Leukämien und Lymphome
Dr. rer. nat. med. habil. Eva GottfriedBösartige Erkrankungen des blutbildenden und lymphatischen Systems können bei Erwachsenen und Kindern in sehr vielfältigen Formen auftreten, von langsam wachsend bis hochmalig und schnell voranschreitend. Sie entwickeln sich aus genetisch veränderten Zellen, die sich übermäßig stark vermehren, in Blut, Knochenmark oder Lymphknoten ansammeln und die normale Blutbildung massiv stören. Hier finden Sie einen Überblick über diese Erkrankungen.
Formen der Leukämien und Lymphome
Häufig werden sie grob eingeteilt in:- Leukämien (akute und chronische)
- Lymphome (Hodgkin-Lymphome und Non-Hodgkin-Lymphome)
- myeloproliferative Erkrankungen (z.B. CML)
- myelodysplastische Syndrome
Welche Möglichkeiten gibt es bei der Diagnose und Behandlung?
Die Diagnose wird anhand zellulärer und molekularer Marker von Patientenzellen gestellt, die zunehmend die Therapiewahl bestimmen. Neben Chemotherapie, Strahlentherapie und Stammzelltransplantation werden für die Behandlung immer mehr zielgerichtete Therapien und Immuntherapien wie CAR-T-Zellen entwickelt.Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
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Was ist der Unterschied zwischen Leukämien und Lymphomen?
Leukämien und Lymphome werden immer wieder ungenau als Blutkrebs bezeichnet. Sie unterscheiden sich aber darin, wo sie im Körper am häufigsten zu finden sind:• Lymphome: Ansammlung der veränderten Zellen in Lymphknoten
• Leukämien: Ansammlung der veränderten Zellen in Knochenmark und Blut des gesamten Körpers
Was sind akute Leukämien und chronische Leukämien?
Bei Leukämien unterscheidet man je nach Voranschreiten der Erkrankung zwischen- akuten Leukämien und
- chronischen Leukämien
Was hat Blutbildung mit Krebs zu tun?
Ein gesunder Mensch hat eine relativ konstante Zahl von Blutzellen, zu denen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die Blutplättchen (Thrombozyten) und die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) zählen. Die Zellen übernehmen Funktionen wie Sauerstofftransport (rote Blutkörperchen), Blutgerinnung (Blutplättchen) und Immunabwehr durch Leukozyten (weiße Blutzellen). Zu diesen zählen auch B-Lymphozyten (B-Zellen) und T-Lymphozyten (T-Zellen). Weil Blutzellen nur eine begrenzte Lebensdauer haben, werden im blutbildenden System täglich mehrere Milliarden neue Zellen gebildet. Dies geht von den Stammzellen im Knochenmark aus, das zum lymphatischen System des Körpers zählt, wie auch die Lymphknoten, die Milz und die Mandeln. Die Bildung der Blutzellen verläuft über 2 Entwicklungslinien: den myeloischen Vorläuferzellen und den lymphatischen Vorläuferzellen. Dabei entwicklen sich durch mehrfache Teilung und Reifung (Differenzierung) die verschiedenen Arten gesunder, reifer Zellen. Diese wandern aus dem Knochenmark in den Körper aus und erfüllen dort ihre Funktionen.Aus verschiedenen Gründen, wie Alter, Risikofaktoren u.a., kommt es immer wieder zu Mutationen (genetischen Veränderungen) in den Vorläuferzellen der Blutzellen, die sich daraufhin unkontrolliert vermehren. Deshalb wird häufig sehr unscharf von „Blutkrebs“ gesprochen. Der Name Leukämie stammt von „leukos“, altgriechisch für weiß, und spielt darauf an, dass die Patienten übermäßig viele weiße Blutzellen (Leukozyten) haben und die gesunden Blutzellen verdrängt werden. Die unterschiedlichen Leukämie-Formen werden danach unterschieden, von welcher Entwicklungsreihe und Stufe sie sich ableiten. Die Bezeichnung Blutkrebs ist sehr ungenau.
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Einteilung der Leukämien nach ihrer Entwicklungsreihe
Man unterscheidet:Was bedeutet AML, CML, ALL, CLL?
Aus der Kombination von Ursprungszellen und Verlaufsform ergeben sich Bezeichnungen wie:- akute myeloische Leukämie (AML)
- chronische myeloische Leukämie (CML)
- akute lymphatische Leukämie (ALL)
- chronische lymphatische Leukämie (CLL) (die inzwischen auch zu den indolenten Lymphomen zählt)
Wie viele Menschen erkranken jährlich an Leukämie?
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 5.300 Frauen und 6.800 Männer neu an einer Leukämie, d.h. 7,6 von 100.000 Frauen, bzw. 11,6 von 100.000 Männern.Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
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Welche Risikofaktoren und Symptome hat eine Leukämie?
Die genetischen Veränderungen in Leukämiezellen sind in der Regel nicht erblich, sondern werden vom Betroffenen im Laufe seines Lebens erworben. Als Risikofaktoren gelten der Umgang mit bestimmten Chemikalien wie Benzol, eine vorausgegangene Chemotherapie oder der Kontakt mit hoher radioaktiver Strahlung. Eine besondere Form der Früherkennung gibt es nicht.Akute Formen müssen möglichst schnell behandelt werden; sie treten sehr plötzlich mit unspezifischen Symptomen auf, wie
- deutliche Abgeschlagenheit,
- Infektneigung mit Fieber,
- und Blutungen.
Welche Symptome hat ein Lymphom?
Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 20.000 Menschen an einem Lymphom, bei dem sich veränderte Lymphozyten im Lymphknoten ansammeln. Je nach Entwicklungsreihe gibt es hier T-Zell-Lymphome und B-Zell-Lymphome.Gutartige Lymphome äußern sich häufig durch vergrößerte, druckempfindliche Lymphknoten. Doch auch bösartige Lymphome zeigen anfangs oft nur unspezifische Symptome wie
- geschwollene Lymphknoten,
- Fieber,
- und Gewichtsverlust.
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Welche Lymphomformen gibt es?
Es gibt Formen mit gutartigem, langsamem Verlauf und bösartige, hochmaligne Formen mit aggressivem Verlauf.
Zu den malignen Formen zählen u.a.
- Hodgkin-Lymphome
- Non-Hodgkin-Lymphome
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Des Weiteren gibt es u.a.
- niedrig-maligne Lymphome (indolent, langsam wachsend, wie CLL)
- hochmaligne Lymphome (wie Burkitt-Lymphom)
- Multiples Myelom (zählt auch zu Plasmazellerkrankungen)
Was ist der Unterschied zu Lymphknotenmetastasen?
Wichtig ist die Unterscheidung von Lymphknotenmetastasen. Solche Absiedelungen (Metastasen) von anderen Krebserkrankungen finden sich nicht nur in Lymphknoten, sondern auch in anderen Organen.Wie werden hämatologische Krebserkrankungen aufgespürt?
Es gibt eine Vielzahl von hämatolgischen Krebserkrankungen, die eine unterschiedliche Behandlung erfordern. Deshalb ist die genaue Bestimmung des individuellen Subtyps für die Wahl der Behandlung des Patienten und für seine Prognose wichtig.Zur Diagnostik wird ein ganzes Spektrum von Nachweismethoden genutzt, wie
- morphologische
- biochemische
- zytogenetische
- molekulargenetische Methoden
- zelluläre Oberflächenmarker (CD-Antigene) werden u.a. mittels Immunhistochemie und Durchflusszytometrie analysiert
- genetische Veränderungen (molekulare Marker) werden u.a. mittels Sequenzierung analysiert
- chromosomale Veränderungen werden u.a. mittels Chromosomenbänderung und FISH (Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung) analysiert
Im Zuge der Blut- und Knochenmarkuntersuchung wird häufig etwas Probenmaterial des Patienten aufgehoben („asserviert“), um eventuell später weitere Untersuchungen durchführen zu können, deren Information die Therapiewahl unterstützen kann.
Gibt es eine Klassifikation für alle hämatologischen Krebserkrankungen?
Nachdem inzwischen sehr viele unterschiedliche Typen und Subtypen bekannt sind, ist die Einteilung in akute und chronische Leukämien, maligne Lymphome (Hodgkin-Lymphome und Non-Hodgkin-Lymphome), myeloproliferative Erkrankungen und myelodysplastische Syndrome für die Klinik zu ungenau.Hier werden eine ganze Reihe von Einteilungen kombiniert, wie
- WHO-Klassifikation (Nachweis von zyto- und molekulargenetischen Faktoren)
- FAB-Klassifikation (Nachweis morphologischer Faktoren) (FAB = French-American-British, Einteilung)
- EGIL-Klassifikation (Nachweis von Oberflächenmarkern) (EGIL = European Group for the Immunological Characterization of Leukemias)
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Welche Therapien stehen zur Verfügung?
Mithilfe der Behandlung sollen möglichst viele Krebszellen zerstört oder zumindest an der weiteren Vermehrung gehindert werden. Je nach Erkrankung sowie Alter und Allgemeinzustand des Patienten wird eine individuelle Therapie gewählt. So wird eine chronische Leukämie anders behandelt als eine akute Leukämie, bei der sehr schnell und stärker gehandelt werden muss.Möglichkeiten der Therapie sind u.a.
- Chemotherapie
- Strahlentherapie
- zielgerichtete Therapien mit Antikörpern und Small Molecules
- Immuntherapien, wie CAR-T-Zell-Therapie
- Stammzelltransplantation (SZT)
Was ist eine minimale Resterkrankung?
Werden die Krebszellen durch die Therapie zurückgedrängt und kann der Körper wieder ausreichend gesunde Blutzellen bilden, spricht man von kompletter Remission. Nach 5 Jahren ohne Rückfall (Rezidiv), gilt der Patient als geheilt.Leukämiezellen, die nach der Therapie noch im Körper vorhanden sind, werden als minimale Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) bezeichnet. Diese müssen weiterhin beobachtet werden, um rechtzeitig zu erkennen, wenn es zu einem Rückfall kommt.
Zur Bestimmung der MDR werden Patientenproben mit verschiedenen molekularen Techniken untersucht, wie
- PCR-Analyse bekannter Fusionsgene
- Nachweis klonaler Gen-Rearrangements (Immunglobulin-Gene)
- Bestimmung von Oberflächenantigenen mithilfe von Durchflusszytometrie
Red. journalonko.de
Literatur:- Das Krankheitsbild Leukämie, Kompetenznetz Leukämie.
- https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Leukaemien/leukaemien_inhalt.html.
- https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/leukaemien/index.php.
- https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/lymphome/index.php.
- Onkopedia-Leitlinien zu verschiedenen malignen Lymphomen der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) (abgerufen am 16.07.2021).
- Lymphome, Kompetenznetz Maligne Lymphome, https://lymphome.de/allgemeine-einfuehrung/.