Journal Onkologie
Ovarialkarzinom

Was ist Eierstockkrebs?

Eierstockkrebs geht von den Ovarien (Eierstock) aus, die im kleinen Becken der Frau rechts und links von der Gebärmutter liegen und über die beiden Eileiter mit dieser verbunden sind. Die Eierstöcke sind Keimdrüsen und bilden zum einen die Eizellen, zum anderen die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron (Gelbkörperhormon). Krebs im Eierstock kann von verschiedenen Gewebearten und Zelltypen ausgehen und unterschiedlich auftreten:
  • 90% der Fälle als epithelialer Tumor
  • besonders bei jungen Frauen Borderline-Tumoren
  • Keimstrang-Stromatumore

Welche Risikofaktoren gibt es für Eierstockkrebs?

Als Risikofaktoren gelten u.a.
  • höheres Lebensalter
  • Kinderlosigkeit
  • Hormontherapie
  • Adipositas (Fettleibigkeit) im Erwachsenenalter
  • genetische Faktoren wie Mutationen in den Genen BRCA-1 und BRCA-2
  • erbliche Vorbelastung, d.h. Verwandte ersten Grades mit Eierstockkrebs oder Brustkrebs
  • berufliche Exposition mit Asbest
Neuere Studien haben zudem gezeigt, dass auch Mutationen in anderen Hochrisikogenen, wie z.B. RAD51C, RAD51D und BRIP1, das Risiko für Eierstockkrebs erhöhen können.

Was senkt das Risiko für Eierstockkrebs?

Manche Risikofaktoren für Krebs lassen sich aktiv beeinflussen, andere nicht. Das Risiko sinkt außerdem bei Frauen, die
  • Schwangerschaften hatten
  • ein Kind stillen
  • oralen Kontrazeptiva einnehmen.
Bei erblicher Vorbelastung (5 bis 10% der Patientinnen) kann das Risiko einer Erkrankung durch vorsorgliches Entfernen der Eierstöcke (prophylaktische Ovariektomie) verringert werden. In der aktuellen S3-Leitlinie wird die Entfernung nicht nur bei Mutationen in BRCA-Genen, sondern auch beim Vorliegen weiterer Hochrisikogene angeraten.
 
 

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Was sind Symptome für Eierstockkrebs?

Die Früherkennung der Krebserkrankung ist schwierig, weil anfangs – wenn überhaupt – oft nur unspezifische Symptome auftreten. Symptome sollten aber immer ernst genommen werden, wie
  • unklare Bauchschmerzen
  • Völlegefühl
  • Blähungen
  • Zunahme des Bauchumfangs
  • häufiges Wasserlassen. 
Insbesondere, wenn diese Symptome nach dem 50. Lebensjahr über längere Zeit anhalten, sollte unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden, um Krebs auszuschließen.

Wie wird Eierstockkrebs festgestellt?

Zur ersten Diagnose ist eine gynäkologisch Untersuchung nötig. Zur Ultraschall-Untersuchung der inneren Geschlechtsorgane wird eine spezielle Sonde in die Scheide eingeführt. Auch bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), Positronen-Emissions-Tomographie (PET) werden in manchen Fällen eingesetzt. Zur genaueren Diagnose ist in der Regel eine Operation notwendig, bei der das verdächtige Gewebe entfernt und anschließend im Labor untersucht wird. Die aktuelle S3-Leitlinie betont zudem die Bedeutung der molekularen Diagnostik, insbesondere die Testung auf BRCA1/2-Mutationen, da diese für die Therapieplanung relevant sind.

Einteilung der Ovarialkarzinome

Anhand des entnommenen Gewebes erfolgen die Diagnose mit Klassifizierung und Staging des Tumors. Hierzu wird der Tumor gemäß TNM-Klassifikation (Tumor, Lymphknotenbefall, Metastasen) und FIGO-Klassifikation (Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique) charakterisiert. Anhand von histologischen und immunhistochemischen Methoden wird ein sog. Grading des Tumors erstellt, das von G1 (gut differenziert, d. h. weniger maligne) bis G3 (schlecht differenziert, d. h. stärker maligne) reichen kann.

In der FIGO-Klassifikation werden frühe Stadien und fortgeschrittene Stadien des Ovarialkarzinoms unterschieden:
  • FIGO-Stadium I bis II: Der Tumor ist auf die Eierstöcke oder das Becken begrenzt.
  • FIGO-Stadium III bis IV: Der Tumor hat sich auf das Bauchfell oder entfernte Organe ausgebreitet.
Die aktualisierte WHO-Klassifikation von 2020 unterscheidet zudem 5 Haupttypen des epithelialen Ovarialkarzinoms, basierend auf histologischen und molekularen Merkmalen: high-grade serös, low-grade serös, endometrioid, klarzellig und muzinös.

Wie wird Eierstockkrebs behandelt?

Bei der Diagnose Eierstockkrebs kommen verschiedene Behandlungen der Erkrankung in Betracht:
  • Chirurgie: Ziel ist die vollständige Entfernung des Tumors und aller sichtbaren Tumoranteile im Bauchraum. Die Qualität der Operation hat einen entscheidenden Einfluss auf die Prognose.
  • Chemotherapie: Postoperativ erfolgt in der Regel eine platinbasierte Chemotherapie, oft in Kombination mit Taxanen.
  • Erhaltungstherapie: Neuere Therapieansätze beinhalten den Einsatz von PARP-Inhibitoren wie Olaparib, Niraparib oder Rucaparib als Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit BRCA-Mutationen oder anderen HRD-positiven Tumoren.
Der erste Schritt ist eine operative Therapie zur Entfernung des Tumors bzw. der Eierstöcke. Allerdings reicht die alleinige Operation häufig nicht aus, weshalb i.d.R. auch eine medikamentöse Therapie mit Chemotherapeutika (Chemotherapie) durchgeführt wird. Viele dieser Chemotherapeutika führen zu Schäden in der DNA der Tumorzellen, wodurch diese abgetötet werden.

So sollen Patientinnen mit FIGO-Stadium IC oder IA/B und gering differenziertem Tumor (Grad 3) im Anschluss an die Operation eine platinhaltige Chemotherapie (Carboplatin oder Cisplatin) über 6 Zyklen erhalten. Diese kann das progressionsfreie Überleben und die 5-Jahres-Überlebensrate (60 bis 82%) verbessern. Bei frühem Ovarialkarzinom (Stadium IA Grad 1) soll gemäß Leitline vor der Operation keine adjuvante (unterstützende) Chemotherapie erfolgen, weil diese keinen Vorteil für das Gesamtüberleben bringt.

Im fortgeschrittenen Stadium eines Karzinoms (FIGO-IIB bis IV) sind Carboplatin (5 Zyklen) und Paclitaxel (6 Zyklen alle 3 Wochen ) die erste Behandlungsoption (First-line) für die Chemotherapie.

Bei den Stadien IIIB–IV kann zusätzlich ein monoklonaler Antikörper (Bevacizumab) eingesetzt werden, der bei manchen Patientinnen das Ansprechen auf die Chemotherapeutika und das progressionsfreie Überleben verbessert.

Zur Erhaltungstherapie nach einer Chemotherapie kommen auch sog. PARP-Inhibitoren wie Niraparib, Olaparib und Rucaparib in Betracht, die den Effekt der Chemotherapie noch verbessern können. Sie zählen zu den zielgerichteten Therapien, hemmen Repraturmechanismen der Tumorzellen und schwächen hierdurch die Tumorzellen. 

Die Strahlentherapie spielte bisher in der Behandlung von Patientinnen mit Eierstockkrebs keine wesentliche Rolle.

Gibt es Rückfälle bei therapiertem Ovarialkarzinom?

Bei etwa 85% der Ovarialkarzinome kommt es nach einer Behandlung zum Rückfall (Rezidiv), d. h. einem Wiederauftreten eines Tumors nach der Operation. Dies erfolgt häufig 6 bis 12 Monaten nach Abschluss der Primärtherapie. Die Behandlung beim Rückfall wird durch verschiedene Faktoren bestimmt, darunter das Alter, die tumorfreie Zeit nach Operation sowie die Primärtherapie und genetische Faktoren wie das Vorliegen von BRCA-Mutationen. Bei einem Rückfall, der auf die gängige Therapie nicht anspricht (sog. refraktäres Rezidiv) kann laut Leitlinie eine nicht-platinhaltige Chemotherapie eingesetzt werden. Hierzu zählen u.a. pegyliertes liposomales Doxorubicin (Topoisomerase-Hemmstoff), Topotecan (Topoisomerase Hemmstoff), Gemcitabin (Pyrimidinantagonist) und Paclitaxel (Taxan).

Anders als in der Behandlung des Primärtumors, gibt es für das Rezidiv Hinweise, dass die lokalisierte Bestrahlung des Rezidivs erfolgreich sein kann.
 
 

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Was bestimmt die Prognose bei Ovarialkarzinom?

Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser ist die Prognose. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate liegt über alle Stadien hinweg bei etwa 43%. Die Prognose wird dabei wesentlich bestimmt von 
  • Tumorstadium (benigner Tumor oder maligner Krebs)
  • Alter der Patientin
  • Allgemeinzustand
  • tumorbiologische Faktoren, wie Grading, Genexpression, Tumor-infiltrierende Lymphozyten
  • leitliniengerechte Therapie
Weitere Informationen finden Sie in der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“.

Häufig gestellte Fragen von Patient:innen

Literatur

(1) S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren, Leitlinienprogramm Onkologie, AWMF online, Version 6.0 - Oktober 2024 AWMF-Registernummer: 032/035OL
(2) Patientinnen-Leitlinie Eierstockkrebs, „Leitlinienprogramm Onkologie“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Stiftung Deutsche Krebshilfe, April 2018
(3) S3-Leitlinie Ovarialkarzinom aktualisiert: Neue Empfehlungen zu operativen Eingriffen, PARP-Inhibitoren und Strahlentherapie. Deutsche Krebsgesellschaft, 04.05.2020
(4) Holl, K., Mäßige Prognose trotz neuer Therapien, Pharm. Ztg. Online (15.11.2020)
(5) König, R., Niraparib bei Ovarialkrebs, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 117, Heft 48, 27. November 2020
(6) Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), S3-Leitlinie Ovarialkarzinom aktualisiert: Neue Empfehlungen zu operativen Eingriffen, PARP-Inhibitoren und Strahlentherapie, 12.06.2020. Abrufbar unter: https://www.dggg.de/presse/pressemitteilungen-und-nachrichten/s3-leitlinie-ovarialkarzinom-aktualisiert-neue-empfehlungen-zu-operativen-eingriffen-parp-inhibitoren-und-strahlentherapie (zuletzt aberufen am: 17.03.25)
(7) Onkopedia Leitlinie Ovarialkarzinom, Stand Juli 2023. Verfügbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/ovarialkarzinom/@@guideline/html/index.html (zuletzt abgerufen am: 17.03.25)
(8) ESMO Guideline Ovarian Cancer, Stand August 2023. Verfügbar unter: https://www.esmo.org/guidelines/guidelines-by-topic/esmo-clinical-practice-guidelines-gynaecological-cancers/newly-diagnosed-and-relapsed-epithelial-ovarian-cancer (zuletzt abgerufen am: 17.03.25)