Protein MFSD1 hemmt Metastasierung
Um herauszufinden, welche Rolle das Protein nun in Säugetieren spielt, erzeugte der Erstautor Marko Roblek aus der Siekhaus-Gruppe Krebszellen von Mäusen, denen das Protein fehlte. Das Ergebnis: Ohne das Protein wanderten die Zellen viel schneller, was darauf hindeutet, dass MFSD1 die Zellen an der Bewegung hindert. Zusammen mit Kolleg:innen der Universität Zürich testete das Team seine Theorie an lebenden Mäusen mit Brust-, Darm- und Hautkrebs. „In Abwesenheit von MFSD1 kam es zu einem starken Anstieg der
Metastasierung“, fasst Daria Siekhaus die Ergebnisse zusammen.
Tumorzellen ohne Protein MFSD1 haben leichteren Zugang zur Blutbahn
„Anschließend wollten wir wissen, warum niedrigere MFSD1-Werte für den Tumor von Vorteil sind, abgesehen davon, dass sich Tumorzellen freier bewegen können. Wenn Krebszellen etwa durch das Blut wandern, sind sie großen mechanischen Belastungen ausgesetzt“, erklärt Marko Roblek. Die Forscher:innen unterzogen daher Krebszellen mit und ohne dem Protein einem Belastungstest. Mit einem winzigen Gummischaber versuchte Roblek, die Zellen von der Oberfläche der Petrischale abzukratzen, in der er sie gezüchtet hatte. Während die Krebszellen, die MFSD1 enthielten, schnell unter der mechanischen Belastung starben, blieben viele der Zellen ohne das Protein intakt. Tumorzellen, denen das Protein fehlt, könnten also leichter in die Blutbahn gelangen und ihren Weg in andere Teile des Körpers finden. In einem weiteren Experiment testeten die Forscher:innen zudem, wie die Krebszellen mit einem Mangel an Nährstoffen umgehen – mit ähnlichem Ergebnis. Auch hier überlebten die Zellen länger, denen MFSD1 fehlte.
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Erschienen am 17.02.2016 • Hirnmetastasen und spinale Metastasen stellen im klinischen Alltag eine enorme Herausforderung dar
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Tumorzellen ohne MFSD1 haften schlechter am umliegenden Gewebe
Das Team konnte zeigen, dass die Reaktion der Zelle sowohl auf Nährstoffmangel als auch auf mechanische Belastung durch das Protein MFSD1 verursacht wird, indem es bestimmte Rezeptoren an der Zelloberfläche beeinflusst. Die Integrine sorgen dafür, dass die Zellen aneinander und an der extrazellulären Matrix haften. In einem ständigen Kreislauf produziert die Zelle diese Rezeptoren, transportiert sie an die Zelloberfläche und wieder ins Innere der Zelle zurück. Fehlt einer Tumorzelle MFSD1, kann sie eine bestimmte Art von Integrin nicht recyceln. „Das hat zur Folge, dass die Zellen weniger am umgebenden Gewebe und aneinander haften, wodurch sie leichter wandern können“, so Daria Siekhaus.
Hoher MFSD1-Spiegel schützt vor Metastasierung
Die Ergebnisse des Teams werden auch von Patient:innendaten gestützt, die von Rita Seeböck vom Universitätsklinikum St. Pölten, Österreich, analysiert wurden. Die Daten, die Forschenden in anonymisierter Form online zur Verfügung stehen, zeigten einen Zusammenhang zwischen der MFSD1-Menge und der Prognose der Krebspatient:innen. „Wir haben gesehen, dass Patient:innen mit bestimmten Formen von Brust-, Magen- und Lungenkrebs, die einen niedrigeren MFSD1-Spiegel aufwiesen, eine schlechtere Prognose hatten. Ein hoher MFSD1-Spiegel scheint zu schützen – er unterdrückt Tumormetastasierung“, sagt Krebsforscher Roblek.
Neue Behandlungsoption gegen Krebs mit künstlicher Erhöhung des MFSD1-Spiegels?
Schon heute analysieren Ärzti:nnen bestimmte Gene, um die Therapie für ihre Patient:innen zu optimieren. Nun können sie auch nach dem Gen suchen, das für das Protein MFSD1 kodiert: „Wenn sich dieser Marker weiter etabliert, können Mediziner:innen ihn nutzen, um die Aggressivität des Krebses zu klassifizieren und zwischen verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu entscheiden“, so die Biologin Daria Siekhaus. In zukünftigen Studien will das Team genauer untersuchen, wie das Protein auf molekularer Ebene funktioniert. Eine spannende Frage ist etwa, ob eine künstliche Erhöhung des MFSD1-Spiegels dazu beitragen könnte, die
Ausbreitung bestimmter Tumoren zu unterdrücken. Langfristig könnte dies zu neuen Behandlungsmethoden gegen Krebs führen.