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Primäre und sekundäre Immundefekte

Palma Pelaj

Primäre und sekundäre Immundefekte
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Das menschliche Immunsystem ist ein hochkomplexer Verteidigungsmechanismus, der gezielt Krankheitserreger, Viren und Bakterien angreift und bekämpft. Dieses hochkomplexe System kann an verschiedenen Stellen gestört sein. Liegt ein solcher Defekt vor, spricht man von einem Immundefekt. Betroffene weisen eine Immunschwäche auf, das heißt, sie sind anfälliger für Infektionskrankheiten und leiden häufig an wiederkehrenden Infektionen, die länger und schwerer verlaufen, als bei gesunden Menschen. 
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Was ist ein Immundefekt? 

Ein Immundefekt ist, wie der Begriff schon sagt, eine Störung oder ein Defekt im Immunsystem. Die Ursachen für einen Immundefekt sind sehr unterschiedlich. Grundlegend wird jedoch zwischen den primären und sekundären Immundefekten unterschieden.

Primäre Immundefekte (auch primäre Immunstörungen, primäre Immundefizienz, chronische Immundefizienz, angeborene Immunschwäche) sind vererbbar und somit angeboren. Primäre Immundefekte führen zu einer Immunschwäche, so dass Infektionen und andere Gesundheitsprobleme leichter auftreten können.

Es gibt auch Menschens, die im Laufe ihres Lebens einen Immundefekt entwickeln. In diesen Fällen spricht man von sekundären Immundefekten. Auch bei diesen Patient:innen liegt eine Immunschwäche vor. Diese Immunschwäche ist jedoch nicht angeboren und wird durch verschiedene Erkrankungen oder andere Faktoren hervorgerufen. Zu den Ursachen gehören z.B. Behandlungen für Krankheiten wie Krebs, Infektionen, etc. Im Folgenden werden die Ursachen dieser Immunschwäche detaillierter dargestellt.
 
 

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Was sind primäre Immundefekte (PID)?

In Deutschland leben etwa 3.100 Patient:innen mit einem diagnostizierten primären Immundefekt, der aufgrund des geringen Auftretens zu den sog. seltenen Erkrankungen (engl. orphan diseases) zählt. Diese sind über die Fallzahl von maximal 5 von 10.000 Menschen definiert. Allerdings wird bei der PID von einer hohen Dunkelziffer unerkannter Patient:innen ausgegangen (2). Wichtig wäre hier aber eine frühzeitige Diagnose, um den Patient:innen eine adäquate Behandlung gewährleisten zu können.

Welche Formen der PID gibt es? 

Zu den pathologischen, primären Immundefekten (PID) zählen mehr als 340 seltene Erkrankungen mit genetischer Ursache, bei denen ein Teil des körpereigenen Immunsystems fehlt oder eine Fehlfunktion aufweist. Die Defekte zeigen sich häufig schon im Säuglings- oder Kindesalter durch das wiederholte Auftreten schwerer fiebriger Infekte mit mangelndem Ansprechen auf Antibiotika, durch wiederkehrende Abszesse (abgekapselte Eiteransammlung) oder durch chronische Darmerkrankungen.

Die Klassifikation der Erkrankungen erfolgt anhand der betroffenen Komponenten des Immunsystems. Zu den häufigsten Formen der PID zählen u.a.
 
  • Antikörpermangel (z.B. selektiver Immunglobulin (Ig)A-Mangel)
  • kombinierte T- und B-Zell-Defekte (z.B. Di-George-Syndrom, lymphoproliferatives Syndrom)
  • Störungen der Immunregulation
  • Defekte der Phagozytenzahl 
  • Komplementdefekte als Zeichen eines gestörten angeborenen Immunsystems
  • kombinierte zellulare und humorale Defekte (z.B. Ataxia teleangiectatica (ATM), Wiskott-Aldrich-Syndrom, schwerer kombinierter Immundefekt, SCID)

Was sind sekundäre Immundefekte?

Diese Form der Immundefekte tritt weitaus häufiger auf. Dabei handelt es sich nicht um angeborene Krankheiten, sondern um im Laufe des Lebens erworbene Defekte. Sie haben vielfältige Ursachen von schweren Infektionskrankheiten, Organschäden bis hin zu Folgen anderer Behandlungen.

Zu den Ursachen, die zu einem sekundären Immundefekt führen können, gehören: 
 
  • schwerwiegende Infektionskrankheiten
  • HIV/AIDS
  • Krebs
  • Nierenschädigung
  • Anämie
  • Autoimmunerkrankungen
  • Arzneimittel-induzierte Defekte wie Agranulozytose und Neutropenie
  • Nebenwirkungen von Bestrahlung
  • Chemotherapie und andere immunsuppressive Behandlungen (u.a. Glucocorticoide, Biologika, andere Antirheumatika) (1)
     
     

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Auch hier werden bei erstem Verdacht Blutbild und Immunstatus zur Diagnose und Ausschluss eines primären Immundefekts bestimmt. Bei Patient:innen mit sekundären Immundefekten gilt es, neben der Behandlung der Grunderkrankung, das Immunsystem je nach Ursache medikamentös oder nicht-medikamentös zu stärken und bei einer Infektion für eine angemessene antibiotische, antivirale und/oder antimykotische Therapie zu sorgen. Auch mit dem Alter und einer Multimorbidität der Patient:innen, d.h. dem gleichzeitigen Auftreten mehrerer Erkrankungen, sowie bei Mangelernährung steigt das Risiko für eine verminderte Immunfunktion, bei dem das Risiko für weitere Infekte, Autoimmunreaktionen und Krebs erhöht ist (4, 5, 6).

Was sind Symptome für das Vorliegen eines PID? 

Um einen vorliegende primären Immundefekt zu behandeln, ist die Erkennung von Warnzeichen durch betroffene Patient:innen oder Angehörige extrem wichtig. 

Warnzeichen und Symptome für das Vorliegen eines primären Immundefekts sind:
 
  • häufige, wiederkehrende und schwere Infektionen 
  • angeborene Immundefekte bei engen Verwandten 
  • direkt aufeinanderfolgende oder dauerhafte Nebenhöhlenentzündung
  • ≥ 2 Lungenentzündungen im Jahr 
  • ≥ 8 eitrige Mittelohrentzündungen im Jahr 
  • ≥ 2 Infektionen innerer Organe im Jahr 
  • Impfkomplikationen nach Lebendimpfungen 
  • Infektionen mit ungewöhnlichen Bakterien oder anderen Mikroorganismen 
  • Gedeihstörung im Säuglingsalter (evtl. mit chronischen Durchfällen)
  • Candida-Infektionen an Schleimhaut, Haut und Nägeln innerhalb des 1. Lebensjahres 
  • Erytheme/Ekzeme mit unklaren Ursachen bei Neugeborenen und jungen Säuglingen 
  • antibiotische Therapie bei nicht-resistenten Bakterien ohne Effekt
     

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Wie verläuft die Diagnose eines Immundefekts? 

Die Diagnostik erfolgt anhand der Untersuchung des Blutbilds, einer spezifischen Immundiagnostik zur Erfassung des Immunstatus sowie einer molekulargenetischen Analyse zur Bestimmung der Ursache (2, 3).

Pathologische Funktionsstörungen des Immunsystems werden in angeborene primäre Immundefekte und erworbene sekundäre Immundefekte eingeteilt. Davon zu unterscheiden ist die normale, physiologische Infektanfälligkeit, aufgrund derer grippale Infekte, Kinderkrankheiten und Dermatitis akut auftreten und zeitnah wieder abklingen (1).

Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen bei primären und sekundären Immundefekten zur Verfügung? 

Wird bei einem Neugeborenen ein Immundefekt diagnostiziert, übernimmt ein Team aus spezialisierten Ärzt:innen, Pflegenden, Sozialarbeiter:innen, Physiotherapeut:innen und Psycholog:innen die Planung der Therapie. Auch Patient:innen, die aufgrund einer anderen Krankheit einen Immuneffekt erwerben, sollten sich an ein solches interdisziplinäres Expert:innenteam wenden. 

Je nach Defekt erfolgt die Therapie mithilfe von
 
  • Antikörpern (sog. Antikörper-Substitutionstherapie)
  • immunregulierenden Arzneimitteln wie Azathioprin und 6-Mercaptopurin
  • Stammzelltransplantation oder Gentherapie (2, 3)
  • Vorsorge und Schutz bei Immundefekten

Die Vermeidung von Infektionen und eine ausreichende Immunisierung zählen auch bei Immundefekten zur wichtigen Vorsorge. Aktuelle Informationen zum Thema COVID-19 (SARS-CoV-2) im Rahmen von Immundefekten finden sich u.a. in einer neuen Onkopedia-Leitlinie (7, 8, 9).
 
 

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Red. journalonko.de

Literatur:

(1) Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), Zi-Kodier-Manual, Infektanfälligkeit und Immundefekt, 2020, https://www.zi.de/fileadmin/images/content/Kodierhilfe/Kodierrmanual_Immundefekt.pdf. (letzter Zugriff: 03.06.2022)
(2) Farmand, S., Ehl, S., Primäre Immundefekte: Wenn ein Infekt auf den anderen folgt. Dtsch Arztebl. 2019; 116(27-28): A-1328 / B-1090 / C-1078.
(3) AWMF-Leitlinie, Diagnostik auf Vorliegen eines primären Immundefektes (PID) https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/112-001.html.
(4) Na, I.-K. et al., Immundefekte, sekundär, Onkopedia Leitlinie, DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V.
https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/immundefekte-sekundaer/@@guideline/html/index.html.
(5) Stegmeier-Petroianu, A., Diabetes und Infekte ohne Ende? Ars medici 11/2013. www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2013/11/Diabetes_und_Infekte_ohne_Ende.pdf.
(6) Siegmund-Schultze, N., Krebstherapie, Immunsystem und Mikrobiom – das künftige Triumvirat. Dtsch Arztebl. 2017; 45: A2100-2106.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/194466/Onkologie-Krebstherapie-Immunsystem-und-Mikrobiom-das-kuenftige-Triumvirat.
(7) Onkopedia Leitlinie, Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen,19.01.2021 https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/coronavirus-infektion-covid-19-bei-blut-und-krebserkrankungen/@@guideline/html/index.html.
(8) Informationen zu SARS-CoV2 und COVID-19, Centrum für Chronische Immundefizienz CCI, Universitätsklinikum Freiburg, https://www.uniklinik-freiburg.de/cci/aktuelles/informationen-zu-sars-cov2-und-covid-19.html. (Letzter Zugriff: 03.06.2022)
(9) Informationen der API zu SARS-CoV-2 / COVID-19, Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Immunologie, http://www.api-ev.eu/neuartiges-Coronavirus

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