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Was viele Raucher:innen nicht wissen

Was viele Raucher:innen nicht wissen
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Mindestens 2 Drittel der Patient:innen an der Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie in Innsbruck rauchen. Klinikdirektorin Sabine Wipper und Michaela Kluckner, angehende Fachärztin mit dem Schwerpunkt „periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)“, sprechen im Interview über die große Bedeutung von Prävention, die Langzeitfolgen des Rauchens, Behandlungsmöglichkeiten und den letzten Ausweg Amputation.
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Mit den Gefahren des Rauchens werden häufig Lungenkrebs und COPD assoziiert. Ist den Menschen auch ausreichend bewusst, dass Rauchen die Gefäße schädigt?

Sabine Wipper: Rauchen ist ein großes Thema an unserer Klinik. Von 60 bis 70 Patient:innen, die wir täglich ambulant behandeln, sind 40 bis 50 Raucher:innen. Es ist ihnen durchaus bewusst, dass jede weitere Zigarette ihre Gefäße noch mehr schädigt, aber nur ein geringer Teil schafft es, das Rauchen aufzugeben. Rauchen verursacht nicht nur Krebs, sondern schädigt das ganze Gefäßsystem von Kopf bis Fuß. Die Giftstoffe von Zigaretten schädigen das Endothel, die Innenschicht der Gefäße. Das wiederum begünstigt Ablagerungen (Atherosklerose, Anm.), die zu Engstellen oder Verschlüssen an den Gefäßen führen können. Eine Engstelle an der Halsschlagader kann beispielsweise Schlaganfälle auslösen. Rauchen begünstigt aber auch die Ausbildung von Erweiterungen von Gefäßen, so genannte Aneurysmata, die in Brust, Bauch und den Beckengefäßen vorkommen können.

Wie groß ist das Ausmaß der Gefäßerkrankung in der Regel, wenn Patient:innen erstmals bei Ihnen vorstellig werden?

Wipper: Wenn die Patient:innen zu uns kommen, ist der Schaden schon da. Die meisten werden von ihren Hausärzt:innen geschickt. Es geht dann darum, das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen und die bisherigen Schäden zu behandeln. Der Konsum von Zigaretten bringt Folgeschäden mit sich, die noch Jahre nach einem Rauchstopp auftreten können. Deswegen ist es ganz wichtig, jungen Menschen klarzumachen, dass sie gar nicht erst mit dem Rauchen anfangen, bzw. gleich wieder damit aufhören sollen. Aufklärung und Prävention sind sehr wichtig. Je früher jemand mit dem Rauchen begonnen hat, je mehr und je länger er geraucht hat, desto höher sind die kumulativen Schäden.
 
 

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Wie wirkt sich ein Rauchstopp auf die Gefäße aus?

Michaela Kluckner: Mit dem Rauchen aufzuhören ist für die Prognose jedenfalls ein Vorteil, weil dadurch das Fortschreiten der Erkrankung gebremst wird. In Kombination mit einem Gehtraining können im Bein zum Beispiel Umgehungskreisläufe ausgebildet und damit die Durchblutung verbessert werden. Durch eine operative oder interventionelle Verbesserung der Durchblutung werden die bestehenden Engstellen oder Verschlüsse behandelt. Auf die Langzeitauswirkungen des Rauchens auf die Gefäße hat das aber keinen Einfluss.

Ist denn das Raucherbein ein häufiges Thema?

Kluckner: Ja, das ist ein sehr großes Thema. Die meisten Patient:innen werden mit der „Schaufensterkrankheit“ zu uns überwiesen. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) beginnt mit Krämpfen in der Wade beim Gehen, sodass man kurz stehen bleiben muss, bis die Schmerzen abklingen und das Bein wieder ausreichend durchblutet ist, daher die Bezeichnung „Schaufensterkrankheit“. Bei Fortschreiten der Erkrankung kommt es dann zu Ruheschmerzen. Die Betroffenen müssen nachts oft ein Bein aus dem Bett hängen lassen, damit sie überhaupt schlafen können. Am Ende steht das Raucherbein mit offenen Stellen aufgrund der Minderdurchblutung.

Welche Behandlungsoptionen gibt es bei pAVK?

Kluckner: Grundsätzlich gibt es 2 Möglichkeiten. Erstens: Die chirurgische Sanierung durch Bypässe im Bein. Dabei überbrücken wir das verschlossene Gefäßsegment mit einer Vene oder einer Kunststoffprothese. Das kann man aber nicht unendlich oft machen, denn wir brauchen immer ein offenes Gefäß, an das wir den Bypass anschließen. Bei der endovaskulären Versorgung wird das Gefäß von innen gedehnt und gegebenenfalls ein Stent gesetzt. Doch auch da gibt es Einschränkungen, so können wir z.B. im Leisten- und Kniebereich keine Stents einsetzen. Die operative Versorgung ist oft schwierig, weil wir es meist mit multimorbiden Patient:innen im Alter 60+ zu tun haben, die auch Herz- oder Lungenprobleme haben.
 
Wipper: Bei beidem handelt es sich um eine rein symptomatische Therapie. Zu den Zigaretten kommt häufig ein allgemein ungesunder Lebensstil, der zu erhöhtem Blutdruck, hohen Blutfettwerten oder Diabetes führt. Je mehr Risikofaktoren zusammentreffen, desto schlechter ist die Prognose. Das weitere Fortschreiten kann durch gut eingestellte Blutwerte und durch Bewegung ausgebremst werden. Das ist ausschlaggebend für den chirurgischen Erfolg. Die Compliance (Therapietreue, Anm.) der Betroffenen spielt eine große Rolle. Wir haben auch hochmotivierte Patient:innen, die das Rauchen aufgeben, ihre Ernährung umstellen und mit dem Bergwandern anfangen – da ist dann auch das langfristige Ergebnis gut.
 
 

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Kommt es noch häufig zu Amputationen?

Kluckner: Leider zählen Amputationen zu unseren Standardoperationen. Das beginnt meistens bei der Zehe und kann bis zur Unter- oder Oberschenkelamputation gehen. Wenn keine Verbesserungsmöglichkeiten der Durchblutung mehr bestehen, bleibt als letzter Ausweg die Amputation.

Woran forschen Sie derzeit?

Wipper: Wir forschen in klinischen Studien an der optimalen Therapie, z.B. welches Bypass-Material bei wem verwendet werden soll oder in welcher Kombination Stent und Medikamente eingesetzt werden. Gerade bei der Art der Versorgung hat sich zuletzt sehr viel getan.

Kluckner: In der Gefäßmedizin ganz neu ist die Hyperspektralkamera. Dieses Gerät wird schon viel in der Organtransplantationsforschung verwendet und wird gerade bei uns etabliert. Die Kamera ermöglicht es uns, eine Aussage über die Durchblutung und Sauerstoffversorgung zu treffen. Dabei sieht man nicht nur die Gefäße, sondern auch das Gewebe.  Es wird eine Art Foto gemacht und das Licht, das dabei ausgesandt wird, vom Gewebe reflektiert. Die Auswertung der Parameter erfolgt dann über einen Sensor. Neben der pAVK-Forschung sind viele Einsatzmöglichkeiten denkbar, etwa auch für Dialysepatient:innen. Ein Dialysezugang kann eine Minderversorgung der Hand verursachen. Die Hyperspektralkamera könnte dazu genutzt werden, diesen so genannten Shunt zu messen und in der Folge die Durchblutung der Hand wieder zu gewährleisten.

Wipper: Die Hyperspektralkamera wird von uns zur Erfolgskontrolle vor, während und nach der Operation evaluiert. Langfristiges Ziel ist es, das Verfahren zur Verlaufskontrolle einzusetzen.
 
 

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Medizinische Universität Innsbruck


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