Multimodale Optimierung der mRNA über Jahrzehnte
Seit ihrer Entdeckung wurde die
mRNA kontinuierlich optimiert, so dass die translatierte Proteinmenge und die Dauer der Proteinaktivität erhöht werden konnten (1). Die eigene immunstimulierende Wirkung der mRNA wurde größtenteils durch die Verwendung von Nukleosid-modifizierter mRNA umgangen (2).
Instrumente der mRNA-Technologie
Verschiedene mRNA-Formate (klassisch, Pseudo-Uridin, selbst-amplifizierend, trans-amplifizierend), die jeweils spezifische Anwendungsgebiete haben, werden verwendet. Nanopartikel (Lipoplex, Lipid oder Polymer), die vor mRNA-Abbau schützen und den Transport in die richtigen Zellen unterstützen, werden eingesetzt. Die eingebauten mRNA-kodierten Proteine sind Impfstoffe, Antikörper, Signalmoleküle (z.B. Zytokine), Enzyme oder Transkriptionsfaktoren. Dementsprechend ist die Zahl der therapeutischen und präventiven Anwendungen der mRNA-Technologie unerschöpflich, erläuterte Prof. Dr. Ugur Sahin, Mainz.
Tumorindikationsspezifische Impfstoffe: Melanom
Für die
Impfung werden immunstimulierende Uridin-mRNA (mRNA-Aktivierung von TLR-7 und 8), Lipoplex-Nanopatikel und verschiedene Vakzine genutzt. „Wir haben Nanopartikel entwickelt, die die mRNA über den Mechanismus der Makropinozytose in die Zelle bringen“, erklärte Sahin. Die mRNA-Impfstoffe bringen nicht nur die Antigen-Informationen zu den Zellen, sondern zeigen zudem einen auf Interferon-alpha basierenden Adjuvanseffekt, ein starkes Stimulationssignal für dendritische und T-Zellen (3).
Bei Melanom-Patient:innen, die auf eine Anti-PD-1-Therapie nicht mehr ansprachen, Rezidive hatten oder primär refraktär waren, konnten sehr starke Immunantworten gegen bekannte Tumorantigene (z.B. NY-ESO-1, MAGE-3) induziert werden, die mit der Zeit zunahmen (4). Zudem konnte in der Phase-II-Studie ein Ansprechen auf mRNA allein und in Kombination mit anti-PD-1-Antikörpern beobachtet werden. Nach 5 Jahren Beobachtungszeit zeigten sich bei einigen Patient:innen stabile Antworten.
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Erschienen am 19.04.2023 • In einer Studie wurde mRNA-4157/V940 in Kombination mit Pembrolizumab bei Patienten mit Hochrisiko-Melanom untersucht. Mehr dazu lesen Sie hier!
Erschienen am 19.04.2023 • In einer Studie wurde mRNA-4157/V940 in Kombination mit Pembrolizumab bei Patienten mit Hochrisiko-Melanom...
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Individualisierte Impfstoffe: Können Tumormutationen genutzt werden?
In einer Studie konnte beobachtet werden, dass tumorspezifische Mutationen eine Immunogenität besitzen, wenn sie als mRNA-Vakzine verwendet werden und dass 20-30% der Mutationen eine T-Zell-Antwort (hauptsächlich CD4) induzieren (5). Verschiedene Tumorarten konnten im präklinischen Modell durch Mutanom- oder individualisierte Neoantigen-Vakzine zur Heilung gebracht werden.
Personalisierter Neoantigen-Impfstoff beim Melanom
In der 1. Phase-I-Studie mit mRNA-Neoantigen-Impfstoffen wurde Tumormaterial von Patient:innen mit fortgeschrittenem
Melanom zur Identifizierung und Auswahl der immunogenen Mutationen zur Herstellung des mRNA-Impfstoffs verwendet. Repetitive Immunisierungen führten zu einem Ansteigen der Immunanwort über die Zeit. Da es ungefähr 6-8 Wochen dauert, um eine starke Immunantwort aufzubauen, sind diese Ansätze vor allem für Patient:innen mit minimaler Resterkrankung interessant, so Sahin. „Das Wesentliche ist, dass wir neue multiple Immunantworten induzieren können, d.h. wir können das Spektrum erweitern“, erklärte Sahin weiter. Die Immunzellen wandern in den Tumor ein und können ihn immunologisch verändern, d.h. ein kalter Tumor kann in einen heißen Tumor überführt werden. Die Patient:innen zeigten nach der Immunisierung eine deutlich geringere Anzahl von Rückfällen (6).
Reproduzierbarkeit bei anderen Tumorarten?
Der Einsatz dieser Impfstoffe erscheint bei adjuvanten Tumoren sinnvoll. Beim
triple-negativem Mammakarzinom wurde nach fast 2 Jahre nach der Vakzinierung noch antigenspezifischen T-Zellen beobachtet. Beim
Pankreaskarzinom, konnte nur bei 50% der Patient:innen eine Immunantwort erzeugt werden, allerdings zeigten diese keinen Krankheitsrückfall innerhalb der Studie.
Kombination von mRNA-Impfstoffen mit Zytokinen
Eine Möglichkeit, um mRNA-Vakzine immunogener zu machen oder die Immunantworten zu erweitern, ist die Applikation von Zytokinen. Im Mausmodell zeigte ein Vakzin kombiniert mit modifiziertem IL2 eine deutliche Erhöhung der Immunantwort. Bei der Kombination von IL2 mit IL7 wurde auch bei großen Tumoren eine Kontrolle erreicht. Diese Behandlung scheint im präklinischen Modell auch für kalte Tumoren möglich zu sein.
mRNA-applizierte Antikörper: So potent wie Proteinbasierte?
Studien zeigen, dass durch mRNA encodierte IgG-Antikörper denselben Gesetzen folgen wie proteinbasierte Antikörper. Präklinische Studien fanden, dass bispezifische Antikörper mit der mRNA-Technologie in deutlich geringeren Konzentrationen appliziert werden können und Proteine mit deutlich längeren Halbwertszeiten entstehen. Die mRNA-applizierten Antikörper sind dann ebenso potent wie die proteinbasierten Antikörper, schloss Sahin.
Quelle: Ugur Sahin, Professor für translationale Onkologie und Immunologie Universität Mainz; Co-Founder von Biontech. mRNA-Vakzinierung in der Tumortherapie. Keynote Lecture 1, 52. DDG-Tagung 2023, Berlin.