Tag der Organspende soll informieren und bei Entscheidungsfindung helfen
Angesichts rückläufiger Organspendezahlen im vergangenen Jahr ruft Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach dazu auf, den
Tag der Organspende zu nutzen, um sich zu informieren, eine persönliche Entscheidung zu treffen und diese zu dokumentieren. „Nur so können Sie sicher sein, dass Ihr persönlicher Wille umgesetzt wird, Ihre Angehörigen von einer schweren Entscheidung entlastet werden und Sie die Chance haben, nach Ihrem Tod anderen Menschen zu helfen. Zeigen Sie Solidarität mit den Menschen auf den Wartelisten. Organspenden retten Leben, möglicherweise auch einmal das Ihrer Angehörigen, Freunde oder sogar Ihr eigenes.“
Um die Situation der mangelnden Willensdokumentation zu verbessen, trat zum 1. März 2022 das „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ in Kraft. Ein wichtiger Baustein ist das Online-Register, in dem Bürgerinnen und Bürger ihre Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende digital hinterlegen können und das voraussichtlich im ersten Quartal 2024 zur Verfügung stehen wird. Erfahrungen anderer Ländern zeigen allerdings, dass in der Regel weniger als die Hälfte der Bevölkerung die Möglichkeit zur Registrierung nutzt.
Deshalb plädiert Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach zum Tag der Organspende dafür, erneut über eine Gesetzesänderung nachzudenken und über die Einführung der Widerspruchslösung im Parlament zu diskutieren: „Das sind wir denjenigen schuldig, die vergeblich auf Organspenden warten. Die Widerspruchslösung lässt jeder Person die Entscheidungsfreiheit, über ihre Organe selbst zu bestimmen. Gleichzeitig ist sie ein Anstoß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Vor allem aber bietet die Einführung der Widerspruchslösung die Chance zu einem Paradigmenwechsel bei der Organspende.“
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Erschienen am 03.04.2023 • Im vergangenen Jahr gab es der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge in Deutschland gerade mal 869 Organspender. Kann die Widerspruchslösung helfen die Zahl der Spenden zu erhöhen?
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Dass eine solche Regelung die aktive Auseinandersetzung jedes Einzelnen mit dem Thema fördern würde, schätzen viele Experten auf dem Gebiet der Organspende und Transplantation ähnlich ein. Der Medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Dr. med. Axel Rahmel, sieht in der Widerspruchslösung einen wichtigen Ansatz, um eine Kultur der Organspende in Deutschland zu fördern und erwartet zusätzlich positive Synergien in den Kliniken. Gleichzeitig weist Rahmel aber darauf hin, dass eine Gesetzesänderung nur den Rahmen schaffen kann, in dem sich alle an der Gemeinschaftsaufgabe Organspende Beteiligten bewegen. „Das Wichtigste ist, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen und das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verlieren: die Patienten auf den Wartelisten. Wenn wir den Menschen helfen wollen, müssen wir fernab von allen politisch oder ideologisch geprägten Debatten nach praktikablen Lösungen suchen und diese Hand in Hand umsetzen“, fordert Rahmel.
Im Zweifelsfall geben Angehörige oft keine Zustimmung
Die Statistiken der Deutschen Stiftung Organtransplantation aus 2022 verdeutlichen, dass ein wesentlicher Grund für die geringen Organspendezahlen die fehlende Zustimmung zur Organspende war. Von nur 15% aller möglichen Spenderinnen und Spendern lag in 2022 eine schriftliche Erklärung vor. Viel zu oft mussten demnach die Angehörigen um eine Entscheidung gebeten werden. Entschieden sie anhand des mutmaßlichen Willens der Verstorbenen, lag die Zustimmungsrate bei 54%. Mussten die Angehörigen allein nach eigenen Wertvorstellungen entscheiden, erfolgte hingegen in fast 80% der Fälle keine Zustimmung zur Organspende. Und das, obwohl die repräsentativen Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) regelmäßig ergeben, dass über 80% der Bevölkerung einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüberstehen. Das zeigt deutlich, wie schwierig es für die Familien ist, diese Entscheidung stellvertretend für eine andere Person zu treffen. Eine Entscheidung, die aber möglicherweise Leben retten kann. Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der BZgA motiviert zur Entscheidung: „Meine Bitte an Sie: Nehmen Sie den Tag der Organspende zum Anlass, mit Familie und Freunden über das Thema Organspende zu sprechen, treffen Sie Ihre Entscheidung und halten Sie diese in einem Organspendeausweis fest. Obwohl wir eine überwiegend positive Einstellung zur Organspende in Deutschland beobachten, haben noch immer zu wenige Menschen ihre Entscheidung dokumentiert. Die BZgA unterstützt Sie dabei mit Antworten auf Ihre Fragen auf organspende-info.de.“
Organspendezahlen auf niedrigem Niveau
Dass dringend Handlungsbedarf besteht, zeigen die Organspendezahlen des vergangenen Jahres, die einen neuen Tiefpunkt markieren. Bundesweit gab es 869 postmortale Organspender, ein Minus von fast 7% gegenüber dem Jahr 2021. In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat sich die Anzahl der Organspenden nach dem Einbruch in 2022 wieder dem Niveau der Vorjahre angenähert. Von Januar bis April 2023 gab es bundesweit 311 Organspender. Dadurch konnten 954 Organe für eine Transplantation an die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant gemeldet werden. Die Ergebnisse liegen zwar deutlich über denen im Vergleichszeitraum 2022, aber noch unter denen der Jahre 2020 und 2021.
Umso wichtiger sei es, bundesweit ein Zeichen zu setzen und die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf das Schicksal der rund 8.500 Menschen zu lenken, die auf eine lebensrettende Transplantation warten, sind sich alle Organisatoren vom Tag der Organspende einig.
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Patientenverbände sagen „DANKE“
Selbsthilfeverbände haben vor 40 Jahren den Tag der Organspende ins Leben gerufen, um auf diesem Weg den Menschen symbolisch „Danke“ zu sagen, die sich für eine Organspende entschieden haben.
„Wir haben in Deutschland eine erfolgreiche Transplantationsmedizin und dennoch sterben an jedem Tag Patientinnen und Patienten, denen mit einer Transplantation hätte geholfen werden können. Jedes Organ zählt und kann für einen Menschen auf der Warteliste eine Entscheidung über Leben und Tod bedeuten“, erklärt Sandra Zumpfe, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Organtransplantierten (BDO). Sandra Zumpfe weiß genau, wovon sie spricht. Im Alter von 35 Jahren rettete im Jahre 2013 eine Herztransplantation ihr Leben und vier Jahre später spendete ihr Mann ihr eine Niere. Seitdem lebt sie glücklich und genießt ihr neu geschenktes Leben voller Dankbarkeit.
Ihre Dankbarkeit gegenüber den Organspenderinnen und Organspendern machen die Transplantierten mit der Aktion „Geschenkte Lebensjahre“ jedes Jahr erneut sichtbar und schenken der Organspende viele Gesichter.