Therapiestandard bei AML: Hochdosis-Chemotherapie vor einer Transplantation von Blutstammzellen
Bei Patient:innen mit einer Akuten Myeloischen Leukämie wird bislang vor einer Transplantation allogener Blutstammzellen versucht, mit einer Hochdosis-
Chemotherapie die Erkrankung soweit zurückzudrängen, dass eine Komplettremission vorliegt.
Kein signifikanter Vorteil durch Komplettremission für OS und krankheitsfreiem Überleben
In einer groß angelegten bundesweiten Studie, die maßgeblich von der gemeinnützigen Organisation DKMS finanziert worden ist, konnte ein Forschendenteam nun erstmals zeigen, dass die bisher angestrebte Komplettremission keinen signifikanten Vorteil für das Gesamtüberleben und das krankheitsfreie Überleben bringt. Vielmehr deutet die Studie darauf hin, dass bei Vorhandensein eines HLA-kompatiblen Spenders (human leukocyte antigens), eine 12-tägige vorbereitende Chemotherapie mit anschließender sofortiger Transplantation vergleichbare Behandlungsergebnisse bei geringeren Nebenwirkungen und kürzeren Klinikaufenthalten bringt.
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Ergebnisse legen frühe Transplantation von Blutstammzellen bei AML nahe
„Die Ergebnisse unserer Studie bringen einen internationalen Standard der Leukämietherapie ins Wanken und waren auch für uns überraschend“, betont Studienleiter Prof. Johannes Schetelig. „Sie legen nahe, dass bei Verfügbarkeit eines HLA-kompatiblen Stammzellspenders die Transplantation so schnell wie möglich erfolgen sollte, auch wenn im Körper der Patient:in weiterhin Leukämiezellen nachweisbar sind. Eine sofortige Transplantation ohne zuvor angestrebte vollständige Zurückdrängung der Erkrankung kann Nebenwirkungen insgesamt verringern und Krankenhausaufenthalte verkürzen.“
Stammzelltransplantation als effektivste Therapie bei Patient:innen mit therapieresistenter oder wiederkehrender AML
„Die allogene Stammzelltransplantation ist die effektivste Behandlungsmöglichkeit bei Patient:innen mit therapieresistenter oder wiederkehrender
AML. Die bislang angestrebte vorherige Komplettremission ist selbst mit intensiven Chemotherapien nur bei etwa 50% der Betroffenen überhaupt erreichbar. Ist die entsprechende Behandlung nicht erfolgreich, erhalten Patient:innen in Deutschland oft weitere Therapien mit ähnlich unbefriedigenden Erfolgschancen. Alternativ kann auf das Ziel einer Komplettremission verzichtet werden und nach entsprechender Vorbehandlung direkt eine Stammzelltransplantation angeboten werden“, sagt Erstautor Prof. Matthias Stelljes, Leiter des Bereichs Knochenmarktransplantation am Universitätsklinikum Münster. „In anderen Ländern mit weniger umfassender Gesundheitsversorgung erfolgt nach gescheiterter Komplettremission auch aus Kostengründen häufig keine Stammzelltransplantation mehr. Der Verzicht auf diesen kostenintensiven Zwischenschritt könnte somit weltweit mehr AML-Patienten die Möglichkeit einer Stammzelltransplantation eröffnen, die vielfach die einzige Chance auf Heilung bedeutet.“
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Studie vergleicht schnellstmögliche Transplantation mit vorheriger Komplettremission
In der Studie wurden 276 erwachsene AML-Patient:innen behandelt, die aufgrund eines schlechten Ansprechens auf die initiale Chemotherapie oder eines Rückfalls eine allogene Stammzelltransplantation erhalten sollten. Bei allen Erkrankten war bereits ein Spender gefunden oder die Spendersuche weit fortgeschritten. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Studienteilnehmenden in 2 etwa gleich große Gruppen eingeteilt. Bei Gruppe 1 wurde in Vorbereitung auf die Transplantation versucht, eine Komplettremission zu erzielen. Bei Patient:innen der Gruppe 2 erfolgte bei Vorliegen eines Spenders eine 12-tägige vorbereitende Therapie und anschließende sofortige Transplantation.
Keine Unterschiede bei OS und leukämiefreiem Überleben zwischen den AML-Patient:innengruppen
In der 1. Gruppe konnte bei 46% der Erkrankten eine Komplettremission erzielt werden. Bei 5% der Betroffenen wurde ein 2. Versuch unternommen, mittels hochdosierter Chemotherapie eine Komplettremission zu erreichen, die übrigen Patient:innen erhielten ohne diesen weiteren Versuch eine vorbereitende Therapie und Stammzelltransplantation. In Gruppe 1 lag der mittlere Zeitraum bis Transplantationsbeginn bei 8 Wochen. In der 2. Gruppe erfolgte die Transplantation im Mittel nach 4 Wochen. Das leukämiefreie Überleben ein Jahr nach der Transplantation zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen (69% vs. 71,5%), ebenso wie das Gesamtüberleben ein Jahr und 3 Jahre nach Studieneinschluss (71,9% vs. 69,1% und 54,2% vs. 51%).
Ergebnisse könnten zukünftig zu reduzierten Nebenwirkungen und Krankenhausaufenthalten bei AML führen
„Die für die AML-Therapie aufgezeigte Perspektive, Nebenwirkungen und Krankenhausaufenthalte bei gleich guten Behandlungsergebnissen zu reduzieren, ist richtungsweisend“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus. „Die aktuelle Studie ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass von der Dresdner Krebsforschung mittlerweile Impulse ausgehen, von denen Patient:innen weltweit profitieren. Noch vor 25 Jahren hätte das kaum jemand für möglich gehalten!“