Sonntag, 22. Dezember 2024
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Gliome sind selten, aber aggressiv

Dr. rer. nat. Marion Adam

Gliome sind selten, aber aggressiv
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Gliome sind eine der häufigsten Formen von Hirntumoren. Sie bilden eine heterogene Gruppe von Tumoren, die sich aus Gliazellen entwickeln und eine bedeutende Herausforderung in der Neuroonkologie darstellen. Dieser Leitlinie gibt einen detaillierten Einblick in die Ätiologie, Symptomatik, Diagnostik, Therapie und Prävention von Gliomen, um Onkologen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
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Ätiologie und Pathogenese von Gliomen

Gliome entstehen durch unkontrolliertes Zellwachstum von Gliazellen im zentralen Nervensystem. Die genaue Ursache bleibt oft unbekannt, jedoch spielen genetische und Umweltfaktoren eine entscheidende Rolle. Erbliche genetische Mutationen wie das Li-Fraumeni-Syndrom und Neurofibromatose Typ 1 sind bekannte Risikofaktoren. Exposition gegenüber ionisierender Strahlung ist ein weiterer anerkannter Risikofaktor. Molekulare Veränderungen, wie Mutationen im IDH1-Gen, die Ko-Deletion von 1p/19q und Methylierung des MGMT-Promotors, sind entscheidend für die Klassifikation und Prognose von Gliomen.

Klassifikation von Gliomen

Gliome werden nach ihrem histologischen Typ, Grad der Malignität und molekularen Eigenschaften klassifiziert. Diese Klassifikation hilft dabei, die Prognose zu bestimmen und geeignete Therapieoptionen zu planen.

Klassifikation nach WHO-Grad

  • Grad I (Niedriggradig, benigne)
    • Pilozystisches Astrozytom: Häufig bei Kindern und Jugendlichen, meist im Kleinhirn lokalisiert, langsam wachsend.
    • Subependymales Riesenzellastrozytom: Oft bei Patienten mit tuberöser Sklerose, typischerweise im Bereich der Seitenventrikel.
  • Grad II (Niedriggradig, maligne)
    • Diffuses Astrozytom: Betrifft hauptsächlich junge Erwachsene, langsam wachsend, aber mit Infiltration in das umliegende Gewebe.
    • Oligodendrogliom: Charakterisiert durch 1p/19q-Ko-Deletion, oft bei Erwachsenen mittleren Alters, langsamer Verlauf.
    • Ependymom: Entsteht aus den Ependymzellen der Hirnventrikel, kann im gesamten zentralen Nervensystem auftreten.
  • Grad III (Anaplastisch, maligne)
    • Anaplastisches Astrozytom: Aggressiver als Grad II, häufige Progression zu Glioblastom.
    • Anaplastisches Oligodendrogliom: Ebenfalls durch 1p/19q-Ko-Deletion gekennzeichnet, aggressiver als das Oligodendrogliom Grad II.
    • Anaplastisches Ependymom: Aggressiver als das Ependymom Grad II.
  • Grad IV (Hochgradig, maligne)

Molekulare Klassifikation

Neben der histologischen Klassifikation hat die molekulare Diagnostik in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Hier sind einige wichtige molekulare Marker:

  • IDH-Mutation: Isocitrat-Dehydrogenase-Mutation, häufig bei niedriggradigen Gliomen (Grad II und III) und mit besserer Prognose assoziiert.
  • 1p/19q-Ko-Deletion: Charakteristisch für Oligodendrogliome, verbunden mit besserem Ansprechen auf Chemotherapie.
  • MGMT-Promotormethylierung: Ein Marker für die DNA-Reparatur, assoziiert mit besserem Ansprechen auf Temozolomid-Chemotherapie bei Glioblastomen.
  • TP53-Mutation: Häufig bei Astrozytomen und Glioblastomen.
  • H3K27M-Mutation: Ein spezifischer Marker für diffuse Mittelliniengliome, insbesondere bei Kindern.

Klinikopathologische Subtypen

  • Astrozytome: Tumoren, die aus Astrozyten entstehen.
  • Oligodendrogliome: Tumoren, die aus Oligodendrozyten entstehen.
  • Ependymome: Tumoren, die aus Ependymzellen entstehen.
  • Gemischtzellige Gliome: Tumoren mit Merkmalen von mehr als einem Zelltyp, z.B. oligoastrozytische Tumoren.

Klinische Präsentation von Gliomen

Die Symptome von Gliomen sind vielfältig und hängen stark von der Tumorlokalisation, -größe und -wachstumsrate ab. Häufige klinische Manifestationen umfassen:

  • Kopfschmerzen: Besonders häufig bei erhöhter intrakranieller Drucksteigerung, morgendlichen Kopfschmerzen oder bei Positionswechsel.
  • Epileptische Anfälle: Oft als erste klinische Symptome.
  • Neurologische Defizite: Sprachstörungen, Hemiparesen, visuelle Defizite und Sensibilitätsstörungen sind abhängig von der betroffenen Hirnregion.
  • Kognitive und Persönlichkeitsveränderungen: Insbesondere bei frontal gelegenen Tumoren.

Wie erfolgt die Diagnose von Gliomen?

Die Diagnostik von Gliomen umfasst mehrere Stufen:

  1. Klinische Untersuchung: Eine umfassende neurologische Untersuchung ist grundlegend.
  2. Bildgebung: Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist das primäre bildgebende Verfahren zur Diagnose und Beurteilung von Hirntumoren. Eine Kontrastmittel-verstärkte MRT kann zusätzliche Informationen über die Tumorgrenzen und mögliche Nekrosebereiche liefern. In speziellen Fällen kann eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) zur weiteren Charakterisierung eingesetzt werden.
  3. Biopsie: Zur histopathologischen Bestätigung und molekularen Charakterisierung wird eine Gewebeprobe entnommen. Die histologische Klassifikation erfolgt nach der WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems.
  4. Molekulare Diagnostik: Genetische und epigenetische Marker wie IDH-Mutation, 1p/19q-Ko-Deletion und MGMT-Promotormethylierung spielen eine wesentliche Rolle bei der weiteren Therapieplanung und Prognoseabschätzung.

Welche Therapieoptionen gibt es bei Gliomen?

  1. Die Behandlung von Gliomen ist multimodal und wird individuell an den Patient:innen angepasst. Die Hauptsäulen der Therapie umfassen:
  2. Chirurgie: Die Resektion des Tumors ist oft der erste und wichtigste Therapieschritt. Ziel ist die maximale Tumorresektion unter Schonung des funktionellen Hirngewebes. Die intraoperative MRT und fluoreszenzgestützte Resektion (z.B. mit 5-ALA) können die Resektionsraten verbessern.
  3. Strahlentherapie: Postoperative Strahlentherapie ist besonders bei hochgradigen Gliomen (WHO Grad III und IV) essentiell. Fraktionierte Stereotaktische Strahlentherapie (FSRT) und Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) sind gängige Techniken.
  4. Chemotherapie: Temozolomid ist das Standard-Chemotherapeutikum bei Glioblastomen, häufig in Kombination mit Strahlentherapie. PCV (Procarbazin, CCNU und Vincristin) wird bei Oligodendrogliomen mit 1p/19q-Ko-Deletion eingesetzt.
  5. Targeted Therapy und Immuntherapie: Neue Ansätze beinhalten zielgerichtete Therapien gegen spezifische molekulare Marker sowie Immuntherapien wie Checkpoint-Inhibitoren.

Prognose und Nachsorge bei Gliomen

Die Prognose von Gliomen variiert stark und hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich des histologischen Typs, molekularer Marker, des Resektionsgrades und des Alters des Patient:innen. Niedriggradige Gliome (WHO Grad II) haben eine bessere Prognose als hochgradige Gliome (WHO Grad III und IV). Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen sind unerlässlich, um Rezidive frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig behandeln zu können. Dies umfasst regelmäßige MRT-Kontrollen und neurologische Untersuchungen.

Lebensqualität und Rehabilitation bei Gliomen

Die Lebensqualität von Gliom-Patient:innen kann durch gezielte Rehabilitationsmaßnahmen erheblich verbessert werden:

  • Physio- und Ergotherapie sind entscheidend für die Wiederherstellung motorischer und kognitiver Funktionen.
  • Spezialisierte neuropsychologische Interventionen helfen bei der Bewältigung kognitiver Defizite und der emotionalen Anpassung.
  • Machine-Learning-Modelle können verwendet werden, um vorherzusagen, wie sich verschiedene Faktoren auf die Lebensqualität auswirken. Diese Modelle können das Risiko eines Rückgangs der Lebensqualität bewerten und helfen, individuelle Rehabilitationspläne zu erstellen.
  • Psycho-soziale Unterstützung ist ebenso wichtig, um den emotionalen und praktischen Herausforderungen der Krankheit zu begegnen. Psychologische Beratung und soziale Dienste können helfen, die Belastungen zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.

Forschung und zukünftige Therapieansätze bei Gliomen

  • Vorasidenib: Die FDA hat kürzlich Vorasidenib, ein dualer Inhibitor der mutierten IDH1- und IDH2-Enzyme, für die Behandlung von IDH-mutierten niedriggradigen Gliomen zugelassen.
  • Immuntherapie: Immuntherapeutische Ansätze, einschließlich Checkpoint-Inhibitoren, CAR-T-Zelltherapien, Impfstoffe und onkolytische Viren, zeigen großes Potenzial in der Behandlung von Gliomen. Trotz der Herausforderungen durch das immunsuppressive Tumormikroumfeld und die Blut-Hirn-Schranke bieten diese Ansätze neue Hoffnung für die Patient:innen.
  • Aggressive Chirurgie: Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine aggressive chirurgische Entfernung von niedriggradigen Gliomen die Überlebensraten verbessern kann. Eine umfangreiche Resektion, bei der mindestens 75% des Tumors entfernt werden, ist mit einer signifikant besseren langfristigen Prognose verbunden.
 
FAQ
Häufig gestellte Fragen von Patient:innen zum Thema neuroendokrine Tumore

Was sind die Ursachen von Gliomen?

Gliome entstehen durch das unkontrollierte Wachstum von Gliazellen. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, jedoch spielen genetische und Umweltfaktoren eine wesentliche Rolle. Genetische Mutationen wie das Li-Fraumeni-Syndrom und Neurofibromatose Typ 1 erhöhen das Risiko, an einem Gliom zu erkranken. Zudem können ionisierende Strahlung und bestimmte chemische Expositionen zur Entstehung beitragen. Forschungsergebnisse zeigen, dass das Zusammenspiel mehrerer Faktoren die Entwicklung dieser Tumoren beeinflusst.

Welche Symptome treten bei Gliomen auf?

Die Symptome von Gliomen sind vielfältig und hängen stark von der Lage und Größe des Tumors ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Kopfschmerzen: Typischerweise verschlimmern sich diese bei körperlicher Anstrengung oder Positionsänderungen.
  • Epileptische Anfälle: Diese treten oft als erstes Symptom auf.
  • Neurologische Defizite: Dazu zählen Sprach- und Sehstörungen, motorische Schwächen und Sensibilitätsstörungen.
  • Kognitive Veränderungen: Veränderungen im Gedächtnis, Persönlichkeitsveränderungen und Verwirrtheit sind ebenfalls häufig.

Wie wird die Diagnose von Gliomen gestellt?

Die Diagnose eines Glioms erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung durchgeführt. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) sind essentiell für die Lokalisation und Beurteilung des Tumors. In manchen Fällen wird zusätzlich eine Computertomographie (CT) eingesetzt. Eine Biopsie ist notwendig, um eine definitive Diagnose zu stellen und den Tumor histopathologisch zu klassifizieren. Molekulare Diagnostik kann spezifische genetische Mutationen und Biomarker identifizieren, die für die Therapieplanung von Bedeutung sind.

Welche Therapieoptionen gibt es für Gliome?

Die Behandlung von Gliomen ist komplex und erfordert ein multimodales Vorgehen. Zu den Haupttherapieoptionen gehören:

  • Operation: Die chirurgische Entfernung des Tumors ist oft der erste Schritt. Ziel ist es, möglichst viel Tumorgewebe zu entfernen, ohne gesundes Hirngewebe zu schädigen.
  • Strahlentherapie: Nach der Operation wird häufig eine Strahlentherapie durchgeführt, um verbleibende Tumorzellen zu zerstören. Bei inoperablen Tumoren kann sie auch primär eingesetzt werden.
  • Chemotherapie: Der Einsatz von Chemotherapeutika wie Temozolomid kann das Tumorwachstum hemmen und wird oft in Kombination mit Strahlentherapie angewendet.
  • Targeted Therapy: Bei bestimmten genetischen Mutationen können zielgerichtete Therapien, die spezifische Signalwege im Tumor blockieren, eingesetzt werden.
  • Supportive Therapie: Maßnahmen zur Symptomkontrolle und Verbesserung der Lebensqualität, wie Schmerztherapie und Physiotherapie, sind ebenfalls wichtig.

Wie kann man Gliomen vorbeugen?

Da die genauen Ursachen von Gliomen nicht vollständig bekannt sind, gibt es keine spezifischen Maßnahmen zur Prävention. Dennoch können allgemeine Empfehlungen zur Reduzierung des Krebsrisikos hilfreich sein:
Vermeidung von ionisierender Strahlung: Außerhalb medizinischer Notwendigkeit sollte unnötige Strahlenbelastung vermieden werden.
Gesunde Lebensweise: Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und der Verzicht auf Rauchen können das allgemeine Krebsrisiko senken.
Genetische Beratung: Bei familiärer Vorbelastung können genetische Beratungen helfen, das persönliche Risiko besser einzuschätzen.

 

Weitere Details zum Thema Gliom finden Sie unter www.journalonko.de

Redaktion journalonko.de

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