Montag, 23. Dezember 2024
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Leukämien und Lymphome

Dr. rer. nat. med. habil. Eva Gottfried

Leukämien und Lymphome
© vitanovski – stock.adobe.com
Bösartige Erkrankungen des blutbildenden und lymphatischen Systems können bei Erwachsenen und Kindern in sehr vielfältigen Formen auftreten, von langsam wachsend bis hochmalig und schnell voranschreitend. Sie entwickeln sich aus genetisch veränderten Zellen, die sich übermäßig stark vermehren, in Blut, Knochenmark oder Lymphknoten ansammeln und die normale Blutbildung massiv stören. Hier finden Sie einen Überblick über diese Erkrankungen.
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Formen der Leukämien und Lymphome 

Häufig werden sie grob eingeteilt in:
  Maligne Lymphome und alle Leukämie-Arten zählen zu den liquiden Tumoren. Andere Neoplasien werden den soliden Tumoren zugerechnet.

Welche Möglichkeiten gibt es bei der Diagnose und Behandlung?

Die Diagnose wird anhand zellulärer und molekularer Marker von Patientenzellen gestellt, die zunehmend die Therapiewahl bestimmen. Neben Chemotherapie, Strahlentherapie und Stammzelltransplantation werden für die Behandlung immer mehr zielgerichtete Therapien und Immuntherapien wie CAR-T-Zellen entwickelt.
 
 

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Was ist der Unterschied zwischen Leukämien und Lymphomen?

Leukämien und Lymphome werden immer wieder ungenau als Blutkrebs bezeichnet. Sie unterscheiden sich aber darin, wo sie im Körper am häufigsten zu finden sind:

•    Lymphome: Ansammlung der veränderten Zellen in Lymphknoten

•    Leukämien: Ansammlung der veränderten Zellen in Knochenmark und Blut des gesamten Körpers

Was sind akute Leukämien und chronische Leukämien?

Bei Leukämien unterscheidet man je nach Voranschreiten der Erkrankung zwischen
 
  • akuten Leukämien und
  • chronischen Leukämien
Akute Leukämien wie die Akute Lymphoblastische Leukämie, ALL, und die Aktue Myeloische Leukämie, AML, gehen von unreifen Zellen (Blasten) aus, treten sehr plötzlich auf und schreiten schnell voran. Deshalb müssen Diagnose und Behandlung akuter Leukämien sehr rasch erfolgen. Chronische Leukämien wie die Chronische Lymphatische Leukämie, CML, entwickeln sich aus reiferen Zellen und schreiten langsamer voran. 

Was hat Blutbildung mit Krebs zu tun?

Ein gesunder Mensch hat eine relativ konstante Zahl von Blutzellen, zu denen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die Blutplättchen (Thrombozyten) und die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) zählen. Die Zellen übernehmen Funktionen wie Sauerstofftransport (rote Blutkörperchen), Blutgerinnung (Blutplättchen) und Immunabwehr durch Leukozyten (weiße Blutzellen). Zu diesen zählen auch B-Lymphozyten (B-Zellen) und T-Lymphozyten (T-Zellen). Weil Blutzellen nur eine begrenzte Lebensdauer haben, werden im blutbildenden System täglich mehrere Milliarden neue Zellen gebildet. Dies geht von den Stammzellen im Knochenmark aus, das zum lymphatischen System des Körpers zählt, wie auch die Lymphknoten, die Milz und die Mandeln. Die Bildung der Blutzellen verläuft über 2 Entwicklungslinien: den myeloischen Vorläuferzellen  und den lymphatischen Vorläuferzellen. Dabei entwicklen sich durch mehrfache Teilung und Reifung (Differenzierung) die verschiedenen Arten gesunder, reifer Zellen. Diese wandern aus dem Knochenmark in den Körper aus und erfüllen dort ihre Funktionen.

Aus verschiedenen Gründen, wie Alter, Risikofaktoren u.a., kommt es immer wieder zu Mutationen (genetischen Veränderungen) in den Vorläuferzellen der Blutzellen, die sich daraufhin unkontrolliert vermehren. Deshalb wird häufig sehr unscharf von „Blutkrebs“ gesprochen. Der Name Leukämie stammt von  „leukos“, altgriechisch für weiß, und spielt darauf an, dass die Patienten übermäßig viele weiße Blutzellen (Leukozyten) haben und die gesunden Blutzellen verdrängt werden. Die unterschiedlichen Leukämie-Formen werden danach unterschieden, von welcher Entwicklungsreihe und Stufe sie sich ableiten. Die Bezeichnung Blutkrebs ist sehr ungenau.
 
 

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Einteilung der Leukämien nach ihrer Entwicklungsreihe

Man unterscheidet:
 
  • lymphatische Leukämien – z.B. ALL, CLL
  • myeloische Leukämien – z.B. AML

Was bedeutet AML, CML, ALL, CLL?

Aus der Kombination von Ursprungszellen und Verlaufsform ergeben sich Bezeichnungen wie:
  Je nach Entwicklungslinie lassen sich hier beispielsweise T-ALL (akute Leukämie, abgeleitet von T-Zellen) und B-ALL (akute Leukämie, abgeleitet von B-Zellen) unterscheiden.

Wie viele Menschen erkranken jährlich an Leukämie?

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 5.300 Frauen und 6.800 Männer neu an einer Leukämie, d.h. 7,6 von 100.000 Frauen, bzw. 11,6 von 100.000 Männern.
 
 

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Welche Risikofaktoren und Symptome hat eine Leukämie?

Die genetischen Veränderungen in Leukämiezellen sind in der Regel nicht erblich, sondern werden vom Betroffenen im Laufe seines Lebens erworben. Als Risikofaktoren gelten der Umgang mit bestimmten Chemikalien wie Benzol, eine vorausgegangene Chemotherapie oder der Kontakt mit hoher radioaktiver Strahlung. Eine besondere Form der Früherkennung gibt es nicht.

Akute Formen müssen möglichst schnell behandelt werden; sie treten sehr plötzlich mit unspezifischen Symptomen auf, wie
 
  • deutliche Abgeschlagenheit,
  • Infektneigung mit Fieber,
  • und Blutungen.
Chronische Formen werden häufig als Zufallsbefund entdeckt, verlaufen wesentlich langsamer und müssen oft nicht sofort behandelt werden. Auftretende Symptome sind aber in jedem Fall ernst zu nehmen.

Welche Symptome hat ein Lymphom?

Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 20.000 Menschen an einem Lymphom, bei dem sich veränderte Lymphozyten im Lymphknoten ansammeln. Je nach Entwicklungsreihe gibt es hier T-Zell-Lymphome und B-Zell-Lymphome.

Gutartige Lymphome äußern sich häufig durch vergrößerte, druckempfindliche Lymphknoten. Doch auch bösartige Lymphome zeigen anfangs oft nur unspezifische Symptome wie
 
  • geschwollene Lymphknoten,
  • Fieber,
  • und Gewichtsverlust.

 
 

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Hodgkin-Lymphom

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Welche Lymphomformen gibt es?


Es gibt Formen mit gutartigem, langsamem Verlauf und bösartige, hochmaligne Formen mit aggressivem Verlauf.

Zu den malignen Formen zählen u.a.
 
  • Hodgkin-Lymphome
  • Non-Hodgkin-Lymphome
     
     
     

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Hodgkin-Lymphome werden oft schon im frühen Stadium entdeckt. Ihr Kennzeichen sind sog. Hodgkin-Zellen und Reed-Sternberg Zellen. Non-Hodgkin-Lymphome treten häufiger auf, werden aber oft erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt.

Des Weiteren gibt es u.a.
 
  • niedrig-maligne Lymphome (indolent, langsam wachsend, wie CLL)
  • hochmaligne Lymphome (wie Burkitt-Lymphom)
  • Multiples Myelom (zählt auch zu Plasmazellerkrankungen)

Was ist der Unterschied zu Lymphknotenmetastasen?

Wichtig ist die Unterscheidung von Lymphknotenmetastasen. Solche Absiedelungen (Metastasen) von anderen Krebserkrankungen finden sich nicht nur in Lymphknoten, sondern auch in anderen Organen.

Wie werden hämatologische Krebserkrankungen aufgespürt?

Es gibt eine Vielzahl von hämatolgischen Krebserkrankungen, die eine unterschiedliche Behandlung erfordern. Deshalb ist die genaue Bestimmung des individuellen Subtyps für die Wahl der Behandlung des Patienten und für seine Prognose wichtig.

Zur Diagnostik wird ein ganzes Spektrum von Nachweismethoden genutzt, wie
 
  • morphologische
  • biochemische
  • zytogenetische
  • molekulargenetische Methoden
Hierzu wird vom Patienten eine Blutprobe aus dem peripheren Blut oder eine Probe aus dem Knochenmark  entnommen und im Labor untersucht. Verschiedene Methoden dienen hier zum Nachweis der unterschiedlichen Kennzeichen:
 
  • zelluläre  Oberflächenmarker (CD-Antigene) werden u.a. mittels Immunhistochemie und Durchflusszytometrie analysiert
  • genetische Veränderungen (molekulare Marker) werden u.a. mittels Sequenzierung analysiert
  • chromosomale Veränderungen werden u.a.  mittels Chromosomenbänderung und FISH (Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung) analysiert
Aus dem Gesamtbild der Untersuchungen wird die Diagnose gestellt und der Typ und Subtyp der Erkrankung ermittelt. Die genaue Bestimmung ermöglicht eine individuelle Behandlung, sprich personalisierte Therapie.

Im Zuge der Blut- und Knochenmarkuntersuchung wird häufig etwas Probenmaterial des Patienten aufgehoben („asserviert“), um eventuell später weitere Untersuchungen durchführen zu können, deren Information die Therapiewahl unterstützen kann.

Gibt es eine Klassifikation für alle hämatologischen Krebserkrankungen?

Nachdem inzwischen sehr viele unterschiedliche Typen und Subtypen bekannt sind, ist die Einteilung in akute und chronische Leukämien, maligne Lymphome (Hodgkin-Lymphome und Non-Hodgkin-Lymphome),  myeloproliferative Erkrankungen und myelodysplastische Syndrome für die Klinik zu ungenau.

Hier werden eine ganze Reihe von Einteilungen kombiniert, wie
 
  • WHO-Klassifikation  (Nachweis von  zyto- und molekulargenetischen Faktoren) 
  • FAB-Klassifikation (Nachweis  morphologischer Faktoren)  (FAB = French-American-British, Einteilung)
  • EGIL-Klassifikation (Nachweis von Oberflächenmarkern) (EGIL = European Group for the Immunological Characterization of Leukemias)
Darüber hinaus gibt es verschiedene Klassifikationen der Subtypen einzelner Erkrankungen. Die Menge an Klassifikationen zeigt, wie komplex die Diagnosestellung sein kann, anhand derer die aussichtsreichste Therapie für die Patienten individuell gewählt wird.
 
 
 

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Tumorklassifikation

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Welche Therapien stehen zur Verfügung?

Mithilfe der Behandlung sollen möglichst viele Krebszellen zerstört oder zumindest an der weiteren Vermehrung gehindert werden. Je nach  Erkrankung sowie Alter und Allgemeinzustand des Patienten wird eine individuelle Therapie gewählt. So wird eine chronische Leukämie anders behandelt als eine akute Leukämie, bei der sehr schnell und stärker gehandelt werden muss.

 Möglichkeiten der Therapie sind u.a.
 

Was ist eine minimale Resterkrankung?  

Werden die Krebszellen durch die Therapie zurückgedrängt und kann der Körper wieder  ausreichend gesunde Blutzellen bilden, spricht man von kompletter Remission. Nach 5 Jahren ohne Rückfall (Rezidiv), gilt der Patient als geheilt.  

Leukämiezellen, die nach der Therapie noch im Körper vorhanden sind, werden als minimale Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) bezeichnet. Diese müssen weiterhin beobachtet werden, um rechtzeitig zu erkennen, wenn es zu einem Rückfall kommt.

Zur Bestimmung der MDR werden Patientenproben mit verschiedenen molekularen Techniken untersucht, wie
 
  • PCR-Analyse bekannter Fusionsgene
  • Nachweis klonaler Gen-Rearrangements (Immunglobulin-Gene)
  • Bestimmung von Oberflächenantigenen mithilfe von  Durchflusszytometrie
Verschiedenste neue Therapien, Medikamente und Nachweisverfahrn sind in Entwicklung und werden in klinischen Studien untersucht. Weitere Informationen hierzu sind in den Leitlinien der Fachgesellschaften zu finden.

Red. journalonko.de

Literatur:

Beiträge zum Thema: Leukämie

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