Gebärmutterkörperkrebs (Endometriumkarzinom)
Dr. rer. nat. med. habil. Eva GottfriedDas Endometriumkarzinom ist die fünfthäufigste Krebserkrankung der Frau. Es geht von der Schleimhaut im Inneren der Gebärmutter aus und tritt in der Mehrzahl der Fälle nach den Wechseljahren auf. Wird der Tumor im Frühstadium erkannt, ist die Prognose häufig gut. Zur Behandlung stehen Operation (Hysterektomie), Chemotherapie und Strahlentherapie zur Verfügung. Etwa 5% der Patientinnen haben eine erbliche Vorbelastung im Rahmen eines Tumorsyndroms, weshalb die molekulare Diagnostik an Bedeutung gewinnt.
Gebärmutterkörperkrebs oder Gebärmutterhalskrebs?
Die Gebärmutter (Uterus) ist eines der weiblichen inneren Geschlechtsorgane der Frau, in dem während der Schwangerschaft das Kind heranwächst. Sie besteht aus zwei Abschnitten, dem Gebärmutterhals (Zervix, Cervix uteri) und dem Gebärmutterkörper (Corpus uteri), der von einer drüsenreichen Schleimhaut ausgekleidet ist. Dieses sogenannte Endometrium wird in der fruchtbaren Phase des Lebens monatlich auf- und umgebaut, was von den Geschlechtshormonen Östrogen und Progesteron gesteuert wird und in der Menstruationsblutung zum Ausdruck kommt.In der Gebärmutter können verschiedene Krebserkrankungen auftreten, weshalb die Begriffe Unterleibskrebs und Gebärmutterkrebs sehr ungenau sind. Einen Tumor im Gebärmutterkörper bezeichnet man als Endometriumkarzinom oder Gebärmutterkörperkrebs, teils auch als Uteruskarzinom oder Korpuskarzinom. Davon zu unterscheiden sind andere im Unterleib der Frau auftretende Krebsarten wie das Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs), Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) und Blasenkarzinom.
Welche Symptome macht Gebärmutterkörperkrebs?
Wichtigstes Anzeichen sind- ungewöhnliche Blutungen aus der Scheide
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Erste Patientinnenleitlinie zum Endometriumkarzinom veröffentlicht
Erschienen am 24.02.2022 • Erstmals gibt es für Patientinnen mit Endometriumkarzinom eine Leitlinie. Auch Behandelnde finden hier wichtige Informationen. Mehr dazu bei uns!
Erschienen am 24.02.2022 • Erstmals gibt es für Patientinnen mit Endometriumkarzinom eine Leitlinie. Auch Behandelnde finden hier...
- blutig-eitriger Ausfluss aus der Scheide
- Blut im Urin und Stuhl
- unregelmäßiger Harndrang und Stuhlgang
- chronische Unterleibsschmerzen
- ungeklärter Gewichtsverlust
Welche Untersuchungen werden bei Verdacht auf eine bösartige Erkrankung gemacht?
Zur ersten Abklärung eines Verdachts dienen- gynäkologische Tastuntersuchung
- bildgebende Verfahren wie vaginaler Ultraschall
- Gebärmutterspiegelung mit Ausschabung (Hysteroskopie mit Abrasio) zur Gewinnung einer Gewebeprobe
Wie wird Gebärmutterkörperkrebs behandelt?
Jedes Jahr erhalten etwa 11.000 Frauen die Diagnose Gebärmutterkörperkrebs, 3 Viertel davon noch im frühen Stadium. In der Regel ist eine operative Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) die erste Standardtherapie. Hierbei werden Gebärmutterkörper und Gebärmutterhals teilweise oder vollständig entfernt (totale Hysterektomie), um das betroffene Gewebe zu beseitigen. Die Hysterektomie wird in der Regel minimal invasiv, laparoskopisch durchgeführt. Gegebenenfalls werden auch die Eierstöcke und Eileiter entfernt (Adnexexstirpation). Diese produzieren zum einen das wachstumsfördernde Hormon Östrogen, zum anderen sind sie bei fortgeschrittener Erkrankung häufig von Metastasen befallen. Je nach Tumorstadium werden teils auch Lymphknoten entfernt, deren Befall mit Tumorzellen ein wichtiger prognostischer Faktor ist.Adjuvante Therapien bei Gebärmutterkörperkrebs
Im Anschluss an die Hysterektomie kann eine adjuvante (ergänzende) medikamentöse Therapie gemäß S3-Leitlinie eingesetzt werden. Für die Entscheidung hierzu sind wichtig:Lage und Größe des Tumors
- Tumoreigenschaften, wie das Stadium, das anhand des entnommenen Gewebes bestimmt wird
- Zeitpunkt der Diagnose
- Prognosefaktoren
- Alter und Allgemeinzustand der Patientin
- Chemotherapie
- Strahlentherapie (Bestrahlung, Radiotherapie)
Hochrisikopatientinnen mit High-Risk-Tumoren, d.h. Tumoren im fortgeschrittenen Stadium, haben ein mittleres oder hohes Rückfallrisiko (Rezidivrisiko) nach der operativen Therapie, weshalb hier häufig eine adjuvante Strahlentherapie an die Operation angeschlossen wird.
Eine sogenannte endokrine Therapie mit dem Hormon Gestagen (dem Gegenspieler des Östrogens) ist umstritten und laut medizinischer S3-Leitlinie nicht mehr angeraten. Diese sogenannte Hormontherapie zur Hemmung des Zellwachstums ist nicht zu verwechseln mit einer Hormonersatztherapie zur Linderung von Wechseljahrbeschwerden.
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Neue Marker für den Nachweis der MSI bei verschiedenen Krebsarten
Erschienen am 09.02.2022 • Promega MSI erkennt auch bei vormals nicht eindeutigen Ergebnissen die MSI. Was das für die Immuntherapie bedeutet, erfahren Sie hier!
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Was ist bei einem Rückfall?
Nach einer Operation im frühen Stadium ist das Risiko für einen Rückfall (Rezidiv) gering. Bei erneuten Beschwerden nach der Operation ist aber – unabhängig vom Stadium – an ein weiteres Tumorwachstum zu denken. Zur Rezidivbehandlung stehen erneute Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie zur Verfügung. Des Weiteren werden Immuntherapeutika wie Checkpoint-Inhibitoren zur Aktivierung des Immunsystems für rezidivierende und fortgeschrittene Stadien entwickelt und sind teils schon in der EU zugelassen.Wieso ist ein Staging des Tumors für die Therapie wichtig?
Wie immer in der Onkologie gilt: Je früher die Erkrankung erkannt wird und je genauer die Charakterisierung möglich ist, desto individueller kann die Therapie gewählt werden. Deshalb werden die Tumorcharakteristika genaustens anhand bildgebender Verfahren und Gewebeuntersuchung bestimmt.Zur Klassifizierung dienen die
- TNM-Klassifikation mit den Faktoren Tumorgröße und Ausbreitung (T), Lymphknotenbefall (N) und Metastasierung (M). Sie beschreibt, wie weit der Tumor bereits vorangeschritten ist.
- FIGO-Klassifikation (Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique) zur Festlegung des Stadiums
Die Hormonabhängigkeit bestimmt Tumortyp und Prognose bei Gebärmutterkörperkrebs
Die meisten Gebärmutterkarzinome zählen zu den Adenokarzinomen und werden unterschieden in- Typ-I-Endometriumkarzinom
- Typ-II-Endometriumkarzinom
Das seltenere Typ-II-Endometriumkarzinom wächst unabhängig von Östrogen und entsteht auf zurückgehendem (atrophischem) Schleimhautgewebe. Dieses Karzinom ist histologisch weniger differenziert und damit weniger gutartig.
Neben Typ I und Typ II Karzinomen treten weniger häufig auch Plattenepithelkarzinome auf.
Was sind Risikofaktoren für Gebärmutterkörperkrebs?
Als Risikofaktoren gelten- rein östrogenhaltige Hormontherapien
- starkes Übergewicht
- Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus oder metabolisches Syndrom
- höheres Alter (durchschnittliches Erkrankungsalter 68 Jahre)
- erbliches Tumorsyndrom
- vor den Wechseljahren
- bei körperlicher Aktivität
- bei spät aufgetretener erster Regelblutung
- bei spätem Gebären eines Kindes
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Immuntherapie bereichert die Therapiemöglichkeiten beim rezidivierenden und metastasierten Endometriumkarzinom
Erschienen am 21.12.2021 • Immuntherapie soll die Überlebenschancen bei fortgeschrittenem oder metastasiertem Endometriumkarzinom verbessern. Mehr zu Dostarlimab bei uns!
Erschienen am 21.12.2021 • Immuntherapie soll die Überlebenschancen bei fortgeschrittenem oder metastasiertem Endometriumkarzinom...
Was ist ein hereditäres Endometriumkarzinom?
Bis zu 5% der Fälle von Gebärmutterkörperkrebs sind erblich bedingt und werden als hereditäres Endometriumkarzinom bezeichnet. Hier tritt der Krebs im Rahmen eines erblichen Tumorsyndroms auf, wie dem Lynch-Syndrom (erblicher Darmkrebs ohne Polyposis, HNPCC), dem Cowden-Syndrom bzw. dem PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrom (PHTS). Die Patientinnen haben eine 6- bis 20-fach höhere Wahrscheinlichkeit zu erkranken, weil hier vererbbare Keimbahnmutationen in DNA-Reparatur- und Tumorsuppressor-Genen in allen Zellen auftreten. So trägt statistisch gesehen eines von zwei Kindern der Betroffenen diese Mutationen und hat damit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Tumor. Bei familiärer Vorbelastung sollte deshalb eine Beratung in einem Zentrum für gynäkologische Onkologie erfolgen. Im Rahmen des hereditären Endometriumkarzinoms gewinnt die molekulare Diagnostik immer mehr an Bedeutung.Tumoreigenschaften und Patientinnenverfassung bestimmen die Therapiewahl
Neben den beschriebenen Therapien der gynäkologischen Onkologie ist auch die psychische Unterstützung der Patientinnen gerade bei Entfernung von Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcken wichtig. Bei jüngeren Frauen ist eine Risikoabwägung für oder gegen bestimmte Behandlungen mit Blick auf einen möglichen Kinderwunsch wichtig. Beratungsinstitutionen und Selbsthilfegruppen bis hin zu psychotherapeutischer Betreuung der Patientinnen in den verschiedenen Lebensphasen stehen als unterstützende, supportive Behandlung zur Verfügung.Weitere Informationen sind in der S3-Leitlinie des Leitlinienprogramms Onkologie zu finden.Quelle:
Redaktion journalonko.de
Literatur:(1) Krebserkrankung des Gebärmutterkörpers, Patientinnenleitlinie, Leitlinienprogramm Onkologie, AWMF, Fassung 23. Dezember 2020.https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien/2020-12-23_PLL_Geb%C3%A4rmutterk%C3%B6rperkrebs_Konsultationsfassung.pdf.
(2) Endometriumkarzinom: eine Krebsart, viele Namen: Gebärmutterkrebs, Unterleibskrebs und Co. https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2020/news044-gebaermutterkrebs-unterleibskrebs-endometriumkarzinom.php.
(3) GEBÄRMUTTERSCHLEIMHAUTKREBS, Deutsche Krebshilfe. Helfen. Forschen. Informieren. https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebsarten/gebaermutterschleimhautkrebs/.
(4) S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientinnen mit Endometriumkarzinom, Version 1.0 – April 2018 AWMF-Registernummer: 032/034-OL; https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-034OLl_S3_Endometriumkarzinom-Diagnostik-Therpie-Nachsorge_2018-04.pdf (letzter Zugriff: März 2022)
(5) Rhiem, K. et al., Hereditäres Endometriumkarzinom: Plädoyer für Genanalysen in der Regelversorgung; Dtsch Arztebl 2021; 118(11): [32]; DOI: 10.3238/PersOnko.2021.03.19.08.
(6) Endometriumkarzinom: Bedingte Zulassung für Dostarlimab, Journal Onkologie, online 26.04.2021, https://www.journalonko.de/news/lesen/endometriumkarzinom_bedingte_zulassung_dostarlimab.
(7) Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO), Hoch-Risiko-Endometriumkarzinom: Adjuvante Strahlentherapie bleibt Therapiestandard, April 2018, https://www.degro.org/hoch-risiko-endometriumkarzinom-adjuvante-strahlentherapie-bleibt-therapiestandard/.