Mitochondrien als Schlüssel zur Verbesserung von Krebsimmuntherapien
Krebsimmuntherapien, die das Immunsystem von Patient:innen nutzen, um Krebszellen zu bekämpfen, revolutionieren die Behandlung von Krebserkrankungen. Immunzellen können Tumore auf verschiedene Weise aufspüren, angreifen und sich an ihre Umgebung anpassen. Mitochondrien, die Hauptenergiequellen der Zellen, spielen eine entscheidende Rolle: Ihr Verlust oder ihre Dysfunktion kann zur Erschöpfung der Immunzellen führen. Neue Forschungen zeigen, dass Mitochondrien nicht fest an eine Zelle gebunden sind, sondern sich zwischen Zellen bewegen können. Dies ermöglicht es, Energie wieder aufzuladen, das Zellverhalten zu verändern und die Lebensdauer der Zellen zu verlängern.
Mitochondrientransfer als neue Plattform zur Krebsbekämpfung
In einer neuen Studie (1) entdeckte das Team von Prof. Gattinoni, dass ein Mitochondrientransfer zwischen Knochenmark-Stromazellen (BMSCs) und T-Zellen stattfindet, die Krebs- und infizierte Zellen bekämpfen. Mithilfe hochauflösender Bildgebung konnte gezeigt werden, dass Mitochondrien durch winzige Tunnel, sogenannte Nanotubes, wandern und eine Verbindung zwischen den Zellen herstellen. T-Zellen, die Mitochondrien von Spenderzellen aufnahmen, wurden energetisch aufgeladen, vermehrten sich stärker, infiltrierten den Tumor effizienter und zeigten weniger Anzeichen von Erschöpfung als solche, die keine Mitochondrien aufnahmen.
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Neue Erkenntnisse bei personalisierter Medizin gegen Krebs
Erschienen am 14.09.2023 • Neue Erkenntnisse bei personalisierter Medizin gegen Krebs. Mehr erfahren Sie hier!
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Mitochondrientransfer-Technik erfolgreich bei mehreren T-Zell-Therapieformen eingesetzt
„Der Mitochondrientransfer als technologische Plattform ist einzigartig, weil wir, anstatt ein einzelnes spezifisches Gen oder einen bestimmten Signalweg zur Verbesserung der Mitochondrien in den Zellen anzuvisieren, ganze intakte Mitochondrien-Organellen übertragen. Dieser Prozess ist vergleichbar mit Organtransplantationen – wie Herz-, Leber- oder Nierentransplantationen –, jedoch auf mikroskopischer Ebene, bei dem Organellen zwischen Zellen übertragen werden, um deren Funktion zu verbessern“, erklärt Dr. Jeremy Baldwin, Hauptforscher der Studie. „Es war spannend zu sehen, dass dieser eine Ansatz viele der aktuellen Herausforderungen bei T-Zell-Therapien angeht, wie z.B. die geringe Vermehrung von T-Zellen, eine zu kurze Lebensdauer, unzureichende Tumorinfiltration und das Fehlen einer anhaltenden antitumoralen Wirkung“, ergänzt Prof. Gattinoni.
Das Team setzte seine Mitochondrientransfer-Technik erfolgreich bei einer Vielzahl von T-Zell-Therapieplattformen ein, darunter CAR- und TCR-modifizierte T-Zellen sowie Tumor-infiltrierende Lymphozyten (TILs).
Was sind die nächsten Schritte?
Zukünftige Arbeiten werden sich darauf konzentrieren, die Technologie auf klinisch relevante Zellmengen zu skalieren. Das Team hat bereits begonnen, wichtige Faktoren zu identifizieren, die den Mitochondrientransfer regulieren, wie zum Beispiel Talin 2, ein Molekül, das an der Bildung der winzigen Brücken beteiligt ist, die die Zellen verbinden. Weitere Bemühungen werden darin bestehen, einen Ersatzmarker für die label-freie Zellanreicherung zu finden und BMSC-Subgruppen zu identifizieren, die hauptsächlich für den Mitochondrientransfer verantwortlich sind.
(1) Baldwin et al. (2024): Intercellular nanotube-mediated mitochondrial transfer enhances T-cell metabolic fitness and antitumor efficacy. Cell, DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2024.08.029