Dienstag, 3. Dezember 2024
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AML – Akute Myeloische Leukämie

AML – Akute Myeloische Leukämie
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Ist die akute myeloische Leukämie (AML) heilbar? Wie hoch sind die Chancen, zu überleben? Welche Symptome treten auf, und wie wird AML therapiert? Die Antworten finden Sie in unserem Überblicksartikel.
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Was ist eine AML?

Die akute myeloische Leukämie ist eine maligne, d.h. bösartige, Erkrankung des blutbildenden Systems. Dabei vermehren sich rasant maligne Zellen im Knochenmark, verdrängen die gesunden Zellen im Blut und stören so die normale Blutbildung. Wegen des aggressiven Wachstums der Zellen ist eine frühzeitige Diagnose der akuten Leukämie wichtig, deren Subtypen sich in Behandlung und Prognose unterscheiden.

Welche Symptome zeigen sich bei AML?

In der Frühphase sind die Symptome eher unspezifisch, wie:
 
  • Erschöpfung (Fatigue) mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Leistungsminderung
  • Blutarmut (Anämie)
  • blasse Haut, Mund- und Nasenschleimhäute
  • vermehrt Blutungen und blaue Flecken (Hämatome)
  • Infektanfälligkeit und Fieber
Dieses können auch Symptome anderer Erkrankungen sein, sollten aber bei längerem Andauern von Ärzt:innen abgeklärt werden.

Im Verlauf einer AML kommt es schnell zu Kennzeichen und Symptomen, wie:
 
  • Ansammlung von Leukämiezellen (sog.  leukämische Blasten) in Blut, Knochenmark und verschiedenen Organen
  • Durchblutungsstörungen und Mikrozirkulationsstörungen u.a. in Niere, Lunge, Milz, zentralem Nervensystem und anderen Organen
  • schlechte Sauerstoffversorgung der Gewebe mit Symptomen wie Kopfschmerzen und Atemnot
  • schmerzende Lymphknoten, Sehstörungen, Erbrechen und Nervenlähmungen

Wer kann an AML erkranken?  

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 3.500 Menschen an einer AML. Die Leukämie kann in jedem Alter auftreten; allerdings haben eine Reihe von Menschen in erhöhtes Risiko:
 
  •  ältere Menschen (durchschnittliches Erkrankungsalter 72 Jahre)
  •  in jungen Jahren sind Kleinkinder in den ersten 2 Jahren am häufigsten betroffen (durchschnittliche Erkrankungsalter bei Kindern/Jugendlichen: 7 Jahre)
  • Patient:innen mit bestimmten molekularen bzw. zytogenetischen Veränderungen in Blut- und Knochenmarkszellen

Wie wird eine AML festgestellt?

Verdächtige Symptome sollten schnellstmöglich von Ärzt:innen abgeklärt werden, weil eine akute Leukämie sehr rasch voranschreitet. Zu den Untersuchungen zählen
 

Was bedeutet akute myeloische Leukämie?  

Bei Leukämien wird häufig von „Blutkrebs“ gesprochen, was eine sehr ungenaue Bezeichnung ist. Die AML ist eine aggressiv wachsende, maligne Erkrankung, die von den Vorläuferzellen des Blutes ausgeht. Dabei entwickeln sich nur unreife und nicht funktionsfähige Zellen (Blasten). Die Bildung normaler roter Blutkörperchen (Erythrozyten), myeloischer weißer Blutkörperchen (Makrophagen, Granulozyten der Immunabwehr) und Blutplättchen (Thrombozyten) bleibt aus. Für die genaue Diagnose, Behandlung und Prognose einer Leukämie ist besonders die Unterscheidung zwischen akuten Leukämien und chronischen Leukämien wichtig, weil dies bestimmt, wie schnell die Erkrankung voranschreitet.
 
 

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Die AML zählt zu den akuten Leukämien, d.h.
 
  • tritt plötzlich auf
  • schreitet sehr rasch voran
  • kann bedrohliche Symptome auslösen
  • kann unbehandelt innerhalb von Monaten zum Tod führen

Welche AML-Subtypen gibt es?

Verschiedene Subtypen werden unterschieden:
 
  • AML mit wiederkehrenden genetischen Veränderungen
  • AML mit Myelodysplasie-assoziierten Veränderungen
  • therapieassoziierte AML
  • akute Promyelozytenleukämie (APL), eine seltene Unterform der AML, mit besonderer Zellmorphologie und Chromosomenveränderung mit Translokation t (15:17)

Klassifikationssysteme der AML-Diagnostik

Die Subtypen werden anhand verschiedene Klassifikationssysteme beschrieben, u.a.
 
  • WHO-Klassifikation: nach zytogenetischen und molekulargenetischen Veränderungen der Leukämiezellen
  • FAB-Klassifikation (French-American-British Group) nach Oberflächenmarkern und genetischen Merkmalen der Leukämiezellen

Worin unterscheiden sich die Subtypen der AML?

Zur genauen Charakterisierung der Leukämien werden Laboruntersuchungen anhand der Proben von Blut und Knochenmark durchgeführt.
 
  • Nachweis von Blasten im peripheren Blut und Knochenmark mittels Immunphänotypisierung (AML > 20% Blasten)
  • Nachweis von Oberflächenmarkern der Zellen
  • Nachweis genetischer Veränderung (Translokationen, Mutationen) mittels Molekularzytogenetik (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, FISH)
  • Nachweis von Verlust charakteristischer Chromosomenabschnitte (5q, 7q, 17p)
  • Nachweis genetischer Veränderungen (z.B. RUNX1-RUNX1T1, CBFB-MYH11, KMT2A (MLL), EVI1)
 
 

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Wie erfolgt die Therapiewahl bei AML?

Welche Therapie erfolgversprechend ist, wird anhand von AML-Subtyp, Patient:innenalter, Begleiterkrankungen, Rezidivrisiko (Rückfallrisiko) und individuellen Therapiezielen entschieden. In der Therapie sollen möglichst viele Leukämiezellen beseitigt werden und die normale Blutbildung möglichst gut wieder hergestellt werden. Bei jüngeren Patient:innen und bei älteren noch fitten Patient:innen ist eine kurative Therapie das Ziel, d.h. durch die Behandlung eine Heilung zu erreichen.

Wie läuft eine AML-Therapie ab?

Für die Therapie der AML gilt
 
  •  wichtig ist ein schneller Therapiebeginn nach Diagnose
  • es gibt keine einheitliche Standardtherapie für alle AML-Patient:innen
Gängige Therapiephasen sind:  
 
  • Vortherapie: dient zur schonenden Einleitung der eigentlichen Therapie
  • Induktionstherapie: soll die Leukämiezellen möglichst rasch zurückdrängen
  • Konsolidierungstherapie: soll noch verbliebene bösartige Zellen im Körper abtöten
  • Erhaltungstherapie: soll den Therapieerfolg langfristig sichern
Für AML-Patient:innen stehen je nach Phase verschiedene Behandlungsformen zur Verfügung, wie   
 

Was ist eine Vortherapie bei AML?

Manche Patient:innen erhalten eine Vortherapie, d.h.
 
  • eine einleitende Chemotherapie,
  • mit 1 oder 2 Chemotherapeutika (Zytostatika) wie Cytarabin oder Hydroxyharnstoff,
  • Dauer von etwa 1 Woche
Sie dient dazu, die Zahl der bösartigen Zellen nicht auf einmal, sondern stufenweise zu verringern. Hiermit sollen gefährliche Blutungen und starke Störung en der Blutgerinnung umgangen werden und das sogenannte Tumorlyse-Syndrom (TLS) vermieden werden. Dies ist wichtig, weil bei einer Chemotherapie eine große Menge an abgetöteten Zellen, sog. Zellschrott, auftritt, der vom Körper abgebaut werden muss, ohne die Nieren zu sehr zu belasten.

Was ist eine Induktionstherapie bei AML?

Die Induktionstherapie soll eine große Menge Leukämiezellen möglichst rasch abtöten. Die Induktionstherapie
 
  • beinhaltet eine intensive Chemotherapie
  • ist sehr anstrengend für die Patient:innen
  • wird meist stationär im Krankenhaus durchgeführt
  • enthält eine Kombination von Chemotherapeutika
  • enthält manchmal zusätzlich eine zielgerichtete Therapie
Hierbei werden in der Regel 2 Behandlungszyklen mit Kombinationen von Chemotherapeutika (Zytostatika) wie Cytarabin und Daunorubicin oder Mitoxantron durchgeführt. Manchmal wird zusätzlich eine zielgerichtete Therapie (targeted therapy) mit dem Medikament Midostaurin verabreicht. Dieser Typ-III-Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor hemmt die Funktion des zellulären Enzyms FLT3-Kinase, das aufgrund einer FLT3-Mutation in den Leukämiezellen aktiv ist und sie zur Vermehrung (Proliferation) antreibt.

Das Ziel der Induktionstherapie ist eine komplette Remission, bei der die gesunde Blutbildung wieder hergestellt ist und die Leukämiezellen zurückgedrängt sind. Dies bedeutet aber noch keine Heilung, weil in der Regel noch einige Leukämiezellen nachweisbar sind und es immer noch zum Rückfall kommen kann.  

Was ist eine Konsolidierungstherapie bei AML?

Wenn in der Induktionsphase eine komplette Remission erreicht wurde, d.h. die Erkrankungssymptome verschwunden sind, kann die Konsolidierungsphase eingeleitet werden, um die noch verbliebenen Leukämiezellen abzutöten. Erst hiermit kann es zur Heilung kommen. Die Konsolidierungstherapie
 
  • dauert in der Regel etwa 1 Jahr
  • wird teils ambulant, teils stationär im Krankenhaus durchgeführt
  • beinhaltet Chemotherapie aus 1 bis 3 Therapiezyklen oder
  • oder eine Kombination aus Hochdosis-Chemotherapie und allogener Stammzelltransplantation
Für die Konsolidierungstherapie kommen beispielsweise Therapiezyklen mit Cytarabin, ggf. plus zielgerichtete Therapie wie Midostaurin in Betracht.

Bei einer allogenen Stammzelltransplantation erhalten die Patient:innen Blutstammzellen von Spender:innen. Allerdings müssen Spender:innen und Empfänger:innen mittels HLA-Typisierung gut abgestimmt sein, damit es nicht zur Abstoßung der fremden Zellen kommt. In der Kürze der Zeit kann häufig kein:e passende:r Spender:in gefunden werden, oder die körperliche Verfassung der Patient:innen lassen die anstrengende Behandlung nicht zu. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung unterstützt hier die Therapieentscheidung.

Was ist ein Erhaltungstherapie bei AML?

Wenn die Krankheitssymptome nachgelassen haben und eine sog. Remission erreicht wurde, müssen möglichst alle noch im Körper verbliebenen leukämischen Zellen in Schach gehalten werden: Ziel ist es, einen Rückfall zu vermeiden. Teils erfolgt eine Behandlung mit zielgerichteten Medikamenten.

Was passiert bei einem Rückfall bei AML?

Auch wenn sich die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten wesentlich verbessert haben, kommt es doch immer wieder zum Rezidiv, d.h. Rückfall der Erkrankung; insbesondere in den ersten 2 Jahren nach Therapiebeginn. Die Erfolgschancen einer erneuten Therapie sind abhängig von
 
  • Alter und Gesundheitszustand
  • Art der Vorbehandlung
  • Aggressivität der AML
  • Rezidivzeitpunkt (je früher, desto schwieriger ist die Behandlung)
Die Behandlung beim Rückfall hängt vom Therapieziel ab, z.B.
 
  • intensive Chemotherapie mit anschließender allogener Stammzelltransplantation mit dem Ziel der Heilung
  • weniger intensive Chemotherapie mit dem Ziel, die Lebensqualität zu erhalten
  • evtl. neuartige zielgerichtete Therapien, wie CAR-T-Zellen

Was ist eine supportive Therapie?

Eine Supportivtherapie unterstützt die Heilung, führt aber nicht direkt zur Heilung. Je nach Zustand der Patient:innen können diese Maßnahmen ergriffen werden:
 
  • Infektions-Schutz und Therapie  bei immunsupprimierten und stammzelltransplantierten Patienten
  • Bluttransfusionen
  • Therapie gegen Übelkeit und Erbrechen (Antiemese)
  • Behandlung von Magen/Darm-Komplikationen einer Chemotherapie
Weitere Informationen zur Erkrankung, Diagnose, Therapie und klinischen Studien finden Sie auf den Websites der Fachgesellschaften und den Leitlinien.

Red. journalonko.de

Literatur:

(1) Therapie akuter Leukämien, Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), Onko Internetportal,
(2) Röllig, C. et al. Akute Myeloische Leukämie (AML), Onkopedia Leitlinien, 2022
(3) Behandlung der akuten myeloischen Leukämie, Krebsinformationsdienst, 2020

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