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JOURNAL ONKOLOGIE 01/2022

r/r FL: Tiefe und anhaltende Remissionen durch bispezifischen Antikörper Mosunetuzumab ab der dritten Therapielinie

Dr. rer. nat. Claudia Schöllmann

r/r FL: Tiefe und anhaltende Remissionen durch bispezifischen Antikörper Mosunetuzumab ab der dritten Therapielinie
© jarun011 - stock.adobe.com
Eine Monotherapie mit dem bispezifischen Antikörper Mosunetuzumab führt bei Patient:innen mit rezidiviertem/refraktärem Follikulären Lymphom (FL) nach mindestens 2 Vortherapien zu tiefen und anhaltenden Remissionen bei handhabbarem Sicherheitsprofil. Das zeigen die Daten einer zulassungsrelevanten Phase I/II-Studie, die bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) 2021 präsentiert wurden (1).

Bispezifische Antikörper neue Hoffnung in der FL-Therapie

Das Follikuläre Lymphom (FL) ist eine hämatoonkologische Erkrankung, die von häufigen Rezidiven geprägt ist. Mit jeder Therapielinie werden die progressionsfreien Intervalle kürzer und die verabreichten Medikamente verlieren wegen zunehmender Refraktärität immer mehr an Effektivität (2-4). Gerade in der revidivierten/refraktären Situation sind daher neue Therapieoptionen dringend vonnöten. Ein neuer Ansatz zur Verbesserung der Therapieergebnisse beim r/r FL besteht in der Verabreichung von bispezifischen Antikörpern, also Konstrukten, bei denen die Antigen-Erkennungsdomänen zweier monoklonaler Antikörper mit unterschiedlichen Spezifitäten kombiniert sind. Der bispezifische Antikörper Mosunetuzumab (Mosun) adressiert CD20 und CD3 als Targets. Auf diese Weise bringt er körpereigene T-Zellen und maligne B-Zellen in engen räumlichen Kontakt und versetzt dadurch die T-Zellen in die Lage, die malignen B-Zellen besser zu eliminieren.

CRS unter Mosun bei stufenweiser Aufdosierung vermeidbar

In der Dosiseskalationsphase einer laufenden Phase-I/II-Studie (NCT02500407) hatte sich Mosun im Vorfeld bereits als hochaktiv und für Patient:innen mit r/r FL mit mindestens 2 vorherigen Therapielinien (3L+ r/r FL) als gut verträglich erwiesen, wenn in Zyklus 1 zur Vermeidung eines Zytokinfreisetzungssyndroms (CRS) stufenweise aufdosiert wurde (5). Beim ASH 2021 wurden nun zulassungsrelevante Daten derselben Studie präsentiert, wobei eine große Expansionskohorte von 3L+ r/r FL-Patient:innen in die Analyse einging. Alle Patient:innen hatten eine Mosun-Monotherapie in der empfohlenen Phase-II-Dosis (1/2/60/30 mg) erhalten.

CR-Rate primärer Endpunkt in der Mosun-Monotherapie-Studie

Alle Patient:innen der 1-armigen, zulassungsrelevanten Expansionskohorte hatten FL Grad 1-3a, einen ECOG Performance-Status ≤1 und im Vorfeld mindestens 2 Therapielinien erhalten, einschließlich eines Anti-CD20-Antikörpers und einer alkylierenden Substanz. Mosun wurde i. v. in 21-tägigen Zyklen mit steigender Dosierung in Zyklus 1 verabreicht. Patient:innen, die bis Zyklus 8 ein komplettes Ansprechen (CR) erreichten, beendeten die Therapie. War das Ansprechen partiell oder wurde eine Krankheitsstabilisierung erreicht, wurde die Behandlung über insgesamt 17 Zyklen fortgeführt, außer es traten Krankheitsprogression (PD) oder inakzeptable Toxizität auf. Primärer Endpunkt war die durch ein unabhängiges Review-Komitee (IRS) auf der Basis von PET/CT bewertete die CR-Rate (als bestes Ansprechen) im Vergleich zu der CR-Rate von 14% aus historischen Kontrollen (6). Ein obligatorischer Krankenhausaufenthalt war nicht erforderlich.

Studienpopulation bei Mosun-Monotherapie-Studie

Wie Dr. L. Elizabeth Budde, Duarte, CA, USA, berichtete, gingen insgesamt 90 Patient:innen mit einem medianen Alter von 60 Jahren, die im Median 3 Vortherapien (Spanne: 2–10) erhalten hatten, in die Analyse ein. Bei Therapiebeginn wiesen 76,7% eine Erkrankung im Stadium III oder IV auf. Die Vortherapien umfassten Anti-CD20-Antikörper und Alkylanzien (alle Patient:innen) sowie Anthrazykline (82,2%), autologe Stammzelltransplantationen (21,1%), PI3K-Inhibitoren (18,9%), Immunmodulatoren (14,4%), BTK-Inhibitoren (6,7%) und CAR-T-Zellen (3,3%). 68,9% der Patient:innen waren refraktär gegenüber ihrer letzten Therapie, 78,9% gegenüber einem Anti-CD20-Antikörper und 53,3% doppelt refraktär gegenüber einem Anti-CD20-Antikörper und einer alkylierenden Substanz. 52,2% waren binnen 24 Monaten nach Beginn der Ersttherapie progredient geworden (POD24).

Hohe Ansprechraten unter Mosun-Monotherapie

Zum Datenschnitt am 27. August 2021 betrug das mediane Follow-up 18,3 Monate. Anti-Tumor-Aktivität wurde bei der überwiegenden Zahl der Patient:innen beobachtet. Das objektive Ansprechen (ORR) und die CR-Raten nach IRF-Beurteilung betrugen 80% (72/90 Patient:innen) bzw. 60% (54/90); bei einer medianen Zeit bis zum ersten Ansprechen von 1,4 Monaten und bis zur ersten CR von 3,0 Monaten. Die ORR- und CR-Raten waren über alle präspezifizierten Subgruppen hinweg konsistent, auch im Falle von POD24 (ORR: 85%; CR: 57%) und bei doppelrefraktären Patient:innen (ORR: 71%; CR: 50%). Die mediane Dauer des objektiven Ansprechens bei den Respondern betrug 22,8 Monate, das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) 17,9 Monate.

Günstiges Sicherheitsprofil für Mosun-Monotherapie

Das Sicherheitsprofil des bispezifischen Antikörpers erwies sich laut Budde als „sehr handhabbar“. CRS aller Grade waren mit 4,4% die häufigste Nebenwirkung, traten aber meist nur im Zyklus 1 auf und waren überwiegend leichtgradig (Grad 1: 25,6%; Grad 2: 16,7%). Alle CRS-Ereignisse entwickelten sich zurück. Die häufigste Grad-3–4 UE war Neutropenie (26,6%). Die Häufigkeit des Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndrom (ICANS) war ebenso selten wie Nebenwirkungen, die zum Behandlungsabbruch führten (je 4,4%).

Mosun erzielt hohe Remissionsraten und ist gut verträglich

Buddes Fazit: Der bispezifische Antikörper Mosunetuzumab induziert tiefe und anhaltende Remissionen bei Patient:innen mit r/r FL ab der dritten Therapielinie, einschließlich Patient:innen mit POD24 und/oder doppelrefraktärer Erkrankung. Es wurden hohe Remissionsraten erreicht (ORR: 80%; CR: 60%), die bei den meisten Patient:innen anhaltend waren. Budde: „Das ist der erste T-Zell-aktivierende bispezifische Antikörper, der in einer zulassungsrelevante Phase-II-Studie klinisch relevante Therapieergebnisse bei Patient:innen mit r/r FL zeigen konnte.“ Mosunetuzumab weise darüber hinaus ein handhabbares Sicherheitsprofil auf, was eine Behandlung ohne obligatorischen Krankenhausaufenthalt möglich mache. „Das ist eine sehr wirksame und sehr sichere Substanz, auch für Patient:innen, die normalerweise nicht gut auf  bestehende Therapien ansprechen.” so Budde.

Quelle: ASH 2021

Literatur:

(1) Budde LE et al. ASH 2021, #127, https://ash.confex.com/ash/2021/webprogram/Paper145872.html und Oral Presentation.
(2) Rivas-Delgado A et al. Br J Haematol 2019; 184: 753-759.
(3) Seymour JF et al. Haematologica 2019; 104: 1202-1208.
(4) Sun LL et al. Sci Transl Med 2015; 7:287ra70.
(5) Assouline SE et al. ASH 2020, #702.
(6) Dreyling M et al. J Clin Oncol 2017: 35: 3898-3905.


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