Vorsorgliche Eileiterentfernung: Reduziertes Krebsrisiko und geringere Gesundheitskosten
Wenn Bauchoperationen bei Frauen mit abgeschlossener Familienplanung genutzt werden, um die Eileiter zu entfernen, kann die Zahl der Eierstockkrebserkrankungen um etwa 15% gesenkt werden. Das würde das Gesundheitssystem jährlich um rund 10 Millionen Euro entlasten, so das Ergebnis der gesundheitsökonomischen Modellrechnung eines Forschungsteams am Universitätsklinikum Jena (1).
Eierstockkrebs: Häufig erst im späten Stadium diagnostiziert
In Deutschland wird jährlich bei rund 7.000 Frauen ein Ovarialkarzinom diagnostiziert. Die Erkrankung bleibt oft lange unbemerkt, da sie in den frühen Stadien keine Symptome verursacht und es keine wirksame Früherkennung gibt. Die aggressiven Tumoren machen etwa ein Viertel aller Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane aus und führen bei mehr als der Hälfte der Betroffenen innerhalb von 5 Jahren zum Tod. Eine entscheidende Rolle in der Entstehung spielt der Eileiter. Krebsvorstufen, die sich dort oder in der Gebärmutter bilden, können beim Eisprung auf die Eierstöcke übergehen und dort Tumoren verursachen.
Eileiterentfernung als etablierte Präventionsmaßnahme
Die Möglichkeit vor einer notwendigen Gebärmutterentfernung gleichzeitig die Eileiter zu entfernen nehmen die meisten Frauen in Anspruch. Auch bei anderen gynäkologischen Eingriffen, wie einer Bauchspiegelung, bietet sich die Gelegenheit zur opportunistischen Salpingektomie. Vor den Wechseljahren verbleiben die Eierstöcke jedoch im Körper, da sie eine wichtige Funktion in der Hormonproduktion haben. „Unsere Daten zeigen, dass diese Maßnahme nicht nur das Auftreten von Eierstockkrebs signifikant senkt, sondern auch andere Erkrankungen der Eileiter reduzieren kann – ohne zusätzliche Komplikationen“, erklärt Prof. Dr. Ingo Runnebaum von der Jenaer Frauenklinik.
Fehlen offizieller Empfehlungen erschwert Umsetzung
Obwohl viele Frauenärzt:innen diese Maßnahme bereits anwenden, gibt es bislang keine offizielle Empfehlung der medizinischen Fachgesellschaften für die opportunistische Salpingektomie als standardisierte Krebspräventionsmaßnahme. Dies führt dazu, dass der operative Mehraufwand nicht von den Krankenkassen vergütet wird.
Gesundheitsökonomische Analyse zeigt großes Einsparpotenzial
Da eine langfristige prospektive, kontrollierte Studie zur Überprüfung dieser Maßnahme kaum realisierbar ist, führte das Forschungsteam eine gesundheitsökonomische Modellrechnung durch. „Wir entwickelten ein mathematisches Modell mit verschiedenen Szenarien, um den Einfluss auf die Eierstockkrebsrate und die damit verbundenen Kosten abzuschätzen“, erklärt die Medizininformatikerin Dr. Angela Kather. Je nach Umfang der durchgeführten Eileiterentfernungen – ob nur bei Gebärmutterentfernungen oder Sterilisationen, bei weiteren gynäkologischen Operationen oder bei allen geeigneten Bauchoperationen – ließe sich die Anzahl der Eierstockkrebsfälle um 5, 10 oder sogar 15% senken. Da die Behandlung einer Patientin jährlich mehrere tausend Euro kostet, könnten so über 10 Millionen Euro pro Jahr im Gesundheitswesen eingespart werden, so die Berechnungen der Forschenden.
Ergebnisse fließen in Überarbeitung der Leitlinien
Ein großer Vorteil der opportunistischen Salpingektomie ist, dass sie kein zusätzliches gesundheitliches Risiko darstellt, da sie im Rahmen einer geplanten Operation durchgeführt wird. Im Gegensatz zu anderen präventiven chirurgischen Maßnahmen ist zudem keine individuelle Risikoeinschätzung erforderlich – die Methode kann bei allen Frauen mit abgeschlossener Familienplanung angewendet werden. „Unsere Ergebnisse fließen nun in die Überarbeitung der fachlichen Empfehlungen und Leitlinien ein“, betont Dr. Angela Kather. Zudem sollen sie als Grundlage für eine mögliche Vergütung durch die Krankenkassen dienen, sodass die opportunistische Salpingektomie künftig als Kassenleistung erstattet werden kann.
Quelle:Universitätsklinikum Jena
Literatur:
(1) Kather A et al. Ovarian cancer prevention through opportunistic salpingectomy during abdominal surgeries: A cost-effectiveness modeling study. PLoS Med. 2025 Jan 30;22(1):e1004514. DOI: 10.1371/journal.pmed.1004514.