Was ist ein Hodgkin-Lymphom?
Das Hodgkin-Lymphom ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Es wird häufig auch Morbus Hodgkin, Lymphogranulomatose oder Hodgkin-Krankheit genannt und zählt gemeinsam mit dem
Non-Hodgkin-Lymphom zu den malignen
Lymphomen. Diese werden umgangssprachlich auch als Lymphdrüsenkrebs bezeichnet.
Wer erkrankt am Hodgkin-Lymphom?
In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 2400 Menschen, das sind 2-3 von 100.000 Einwohnern. Dabei sind zwei Altersgruppen besonders betroffen: Jugendliche und junge Erwachsene machen etwa Dreiviertel der Erkrankungen aus, ein Viertel sind Menschen über 60 Jahre.
Was sind wichtige Symptome bei einem Hodgkin-Lymphom?
Ein Morbus Hodgkin entwickelt sich langsam schleichend in einem der Lymphknoten am Hals oder im Brustbereich, seltener in den Achseln und der Leistenbeuge. Anfängliche Symptome sind unspezifisch:
- länger anhaltend geschwollene Lymphknoten, die nicht schmerzen
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche
- trockener Husten und Atemnot
- Juckreiz
- Brust-, Rücken- oder Bauchschmerzen
Mehr als jeder dritte Hodgkin-Lymphom-Patient leidet an einer B-Symptomatik, d.h.:
- nächtliches Schwitzen
- nicht erklärbarer Gewichtsverlust
- Fieber über 38 °C mit unklarer Ursache
Ein typisches Symptom der Krebserkrankung ist auch ein undulierendes Fieber (Pel-Ebstein-Fieber). Dieses bezeichnet ein in Wellen auftretendes Fieber, bei dem sich 3-10-tägige Fieberphasen mit fieberfreien Phasen abwechseln.
In fortgeschrittenem Stadium, wenn weitere Organe befallen sind, kommt es u.a. zu:
- Veränderungen im Blutbild
- neurologischen Symptomen
- Hormonstörungen
- Knochenschmerzen
- vergrößerte Leber und Milz (Hepato- und Splenomegalie)
Wenn Sie eines oder mehrere der beschriebenen Symptome bei sich beobachten, heißt das noch nicht, dass Sie an einem Lymphdrüsenkrebs leiden oder einen anderen Krebs haben. Diese unspezifischen Symptome können auch bei harmlosen Infektionen und anderen Krankheiten auftreten. Vor allem bei Kindern beruhen vergrößerte Lymphknoten häufig auf Virusinfektionen.
Wenn die Symptome allerdings über mehrere Wochen anhalten, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, und die Ursache klären lassen. Gerade Morbus-Hodgkin Patienten haben sehr gute Heilungschancen, wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und therapiert wird.
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Aktuelle Entwicklungen in der Therapie des Hodgkin-Lymphoms
Erschienen am 26.04.2024 • Informieren Sie sich zu aktuellen HL-Forschungen und dazu, wie u.a. die Erstlinientherapie-assoziierte Morbidität weiter reduziert werden soll.
Erschienen am 26.04.2024 • Informieren Sie sich zu aktuellen HL-Forschungen und dazu, wie u.a. die Erstlinientherapie-assoziierte...
Wie wird ein Hodgkin-Lymphom diagnostiziert?
Bei ernstem Verdacht auf ein Lymphom wird der Arzt Untersuchungen durchführen, um eine Infektion, Entzündung oder andere Krankheit als Ursache abzuklären, u.a.:
- körperliche Untersuchung mit Abtasten der Lymphknoten
- Blutuntersuchung
- Urinuntersuchung
Weil für Morbus Hodgkin keine spezifischen Laborveränderungen bekannt sind, dienen zur weiteren Diagnostik auch bildgebende Verfahren, wie:
Wichtig ist eine Lymphknotenuntersuchung
Maligne
Lymphome wie Morbus Hodgkin werden manchmal auch als Lymphknotenkrebs oder Lymphdrüsenkrebs bezeichnet, weil sie zuerst in den Lymphknoten (umgangssprachlich Lymphdrüsen) auftreten. Wenn eine Infektion oder Entzündung als Ursache der Lymphknotenschwellung ausgeschlossen ist, aber weiterhin Symptome und Verdacht bestehen, wird Lymphknotengewebe histologisch untersucht:
- um Absiedelungen (Lymphknotenmetastasen) anderer Formen von Krebs auszuschließen
- um zwischen Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen zu unterscheiden
- da eine Feinnadelbiopsie hier nicht ausreichend ist
Reed-Sternberg-Riesenzellen sind Merkmal des Morbus Hodgkin
Die Entwicklung eines Lymphdrüsenkrebs geht von genetischen Veränderungen in B-Lymphozyten aus, d.h. einem Subtyp weißer Blutkörperchen, die im Gesunden der Immunabwehr von Krankheitserregern dienen und insbesondere im Lymphknoten aktiv sind.
Die veränderten Zellen:
- werden Reed-Sternberg-Zellen, RS-Zellen oder HRS-Zellen genannt
- sind pathohistologisches Merkmal in der Diagnostik zur Unterscheidung von Non-Hodgkin-Lymphomen wie dem B-Zell-Lymphom
- bilden sich durch den Zusammenschluss mehrerer B-Zellen
- besitzen mehrere Zellkerne und die Oberflächenantigene CD30 und CD15
Welche Risikofaktoren sind beim Hodgkin-Lymphom bekannt?
Neben Reed-Sternberg-Zellen wurden in Studien weitere Faktoren mit der Krebserkrankung in Zusammenhang gebracht, u.a.:
- Infektion mit Epstein-Barr-Virus (EBV), dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers (infektiöse Mononukleose)
- Familienmitglieder mit Morbus Hodgkin, d.h. möglicherweise eine Veranlagung (genetische Prädisposition)
- Rauchen
- jugendliches und junges Erwachsenenalter (etwa 75% der Patienten)
Welche Subtypen des Morbus Hodgkin gibt es?
In der
WHO-Klassifikation wurden Subtypen definiert, die sich in der Häufigkeit bei Erwachsenen und Jugendlichen, im Krankheitsverlauf und in den Heilungschancen unterscheiden.
Klassische Hodgkin-Lymphome machen 95% der Erkrankungen aus und sind durch Reed-Sternberg-Zellen und den Zellmarker CD30 gekennzeichnet:
- nodulär-sklerosierender Typ (NS, 50-60 % der Fälle)
- Mischtyp (MC, 30 %)
- lymphozytenreicher Typ (LR, 5-10 %)
- lymphozytenarmer Typ (LD, 5-10 %)
Das Lymphozyten-prädominante Hodgkin-Lymphom (LPHL), auch noduläres LPHL genannt, ist eine weitere, aber seltene Subform, die 5-10% der Erkrankungen ausmacht. Bei einem LPHL finden sich sogenannte lymphpzytenprädominante (LP) Zellen mit den Zellmarkern CD20 und CD79a; die typischen RS-Zellen und deren Marker fehlen stattdessen. Deshalb wird das LPHL inzwischen oft als eigenes Krankheitsbild mit eigener Therapie angesehen.
Welche Stadien gibt es beim Morbus Hodgkin?
Je früher ein
Lymphom erkannt wird und je genauer es charakterisiert ist, desto besser sind die Therapiemöglichkeiten und Heilungschancen. Für die Beurteilung wichtig sind die Lage und Menge der befallenen Lymphknoten und in wieweit Gewebe außerhalb des lymphatischen Systems betroffen sind. Hierbei spricht man von einem extranodalen Befall (E-Stadium), d.h. dem Voranschreiten außerhalb der Lymphknoten (engl. nodes) und der Befall anderer Organe oder des ganzen Körpers.
Zur genauen Definition dient die Ann-Arbor-Klassifikation mit vier Haupt-Krankheitsstadien (Ann-Arbor-Stadien I-IV):
- Stadium I: Befall einer Lymphknotenregion oder eines Organs außerhalb des lymphatischen Systems
- Stadium II: Befall von mindestens zwei Lymphknotenregionen auf derselben Seite des Zwerchfells, oder Befall außerhalb des lymphatischen Systems und von Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells
- Stadium III: Befall von mindestens zwei Lymphknotenregionen bzw. von Organen außerhalb des lymphatischen Systems auf beiden Seiten des Zwerchfells
- Stadium IV: Nicht lokalisierter, diffuser oder disseminierter Befall einer oder mehrerer extra-lymphatischer Organe mit oder ohne Befall von lymphatischen Geweben
Zusatz A: ohne B-Symptome
Zusatz B: mit B-Symptomen
Wie aussichtsreich ist eine Behandlung?
In den vergangenen 50 Jahren haben sich die Heilungschancen bei Lymphdrüsenkrebs drastisch verbessert. So können heute 9 von 10 Patienten mit einem örtlich (lokal) begrenzten und mehr als 8 von 10 Patienten mit fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom geheilt werden.
Welche Behandlungen gibt es?
Bei jedem Patienten werden individuell unterschiedliche Behandlungsformen gewählt, z.B:
Welche Behandlung bei Erwachsenen?
Erwachsene im frühen und mittleren Stadium (Stadium I und II, Lymphknotenbefall auf einer Seite des Zwerchfells) erhalten häufig:
Erwachsene in fortgeschrittenen Stadien (Stadium III und IV) können, je nach Zustand, behandelt werden mit:
- bis zu acht Zyklen intensiver Chemotherapie
- Strahlentherapie
- Stammzelltransplantation
- Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC): Für bestimmte Erwachsene im Stadium IV und bei Rückfall (Rezidiv) eines Hodgkin-Lymphoms ist das sogenannte Antikörper-Drug-Konjugat (ADC) Brentuximab-Vedotin zugelassen. Diese Substanz besteht aus einem monoklonalen Antikörper gegen das Antigen CD30 sowie dem Zytostatikum Monomethylauristatin E (MMAE) zum Abtöten der malignen Zellen.
Was ist bei einem Rückfall?
Ein Rückfall (Rezidiv) des Lymphoms tritt meist in den ersten fünf Jahren nach erster Behandlung auf.
Wenn die vorausgegangen Behandlungen mit
Chemotherapie, Antikörper-Drug-Konjugat (ADC, Brentuximab Vedotin) und autologer Stammzelltransplantation (ASCT) nicht erfolgreich waren, sind für die Rückfallterapie auch die
PD-1 Inhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab zugelassen:
Welche Behandlung erhalten junge Patienten?
Bei Kindern und Jugendlichen unterscheidet sich die Therapie hauptsächlich in der Stärke (Intensität) der Behandlung.
Kinder und Jugendliche werden deutschlandweit im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien oder Registern therapiert. Diese sind kontrollierte
klinische Studien, bei denen viele Behandlungszentren zusammenarbeiten und standardisierte Behandlungsprotokolle einsetzen (multizentrische Studien).
Bei jungen Patienten werden sehr gute Heilungsraten (bis zu 90%) erreicht mithilfe von:
Was sind die Spätfolgen von Morbus Hodgkin?
Dank guter Behandlungsmöglichkeiten gelten immer mehr Patienten nach fünf Jahren ohne Rückfall als geheilt. Trotzdem ist eine Langzeitnachsorge wichtig, um mögliche Spätfolgen frühzeitig aufzuspüren. Zu den häufigsten zählen Herzprobleme, Hormonstörungen und Unfruchtbarkeit, Nebenwirkungen an der Lunge, Fatigue (Müdigkeit) und ein gesteigertes Risiko für Zweitmalignome, d.h. weitere Krebserkrankungen in Brust, Schilddrüse, Magen-Darm oder blutbildendem System. So wird bei jedem Patienten kritisch zwischen
Bestrahlung und
Chemotherapie abgewogen.
Weitere Informationen zu Diagnose und Therapie erhalten Sie in den
Leitlinien der Fachgesellschaften.