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JOURNAL ONKOLOGIE 03/2022

Multiples Myelom: Neue Targets und Therapieoptionen

Dr. rer. nat. Anita Schweiger

Multiples Myelom: Neue Targets und Therapieoptionen
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Bis Ende der 70er Jahre waren Bestrahlung und Bluttransfusion die einzigen Therapieoptionen beim Multiplen Myelom (MM), berichtete Prof. Dr. Hermann Einsele, Würzburg. Heute stehen eine Vielzahl neuer Medikamente für die MM-Therapie zur Verfügung, die zu einer deutlichen Prognoseverbesserung geführt haben.

VRd + Daratumumab verbessert MRD-Negativität beim Multiplen Myelom

Die Therapieschemata beim Multiplen Myelom werden immer komplexer. Beispielsweise werden für die Induktionstherapie vor der Stammzelltransplantation 3 Substanzen verwendet. Durch die Hinzunahme von Daratumumab als vierte Substanz zu VRd (Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason) konnte in der GRIFFIN-Studie (1) nochmals ein deutlich tieferes Ansprechen und eine verbesserte MRD-Negativität erzielt werden. Nach 3 Jahren waren fast 90% der Patient:innen noch krankheitsfrei. Ein beeindruckendes Ergebnis, sagte Einsele.
 
 

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Therapieoptionen bei stark vorbehandelten Patient:innen mit Multiplen Myelom begrenzt

Der Fortschritt hat aber auch einen Nachteil. Da sehr viele Substanzen- und Substanzkombinationen inzwischen in der Erst- und Zweitlinie eingesetzt werden, sind die Therapieoptionen für Patient:innen, die resistent geworden sind, sehr begrenzt. Die auf dem ASH vorgestellte prospektive Real-World-Studie LocoMMotion (2) konnte zeigen, dass die Ansprechrate von Patient:innen mit r/r MM, die zuvor ≥ 3 Therapielinien erhalten haben, nur noch bei 29,8% lag und die Dauer der Krankheitskontrolle (mDOR) bei 7,4 Monaten (2). Hier beginnt laut Einsele die Domäne der CAR-T-Zelltherapie und der bispezifischen Antikörper. Eine zweite Gruppe von Patient:innen, bei denen Einsele zufolge diese neuen Therapien zum Einsatz kommen werden, sind jene mit Hochrisikokriterien, die trotz intensiver Therapie kein langes krankheitsfreies Überleben erreichen.

CAR-T-Zell-Therapie gute Option bei stark vorbehandelten Patient:innen mit Multiplen Myelom

Eine CAR-T-Zell-Therapie hat den Vorteil, dass sie nur einmalig durchgeführt werden muss, sagte Einsele. Dafür werden T-Zellen aus dem Blut der Patient:innen entnommen und mit einem Gen für eine Bindungsstelle ausgestattet, die gegen das auf Myelomzellen exprimierte B-Zell-Reifungsantigen (BCAM) gerichtet ist.

Ide-cel beim Multiplen Myelom

Mit dem CAR-T-Zellprodukt Ide-cel (Idecabtagen vicleucel), das 2021 von der FDA und EMA für Patient:innen mit r/r MM zugelassen wurde, konnte in der KarMMa Studie (3) bei massiv vorbehandelten Patient:innen mit ungünstigen Kriterien eine Ansprechrate von 81,5% und komplette Remissionen (CR/sCR) von 35,2% erreicht werden. Zum Vergleich: In der MASTER-Studie (4) wurde mit den bestmöglichen Therapien in einer vergleichbaren Patientengruppe lediglich ein Ansprechen von 29% erzielt.

Cilta-cel beim Multiplen Myelom

Cilta-cel (Ciltacabtagen Autoleucel) ist ein neues CAR-T-Zellprodukt, das von der Firma Janssen weiterentwickelt wurde. In der CARTITUDE-1-Studie (5, 6), deren Update auf dem ASH vorgestellt wurde, konnten bei Patient:innen mit sehr weit fortgeschrittenem und stark vorbehandeltem MM nach einem medianen Follow-up von 18 Monaten eine Ansprechrate von 97,9% und 80,4% stringente komplette Remissionen (sCR) erzielt werden. Von den 61 für die MRD evaluierbaren Patient:innen waren 92% MRD-negativ. Alle MRD-negativen Patient:innen waren nach 2 Jahren noch krankheitsfrei. Dies sind Ergebnisse, die selbst in der Erstlinie mit der besten Therapie nicht erreicht werden, betonte Einsele.

Baldige T-Zellentnahme bei frühem Rezidiv

Eine neue Strategie zielt darauf ab, die CAR-T-Therapie noch effektiver zu machen, indem die T-Zellen zu einem früheren Zeitpunkt entnommen werden, wenn sie noch „fitter“ sind. Die CARTITUDE-2 Studie (7) untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit dieses Ansatzes bei Patient:innen mit frühem Rezidiv nach initialer Therapie. Auch bei diesen prognostisch sehr ungünstigen Patient:innen konnte eine Ansprechrate von 95% erzielt werden, und die Tiefe des Ansprechens nimmt mit der Zeit zu. Die Toxizitäten entsprachen denen in der CARTITUDE-1-Studie.
 
 

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Bispezifische Antikörper führen bei Patient:innen mit Multiplen Myelom zu sehr gutem partiellen Ansprechen

Bispezifische Antikörper sind weltweit erstmals am Universitätsklinikum Würzburg bei MM- Patient:innen eingesetzt worden. Der gegen BCMA gerichtete bispezifische Antikörper Teclistamab ist in der Entwicklung am weitesten fortgeschritten, berichtete Einsele. In der auf dem ASH vorgestellten MajesTEC-1-Studie (8) konnte bei sehr stark vorbehandelten Patient:innen ein Ansprechen von 62% erzielt werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Ansprechen dauerhaft war und sich im Laufe der Zeit vertiefte. 58% der Patient:innen, die Teclistamab erhielten, erreichten ein sehr gutes partielles Ansprechen (VGPR) oder besser; 29% ein CR oder besser; und 21% ein sCR. Das mediane Gesamtüberleben (OS) wurde noch nicht erreicht. Nach den Ergebnissen einer Phase 1b-Studie (9) kann durch die Kombination von Teclistamab und Daratumumab die Wirksamkeit noch weiter gesteigert werden. Dieser Ansatz werde weiter verfolgt, so Einsele.

Trotz bispezifischen Antikörper und CAR-T-Zellen werden beim Multiplen Myelom neue Optionen benötigt

Die Myelomzellen können sich der Überwachung durch die bispezifischen Antikörper und CAR-T-Zellen entziehen, indem das Zielantigen BCMA irreversibel verloren geht. Deshalb werden neue Targets benötigt, sagte Einsele. Eines dieser neuen Targets ist GPRC5D, gegen den der neue bispezifische Antikörper Talquetamab gerichtet ist. Für Talquetamab wurden auf dem ASH Ergebnisse der Phase-1-Dosis-Eskalationsstudie MonumenTAL-1 (10) vorgestellt. Stark vorbehandelte r/rMM-Patient:innen, die Talquetamab erhielten, erzielten hohe Gesamtansprechraten, die sich im Laufe der Zeit vertieften. Auch bei längerer Nachbeobachtung wurden keine neuen Sicherheitssignale festgestellt.

Quelle: Post-ASH-Update „Neues zur Therapie maligner hämatologischer Erkrankungen“, 01.02.2022; Veranstalter: Janssen

Literatur:

(1) Laubach JP et al. ASH 2021. Abstr. 79
(2) Moreau P et al. Blood 2021; 138 (Suppl 1) 2057
(3) Yi Lin et al., ASH 2020; Abstr. 131
(4) Costa et al. Blood 2021; 138 (Suppl 1) 481-483
(5) Martin T et al. Blood 2021;138 (Suppl1)549
(6) Mateos MV et al. Blood 2021; 138 (Suppl 1) 550
(7) Van de Donk NWCJ et al. Blood 2021; 138 (Suppl1) 2910
(8) Moreau P et al. Blood 2021; 138 (Suppl 1) 869
(9) Rodriguez-Otro P et al. Blood 2021;138 (Suppl 1):1647
(10) Krishnan A et al. Blood 2021; 138 (Suppl 1) 158


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