Genetische Signaturen unterstützen medizinische Versorgung
Programme zum klinisch verankerten Whole Genome Sequencing (WGS) arbeiten weltweit daran, die Analyse genetischer Signaturen in die klinische Versorgung zu integrieren. Bedingungen hierfür wurden in der WIDE-Studie (Samsom et al. 2022) untersucht. So wurden bei 71% der Studienteilnehmenden mit fortgeschrittenen soliden Krebserkrankungen (> 800 Fälle) Biomarker identifiziert, die für Therapie und Prognose nutzbar sind; bei 54% fanden sich Marker, die über die Routinebestimmungen hinausgingen.
NCT Heidelberg bietet Genomsequenzierung an
Auch das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg hat zum Ziel, möglichst vielen Patient:innen genomweite Analysen im klinischen Setting anbieten zu können. Hierzu wird das Potenzial der Ganzgenomsequenzierung in entitätenspezifischen (insbes.
Mammakarzinom und
Glioblastom) und in übergreifenden Programmen mit Blick auf Biomarker erforscht. So werden im NCT/DKFZ/DKTK Master-Programm verschiedene Informationsebenen, wie Genom, Epigenom, Transkriptom, Proteom sowie keimbahnrelevante Genveränderungen bei mehr als 4.200 Fällen nach standardisierten und qualitätskontrollierten Kriterien untersucht.
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Genommedizin und ihr Nutzen für seltene Erkrankungen
Erschienen am 25.06.2022 • Was ist Genommedizin? Wie kann sie für Krebserkrankungen und seltene Erkrankungen genutzt werden? Erfahren Sie bei uns die Hintergründe!
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Neues Wissen für prädikative Diagnostik
Wie das Heidelberger Master-Programm zeigt, liegt der Wert von Präzisionsonkologie-Programmen in Wissensgewinn und verbessertem biologischen Verständnis, in der Validierung neuer Erkenntnisse durch klinische Studien und in der anvisierten Integration in die Versorgung. So hat sich im Rahmen des Programms gezeigt, dass bei 5 bis 10% der Patient:innen der Phänotyp und die klinische Diagnose nicht zum routinemäßig bestimmten Genotyp passt. Hier kann eine umfassendere genomische Analyse zu Neubewertung bis Reversion der Diagnose führen. Auch bei fast 90% der
CUP (carcinoma of unknwon primary) ließen sich aus Epigenom- und Transkriptomdaten hilfreiche Hinweise auf die zugrundeliegende Erkrankungsentität ableiten. Darüber hinaus wurde bei etwa 10% der Patient:innen anhand von Keimbahnveränderungen eine erbliche Prädisposition festgestellt, die bei 3 von 4 Betroffenen zum Diagnosezeitpunkt noch nicht bekannt war. Veränderungen in Tumordispositionsgenen sind auch für die prädikative Diagnostik in der Familienberatung informativ.
Genomisch stratifizierte Studien verbessern Therapieerfolge
Der Erfolg einer personalisierten, genetisch informierten Therapie konnte bisher für etwa 20 Krankheitskategorien gezeigt werden. In 90% der Fälle mit ungünstiger Prognose ermöglichten die genetischen Analysen Empfehlungen für das klinische Management. Bei deren Umsetzung wurde in mehr als 55% die Krankheitskontrolle erreicht, in Form von objektivem Ansprechen, Stagnation der Erkrankung oder insbesondere bei CUP als verbessertes
progressionsfreies Überleben (PFS).
Genomische Analysen bieten bei Pankreaskarzinom neue Therapieansätze
Am Beispiel des metastasierten Pankreaskarzinoms zeigt sich, wie genomische Analysen zu neuen Behandlungsoptionen führen können. Anfangs waren KRAS-Mutationen als Driver beschrieben; mittels Genomsequenzierung konnten bei jüngeren Patient:innen NRG1-Rearrangements (Genfusion) als Driver bei KRAS-Wildtyp nachgewiesen werden, was zu neuen Therapieansätzen führte.
Genomische Analyse soll in klinischer Onkologie verankert werden
Insgesamt zeigt sich, wie eine breite, klinisch verankerte genomische Analyse die bisherigen biologischen Erkenntnisse erweitern und neue Ansätze für genomisch stratifizierte Studien und klinisches Management liefern kann. Die Verankerung der genomischen Analyse in der klinischen Onkologie ist auch Ziel der nationalen und europäischen Genominitiative genomDE.
Quelle: 40. Heidelberger Frühjahrssymposium „Genomische Onkologie: Wissen generierende Krebsmedizin durch Verzahnung von Versorgung und Forschung“, 04.03.2023; Veranstalter: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg