Schlechte Prognosen für AML-Patient:innen – Neue Therapie-Optionen nötig
Die
AML ist eine tückische Erkrankung. 5 Jahre nach der Erstdiagnose lebt nur noch 1/3 der Erkrankten. Bis zu 85% der Patient:innen erscheinen nach einer intensiven
Chemotherapie zwar wie geheilt. Allerdings kehrt bei mehr als der Hälfte von ihnen binnen ein bis 2 Jahren die Krankheit zurück, weil die Chemotherapie nicht alle Leukämie-Zellen zerstört hat. Bei einem Rückfall ist eine
Stammzelltransplantation die letzte Chance für die Patient:innen. Aber selbst dann liegt die langfristige Überlebenswahrscheinlichkeit bei unter 20%. Innovative Behandlungsmöglichkeiten sind mithin dringend nötig.
CAR-T-Zell-Therapie mit CD19 eignet sich nicht für die AML
Die zugelassenen
CAR-T-Zellen gegen CD19 eignen sich für die AML jedoch nicht, denn CD19 ist auf der Oberfläche der AML-Zellen (in der Regel) nicht vorhanden. Auch die klinischen Ergebnisse mit CAR-T-Zellen, die sich gegen andere Oberflächenmoleküle von AML-Zellen gerichtet haben, waren nach Angaben der Wissenschaftler:innen bisher ernüchternd. Denn die CAR-T-Zellen waren nicht in der Lage, zwischen gesunden und den entarteten Zellen zu unterscheiden – mit entsprechend großen Nebenwirkungen.
KI-gestützte Analyse identifizierte 2 Oberflächenmoleküle auf AML-Zellen
Also haben sich der Mediziner Sebastian Kobold und der Physiker Carsten Marr zusammen mit Kolleg:innen des LMU Klinikums und des Institute of AI for Health von Helmholtz Munich auf die Suche nach alternativen Molekülen gemacht, die idealerweise ausschließlich auf der Oberfläche von AML-Zellen zu finden sind (1). Mit Hilfe umfangreicher bioinformatischer Analysen und der Integration von Expressionsdaten von mehr als einer 500.000 einzelner Zellen kristallisierten sich aus 25.000 potenziellen Zelloberflächenmolekülen schließlich 2 Kandidaten heraus: CSF1R und CD86. „Eine solche Analyse wäre vor wenigen Jahren noch nicht möglich gewesen, da die entsprechenden Einzelzelldaten erst seit Kurzem existieren“, sagt Marr, der die KI-gestützte Klassifizierungs-Analyse im Rahmen der Studie bei Helmholtz Munich leitete.
Gezielte und effektive CAR-T-Zell-Therapie an AML-Zellen mit den neu identifizierten Molekülen
Anschließend stellten die Forschenden im Labor des LMU Klinikums CAR-T-Zellen her, die sich gegen genau diese Moleküle richten. Die Zellen wurden dann an unterschiedlichen AML-Modellen getestet, unter anderem auch mit AML-Zellen aus Patient:innen. Ergebnis, so Kobold: „Diese CAR-T-Zellen sind einerseits wirksam gegen die AML, andererseits bekämpfen sie kaum gesunde Zellen.“
Entwicklung von Verfahren zur Herstellung von gegen AML gerichteten CAR-T-Zellen
Die Studie zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie die Synergie interdisziplinärer Forschungsgruppen zu Durchbrüchen in der Gesundheitsforschung führen kann, um Patient:innen bestmöglich zu behandeln. Das nächste Ziel der Forschenden: Sie wollen Verfahren zur GMP (Good manufacturing practice)-fähigen Herstellung dieser CAR-T-Zellen entwickeln, die dann auch in klinischen Studien mit AML-Patient:innen verwendet werden dürfen. Das soll im Rahmen des „Bayerischen Zelltherapie-Katalysators“ passieren, der von der Bayerischen Forschungsstiftung unterstützt wird. Die ersten Tests mit den Patient:innen erwartet Kobold in 2 bis 3 Jahren.