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Medizin

„Recht auf Vergessenwerden“ für junge Krebsüberlebende: Forderung nach rechtlicher Gleichstellung in Deutschland

Dr. rer. nat. Marion Adam

„Recht auf Vergessenwerden“ für junge Krebsüberlebende: Forderung nach rechtlicher Gleichstellung in Deutschland
© Ratana21 - stock.adobe.com
Die Initiative „Recht auf Vergessenwerden – Keine Benachteiligungen von jungen Erwachsenen mit Krebs mehr zulassen“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs (DSfjEmK) hat das Ziel, die soziale und ökonomische Benachteiligung junger Krebsüberlebender zu beenden (1). Beide Organisationen haben sich gemeinsam des Themas angenommen, um die Probleme junger Krebsüberlebender in Deutschland aufzuzeigen und entsprechende gesundheitspolitische Maßnahmen einzufordern.
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Die Situation junger Krebsüberlebender in Deutschland

Jährlich erkranken etwa 16.500 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 39 Jahren und rund 2.100 Kinder an Krebs. Dank der modernen Medizin können mittlerweile mehr als 80% von ihnen geheilt werden. Doch trotz ihrer Genesung sehen sich viele Überlebende noch Jahre später mit Benachteiligungen konfrontiert, insbesondere in den Bereichen Versicherung, Kredit und Berufschancen.

Umfrageergebnisse verdeutlichen Benachteiligungen

Eine Umfrage der DSfjEmK, die im vergangenen Jahr von Juni bis November durchgeführt wurde, zeigt, dass fast 40% der befragten Krebsüberlebenden Schwierigkeiten beim Abschluss von Versicherungen hatten. Besonders häufig traten Probleme bei Risikolebens-und Berufsunfähigkeitsversicherungen auf. Diese Versicherungen sind jedoch oft Voraussetzung für Kredite, z.B. für den Kauf einer Immobilie. In vielen Fällen lehnten die Versicherer die Anträge der Betroffenen aufgrund ihrer früheren Krebserkrankung ab oder verlangten deutlich überhöhte Prämien. Weitere Benachteiligungen betrafen die berufliche Laufbahn – etwa bei der Verbeamtung – und bei Adoptionsanträgen.

Europäische Vorbilder – Deutschland hinkt hinterher

In acht europäischen Ländern, darunter Frankreich, Belgien, Spanien und Italien, wurde das „Recht auf Vergessenwerden“ bereits gesetzlich verankert. Diese Regelung besagt, dass nach einer Heilungsbewährung von fünf bis zehn Jahren frühere Krebserkrankungen bei Versicherungen und Finanzgeschäften nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Deutschland hat diese Regelung bislang nicht übernommen, obwohl die EU-Verbraucherkreditrichtlinie von 2023 auch hierzulande bis Ende 2025 entsprechende Maßnahmen vorschreibt.
 
 
 

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DGHO und DSfjEmK fordern gesetzliche Regelungen in Deutschland

DGHO und Stiftung betonen, dass es höchste Zeit ist, die Benachteiligung von jungen Krebsüberlebenden in Deutschland zu beenden. Deutschland sollte die Erfahrungen anderer europäischer Länder nutzen, die gezeigt haben, dass solche Regelungen ohne negative Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft eingeführt werden können, betonte Prof. Dr. Andreas Hochhaus, Jena. Die Einführung eines „Rechts auf Vergessenwerden“ würde nicht nur die soziale Stigmatisierung von Krebsüberlebenden mindern, sondern ihnen auch Chancengleichheit bei Versicherungen und Krediten verschaffen, so Hochhaus weiter. Neben der gesundheitlichen Nachsorge müsse auch die soziale und wirtschaftliche Integration der Überlebenden im Fokus stehen. Ziel sei es, ihnen eine faire Chance zu geben, ein gleichberechtigtes Leben zu führen, ohne dass die Krebsdiagnose aus der Vergangenheit ihre Zukunft behindert. Nach einer Heilungsbewährung von fünf Jahren sollte die frühere Krebserkrankung bei Versicherungen, Kreditvergaben und Verbeamtungen nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, so die Forderung. Diese Heilungsbewährung ist bereits in der Versorgungsmedizinverordnung verankert und sollte als Grundlage für die rechtliche Gleichstellung von Krebsüberlebenden dienen.

Bedarf an schneller Umsetzung des „Rechts auf Vergessenwerden“

Angesichts der steigenden Zahl von Langzeitüberlebenden ist es unerlässlich, dass in Deutschland die gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden, um die Diskriminierung junger Krebsüberlebender zu beenden. Die DGHO und die DSfjEmK setzen sich dafür ein, dass das „Recht auf Vergessenwerden“ als gesetzliche Grundlage in Deutschland eingeführt wird – nicht nur im Sinne der Betroffenen, sondern auch als wichtiger Schritt für eine gerechtere Gesellschaft.
 
 
 

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© gustavofrazao - stock.adobe.com

Quelle: Virtuelle Pressekonferenz der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs & Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie „Recht auf Vergessenwerden – Benachteiligungen von Krebspatient:innen in Deutschland stoppen“, 24. September 2024.

Literatur:

(1)  Junge Erwachsene mit Krebs. Recht auf Vergessenwerden (Band 22). Keine Benachteiligungen von jungen Erwachsenen mit Krebs mehr zulassen  https://www.dgho.de/publikationen/schriftenreihen/junge-erwachsene


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