklonalen Antikörpern wie Rituximab gelingt es, das körpereigene Immunsystem gegen den Tumor zu richten: Durch die Bindung an bestimmte Oberflächenstrukturen von Tumorzellen ist das Immunsystem in der Lage, die Krebszelle zu erkennen und abzutöten.

Die Personalisierte Medizin verfolgt das Ziel, den Patienten eine zielgerichtete und maßgeschneiderte Behandlung zukommen zu lassen. Anders als bei bisherigen Behandlungsansätzen, bei denen es im Vorfeld nicht möglich ist zu sagen, ob und wie der Patient auf sie anspricht, können den Patienten mithilfe personalisierter Therapien unnötige Behandlungen und potentiell vermeidbare Nebenwirkungen erspart bleiben. Gezielte Therapien sind bereits heute Realität und werden bei einigen Krebsarten spezifisch eingesetzt. Zu diesen personalisierten Behandlungsansätzen gehört zum Beispiel der im Jahre 2000 zugelassene Wirkstoff Trastuzumab für Frauen mit Brustkrebs. Anhand eines Gewebetests können diejenigen Patientinnen identifiziert werden, die von der Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper profitieren könnten.

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