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Professor Markus Lerch, Greifswald

Bauchspeicheldrüsenkrebs

8 Fragen an den Experten

Jede Körperzelle kann – beispielsweise aufgrund eines vererbten oder erworbenen Gendefekts – entarten und unkontrolliert wachsen, so dass ein bösartiger Tumor entsteht. Dies geschieht auch in der Bauchspeicheldrüse. Die genauen Ursachen hierfür sind noch nicht geklärt, zumindest das Rauchen scheint aber das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erhöhen. Auch Menschen, deren Bauchspeicheldrüse chronisch entzündet ist oder die an Diabetes leiden, erkranken häufiger an diesem Krebs.

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Aber warum manche unter diesen Voraussetzungen erkranken und andere nicht, ist unklar. Die Bauchspeicheldrüse setzt sich aus verschiedenen Zelltypen zusammen: Neben den Zellen, die Verdauungsenzyme produzieren, gibt es die Zellen, die die Gänge formen (Gangzellen), über die das Verdauungssekret in den Darm fließen kann. Diese Zellen üben die exokrine Funktion der Bauchspeicheldrüse aus. Weitere Zellen produzieren die Hormone Insulin und Glukagon. Diese Hormone werden nicht in den Darm, sondern in das Blut abgegeben. Sie gehören zum endokrinen System. Zirka 90 Prozent der bösartigen Tumoren gehen von den Gangzellen insbesondere im Kopfbereich der Drüse aus, nur etwa fünf Prozent von den endokrinen, hormonproduzierenden Zellen, die eher im hinteren Teil der Drüse angesiedelt sind. So finden sich auch 70 Prozent aller Tumore im „Pankreaskopf“, wohingegen der mittlere Teil (der „Pankreaskörper“) und die Spitze der Drüse (der „Pankreasschwanz“) zu 20 bzw. 10 Prozent von Krebs betroffen sind.

Wie wird Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert?


Zur Abklärung von Beschwerden der Bauchspeicheldrüse werden verschiedene Verfahren eingesetzt. Neben der Untersuchung des Blutes, werden zunächst einfache Methoden gewählt, die ein erstes Bild von der Bauchspeicheldrüse und ihrem Zustand wiedergeben, so z.B. die Ultraschalluntersuchung. Besteht der Verdacht auf einen Tumor, kann zur genaueren Diagnostik ein Computertomogramm (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden. Diese beiden Methoden liefern ziemlich genaue Schnittbilder des Organs, einmal mithilfe von Röntgenstrahlen oder eben mithilfe von Magnetfeldern. Eine Ultraschalluntersuchung von Innen heraus – mit Hilfe eines Endoskops – ist ein noch genaueres Verfahren zur Suche nach einem Pankreaskarzinom. Steht fest, dass es sich um einen Tumor handelt, kann die so genannte ERCP (Endoskopische Retrograde Cholangio-Pankreaticographie) einen Verschluss der Gallengänge durch den Tumor beheben und den Abfluss der Galle wieder herstellen. Diese Methode gleicht einer Magenspiegelung, mit dem Unterschied, dass die kleine Kamera bis zum gemeinsamen Ausgang der Bauchspeicheldrüse und des Gallengangs vorgeschoben und dort über einen dünnen Schlauch Kontrastmittel in das Organ gespritzt wird. Auf diese Weise können präzise Röntgenbilder angefertigt werden. Ein besonderer Vorteil der ERCP ist, dass kleinere Eingriffe – wie z.B. die Entfernung von Gallen- oder Pankreassteinen – direkt mit dem Endoskop vorgenommen werden können. Um zu sehen, ob sich bereits Tochtergeschwulste in andere Organe abgesetzt haben, stehen unter Umständen noch weitere Diagnoseverfahren, wie die Spiegelung der Bauchhöhle, an.

Welche Therapieansätze gibt es bei Bauchspeicheldrüsenkrebs?


Die Möglichkeit auf Heilung besteht, wenn durch eine Operation der gesamte Tumor entfernt werden kann. Diese Operation wird als „kurativ“, also „heilend“ bezeichnet. Leider ist diese selten möglich, da der Krebs bei Diagnosestellung häufig bereits zu groß ist oder auch schon in andere Organe wie die Leber oder die Lunge gestreut hat. Nur bei knapp jedem fünften Patienten ist noch eine kurative Operation möglich. Dennoch wird häufig auch bei fortgeschrittenem Krebs operiert, dann mit der Absicht, die Symptome zu verbessern. Wir bezeichnen diese Operationen als „palliativ“. Der Begriff leitet sich vom lateinischen „Mantel“ ab und beschreibt, dass der Patient von der Therapie wie von einem schützenden Mantel eingehüllt wird. Die palliative Therapie beinhaltet nicht allein die Operation, auch die Chemotherapie und die moderne zielgerichtete Therapie können hierzu zählen, wenn sie nicht zum Zwecke der Heilung eingesetzt werden. Eine Strahlentherapie wird seltener durchgeführt. Sie eignet sich bei einigen Patienten jedoch auch, um die Schmerzen zu verringern. Gerade dann, wenn sich bereits Metastasen in den Knochen gebildet haben. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist eine Tablette mit dem Wirkstoff Erlotinib. Diese wird seit 2007 begleitend zur Chemotherapie eingesetzt, da internationale Studien zeigen konnten, dass sich das Leben der Patienten durch diese Kombination signifikant verlängern lässt. Obwohl kontinuierlich daran geforscht wird, die Therapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs zu verbessern, ist Erlotinib seit seiner Zulassung der erste und einzige Durchbruch seit über zehn Jahren.

Stimmt es, dass die Behandlung mit dem Wachstumshemmer den Patienten hilft, die davon eine Hautreaktion bekommen?


Ja, diesen Zusammenhang konnte bereits die Studie zeigen, auf Basis derer die Zulassung der Tablette 2007 erfolgte. Eine nachfolgende Studie, die im Jahr 2009 vorgestellt wurde, bestätigte die Korrelation von Hautreaktion und Therapieerfolg noch einmal. So können wir heute ziemlich sicher sagen, dass Patienten, die innerhalb der ersten acht Wochen der Erlotinib-Einnahme diesen so genannten „Rash“ entwickeln, deutlich stärker von der Therapie profitieren.

Wie steht es um die Patienten, bei denen sich unter der Therapie mit dem Wachstumshemmer keine Hautreaktion entwickelt?


Etwa ein Drittel der Patienten reagiert auf die übliche Erlotinib-Dosis nicht mit einem „Rash“. Hier wird derzeit empfohlen, die Therapie nicht weiterzuführen. Allerdings läuft im Moment eine interessante klinische Studie, die untersucht, ob eine Dosiserhöhung von Erlotinib bei diesen Patienten nicht doch noch zu einer Hautreaktion und damit zu einem Therapieansprechen führen könnte. Höhere Konzentrationen des Wirkstoffs werden nämlich schon bei Patienten mit Lungenkrebs eingesetzt, was allgemein gut vertragen wird. Hier werden in den kommenden Monaten also neue, hoffentlich positive Ergebnisse zu erwarten sein.

Wie lässt sich die Hautreaktion behandeln?


Insgesamt gesehen gut! Schon mit Beginn der Therapie weisen wir unsere Patienten darauf hin, dass sie ihre Haut besonders gut schützen und pflegen müssen. Es gibt viele einfache Maßnahmen, die bereits präventiv helfen. So ist es beispielsweise wichtig, direkte Sonneneinstrahlung zu meiden. Von einem Solariumbesuch ist ganz abzuraten. Am besten schützen lässt sich die Haut mit atmungsaktiver Kleidung aus Baumwolle oder Leinen bzw. einem Hut für die Gesichtshaut. Bei der Hautreinigung sollten nur milde, seifenfreie Waschgele verwendet werden. Und da Wasser die Haut austrocknet, sollte generell nicht zu lange geduscht und gebadet werden. Anschließend ist die Haut mit rückfettenden Hautpflegeprodukten einzucremen. Hier können Patienten ihren Arzt bitten, dass er sie bei der Auswahl der geeigneten Produkte unterstützt. Stärkere Hautreaktionen, die einer Akne ähneln, sollten unbedingt von einem Arzt behandelt werden.
Unter Umständen kann es sogar nötig werden, Antibiotika einzusetzen, wenn sich die Haut trotz aller Vorsichtsmaßnahmen entzünden sollte.

An welche Ärzte können sich Patienten wenden, wenn sie Probleme mit der Bauchspeicheldrüse vermuten?


Zunächst kann jeder Patient selbstverständlich zu seinem Hausarzt gehen. Dieser wird ihn dann an einen spezialisierten Arzt überweisen – in erster Linie an einen Gastroenterologen – , wenn die Symptome auf eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder auf einen bösartigen Tumor hinweisen sollten. In den letzten Jahren werden Kliniken, in denen Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt wird, immer stärker nach bestimmten Qualitätskriterien beurteilt. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehrere Kliniken – so genannte „Tumorzentren“ – die sich auf die Behandlung von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert haben. Tumorzentren haben einheitliche Qualitätsstandards und sind nach diesen zertifiziert. Nach Diagnosestellung können sich die Patienten auch direkt an diese Kliniken wenden.

Wo bekommen Betroffene weiterführende Informationen über die Erkrankung Bauchspeicheldrüsenkrebs? Gibt es spezielle Anlaufstellen für Betroffene?

Eine gute erste Anlaufstelle sind selbstverständlich Organisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), die Deutsche Krebsgesellschaft oder die Deutsche Krebshilfe, die auch hilfreiche Patientenseiten im Internet haben. Zudem finden Betroffene im Internet viele weiterführende Informationen in Form von Broschüren oder Adressen spezialisierter Tumorzentren. Eine Seite, die speziell auf die Erkrankung Bauchspeicheldrüsenkrebs eingeht, ist beispielsweise die Seite www.aus-der-mitte.de. „Aus der Mitte“ ist eine Kampagne der Roche Pharma AG, die unter der Schirmherrschaft von Frau Dagmar Berghoff, Informationen für Betroffene und ihre Angehörigen bereithält. Eine Selbsthilfeorganisation, die alle Patienten mit Bauchspeicheldrüsenerkrankungen anspricht, ist der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP) oder www.pancreas.de, die auch an die Deutsche Pankreashilfe e.V. vermittelt. Auf ihren Internetseiten finden Patienten ebenfalls viele nützliche Informationen.


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