Gebärmutterkörperkrebs oder Gebärmutterhalskrebs?
Die Gebärmutter (Uterus) ist eines der weiblichen inneren Geschlechtsorgane der Frau, in dem während der Schwangerschaft das Kind heranwächst. Sie besteht aus zwei Abschnitten, dem Gebärmutterhals (Zervix, Cervix uteri) und dem Gebärmutterkörper (Corpus uteri), der von einer drüsenreichen Schleimhaut ausgekleidet ist. Dieses sogenannte Endometrium wird in der fruchtbaren Phase des Lebens monatlich auf- und umgebaut, was von den Geschlechtshormonen Östrogen und Progesteron gesteuert wird und in der Menstruationsblutung zum Ausdruck kommt.
In der Gebärmutter können verschiedene Krebserkrankungen auftreten, weshalb die Begriffe Unterleibskrebs und Gebärmutterkrebs sehr ungenau sind. Einen Tumor im Gebärmutterkörper bezeichnet man als Endometriumkarzinom oder Gebärmutterkörperkrebs, teils auch als Uteruskarzinom oder Korpuskarzinom. Davon zu unterscheiden sind andere im Unterleib der Frau auftretende Krebsarten wie das
Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs),
Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) und
Blasenkarzinom.
Welche Symptome macht Gebärmutterkörperkrebs?
Wichtigstes Anzeichen sind
- ungewöhnliche Blutungen aus der Scheide
Insbesondere in der Zeit nach der letzten Regelblutung gilt die vaginale Blutung als häufigstes Symptom und Warnzeichen für ein Endometriumkarzinom. Bisher gibt es kein spezifisches Früherkennungsprogramm; Symptome wie Blutungen sollten von einem Arzt oder einer Ärztin abgeklärt werden – das Erkennen im frühen Stadium verbessert die Prognose und erhöht die Heilungschancen ganz wesentlich.
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Später im Verlauf treten Symptome auf, die sich auch bei anderen Erkrankungen finden, wie
- blutig-eitriger Ausfluss aus der Scheide
- Blut im Urin und Stuhl
- unregelmäßiger Harndrang und Stuhlgang
- chronische Unterleibsschmerzen
- ungeklärter Gewichtsverlust
Welche Untersuchungen werden bei Verdacht auf eine bösartige Erkrankung gemacht?
Zur ersten Abklärung eines Verdachts dienen
- gynäkologische Tastuntersuchung
- bildgebende Verfahren wie vaginaler Ultraschall
- Gebärmutterspiegelung mit Ausschabung (Hysteroskopie mit Abrasio) zur Gewinnung einer Gewebeprobe
Wie wird Gebärmutterkörperkrebs behandelt?
Jedes Jahr erhalten etwa 11.000 Frauen die Diagnose Gebärmutterkörperkrebs, 3 Viertel davon noch im frühen Stadium. In der Regel ist eine operative Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) die erste Standardtherapie. Hierbei werden Gebärmutterkörper und Gebärmutterhals teilweise oder vollständig entfernt (totale Hysterektomie), um das betroffene Gewebe zu beseitigen. Die Hysterektomie wird in der Regel minimal invasiv, laparoskopisch durchgeführt. Gegebenenfalls werden auch die Eierstöcke und Eileiter entfernt (Adnexexstirpation). Diese produzieren zum einen das wachstumsfördernde Hormon Östrogen, zum anderen sind sie bei fortgeschrittener Erkrankung häufig von
Metastasen befallen. Je nach Tumorstadium werden teils auch Lymphknoten entfernt, deren Befall mit Tumorzellen ein wichtiger prognostischer Faktor ist.
Adjuvante Therapien bei Gebärmutterkörperkrebs
Im Anschluss an die Hysterektomie kann eine adjuvante (ergänzende) medikamentöse Therapie gemäß S3-Leitlinie eingesetzt werden. Für die Entscheidung hierzu sind wichtig:
Lage und Größe des Tumors
- Tumoreigenschaften, wie das Stadium, das anhand des entnommenen Gewebes bestimmt wird
- Zeitpunkt der Diagnose
- Prognosefaktoren
- Alter und Allgemeinzustand der Patientin
Für die adjuvante, d.h. zusätzliche Behandlung nach der Operation kommen in Betracht:
Mithilfe einer adjuvanten
Chemotherapie sollen die im Körper verbliebenen Krebszellen zerstört werden und so einem Rückfall (Rezidiv) vorgebeugt werden. Hierfür werden Zytostatika, wie Carboplatin, Paclitaxel oder Anthracycline, als Medikamente gegeben. Weil diese allerdings nicht nur Krebszellen, sondern auch gesunde Körperzellen angreifen, gehen sie häufig mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall und Blutbildveränderungen einher. Deshalb werden hier Nutzen und Risiken vor dem Einsatz gut gegeneinander abgewogen.
Hochrisikopatientinnen mit High-Risk-Tumoren, d.h. Tumoren im fortgeschrittenen Stadium, haben ein mittleres oder hohes Rückfallrisiko (Rezidivrisiko) nach der operativen Therapie, weshalb hier häufig eine adjuvante
Strahlentherapie an die Operation angeschlossen wird.
Eine sogenannte endokrine Therapie mit dem Hormon Gestagen (dem Gegenspieler des Östrogens) ist umstritten und laut medizinischer S3-Leitlinie nicht mehr angeraten. Diese sogenannte Hormontherapie zur Hemmung des Zellwachstums ist nicht zu verwechseln mit einer Hormonersatztherapie zur Linderung von Wechseljahrbeschwerden.
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Was ist bei einem Rückfall?
Nach einer Operation im frühen Stadium ist das Risiko für einen Rückfall (Rezidiv) gering. Bei erneuten Beschwerden nach der Operation ist aber – unabhängig vom Stadium – an ein weiteres Tumorwachstum zu denken. Zur Rezidivbehandlung stehen erneute Operation,
Strahlentherapie und
Chemotherapie zur Verfügung. Des Weiteren werden Immuntherapeutika wie Checkpoint-Inhibitoren zur Aktivierung des Immunsystems für rezidivierende und fortgeschrittene Stadien entwickelt und sind teils schon in der EU zugelassen.
Wieso ist ein Staging des Tumors für die Therapie wichtig?
Wie immer in der Onkologie gilt: Je früher die Erkrankung erkannt wird und je genauer die Charakterisierung möglich ist, desto individueller kann die Therapie gewählt werden. Deshalb werden die Tumorcharakteristika genaustens anhand
bildgebender Verfahren und Gewebeuntersuchung bestimmt.
Zur Klassifizierung dienen die
- TNM-Klassifikation mit den Faktoren Tumorgröße und Ausbreitung (T), Lymphknotenbefall (N) und Metastasierung (M). Sie beschreibt, wie weit der Tumor bereits vorangeschritten ist.
- FIGO-Klassifikation (Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique) zur Festlegung des Stadiums
In Stadium I ist der Tumor auf den Gebärmutterkörper begrenzt und kann in der Regel in einer Standardoperation entfernt werden. Hier besteht eine 5-Jahres-Überlebensrate zwischen 81 und 90%, sodass 8 bis 9 von 10 Patientinnen 5 Jahre nach der Diagnose noch leben. In Stadium II ist der Krebs in das angrenzende Bindegewebe eingewachsen, aber noch auf die Gebärmutter beschränkt; im Stadium III wächst der Krebs bereits außerhalb der Gebärmutter, aber noch innerhalb des kleinen Beckens, wohingegen im Stadium IIIC auch Beckenlymphknoten und/oder Lymphknoten im Bauchraum befallen sind. Im Stadium IVA sind auch die Schleimhaut der Harnblase und des Enddarms betroffen und im Stadium IVB hat der Krebs bereits
Fernmetastasen gebildet.
Die Hormonabhängigkeit bestimmt Tumortyp und Prognose bei Gebärmutterkörperkrebs
Die meisten Gebärmutterkarzinome zählen zu den Adenokarzinomen und werden unterschieden in
- Typ-I-Endometriumkarzinom
- Typ-II-Endometriumkarzinom
Das Typ-I-Endometriumkarzinom findet sich bei 60 bis 70% der betroffenen Frauen und wird häufig schon im Frühstadium (FIGO I-II) diagnostiziert. Das Wachstum dieses Karzinoms wird durch das Geschlechtshormon Östrogen gefördert, weshalb auch von endokrin-sensiblem
Karzinom gesprochen wird. Es entsteht aus übermäßig stark wachsender Schleimhaut (hyperplastisches Endometrium), ist aber gut differenziert und damit in einem weniger fortgeschrittenen Stadium.
Das seltenere Typ-II-Endometriumkarzinom wächst unabhängig von Östrogen und entsteht auf zurückgehendem (atrophischem) Schleimhautgewebe. Dieses
Karzinom ist histologisch weniger differenziert und damit weniger gutartig.
Neben Typ I und Typ II Karzinomen treten weniger häufig auch Plattenepithelkarzinome auf.
Was sind Risikofaktoren für Gebärmutterkörperkrebs?
Als Risikofaktoren gelten
- rein östrogenhaltige Hormontherapien
- starkes Übergewicht
- Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus oder metabolisches Syndrom
- höheres Alter (durchschnittliches Erkrankungsalter 68 Jahre)
- erbliches Tumorsyndrom
Im Gegenzug ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines
Gebärmutterhalskrebs geringer
- vor den Wechseljahren
- bei körperlicher Aktivität
- bei spät aufgetretener erster Regelblutung
- bei spätem Gebären eines Kindes
Eine längerfristige Einnahme bestimmter Antibabypillen wie auch eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren können das Risiko für verschiedene gynäkologische Krebserkrankungen steigern oder senken. Dies liegt am unterschiedlichen Einfluss der verschiedenen Geschlechtshormone auf das Zellwachstum. Deshalb ist vor Einnahme der Substanzen in verschiedenen Lebensphasen eine fundierte Aufklärung durch den Arzt oder die Ärztin zu empfehlen.
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Was ist ein hereditäres Endometriumkarzinom?
Bis zu 5% der Fälle von Gebärmutterkörperkrebs sind erblich bedingt und werden als hereditäres Endometriumkarzinom bezeichnet. Hier tritt der Krebs im Rahmen eines erblichen Tumorsyndroms auf, wie dem Lynch-Syndrom (erblicher Darmkrebs ohne Polyposis, HNPCC), dem Cowden-Syndrom bzw. dem PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrom (PHTS). Die Patientinnen haben eine 6- bis 20-fach höhere Wahrscheinlichkeit zu erkranken, weil hier vererbbare Keimbahnmutationen in DNA-Reparatur- und Tumorsuppressor-Genen in allen Zellen auftreten. So trägt statistisch gesehen eines von zwei Kindern der Betroffenen diese Mutationen und hat damit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Tumor. Bei familiärer Vorbelastung sollte deshalb eine Beratung in einem Zentrum für gynäkologische Onkologie erfolgen. Im Rahmen des hereditären Endometriumkarzinoms gewinnt die molekulare Diagnostik immer mehr an Bedeutung.
Tumoreigenschaften und Patientinnenverfassung bestimmen die Therapiewahl
Neben den beschriebenen Therapien der gynäkologischen Onkologie ist auch die psychische Unterstützung der Patientinnen gerade bei Entfernung von Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcken wichtig. Bei jüngeren Frauen ist eine Risikoabwägung für oder gegen bestimmte Behandlungen mit Blick auf einen möglichen Kinderwunsch wichtig. Beratungsinstitutionen und Selbsthilfegruppen bis hin zu psychotherapeutischer Betreuung der Patientinnen in den verschiedenen Lebensphasen stehen als unterstützende, supportive Behandlung zur Verfügung.
Weitere Informationen sind in der
S3-Leitlinie des Leitlinienprogramms Onkologie zu finden.