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Medizin

ALL: Neues Prognosemodell zur Klassifizierung von Subtypen

ALL: Neues Prognosemodell zur Klassifizierung von Subtypen
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Forschende des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben in Zusammenarbeit mit internationalen Kolleg:innen mithilfe von Methoden des maschinellen Lernens ein neues Prognosemodell zur Klassifizierung der BCR::ABL1-positiven akuten lymphatischen Leukämie (ALL) entwickelt (1).
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Diagnostische Standards für die Unterscheidung der Subtypen der BCR::ABL1-positiven ALL fehlen

BCR::ABL1 ist der häufigste genetische Erkrankungstreiber bei erwachsenen Patient:innen mit ALL. Es handelt sich dabei um eine Genfusion, die zu einer Daueraktivierung von Signalen führt, die Wachstum und Zellteilung in Vorläuferzellen der B-Zellen anregt – die molekulare Basis für eine bösartige Transformation. Interessanterweise kann die BCR::ABL1-Fusion aber nicht nur in diesem frühen B-Zellkompartiment nachgewiesen werden. Bei etwa einem Drittel der Patient:innen zeigt sie sich auch in anderen Zellreihen der Blutbildung. Die Unterscheidung in einen rein lymphatischen und einen multiliniären Subtyp der BCR::ABL1-positiven ALL hat Eingang in die internationale Klassifikation der Leukämien gefunden. Aber noch fehlen etablierte diagnostische Standards für die Identifikation dieser Subtypen und wenig ist über die zugrundeliegende Biologie bekannt.

ALL: Rein lymphatische vs. multiliniäre Hauptformen erstmals auf Genexpressionsebene bestätigt

Dr. Lorenz Bastian, Projektleiter in der DFG-geförderten klinischen Forschungsgruppe 5010 CATCH ALL am Universitären Cancer Center Schleswig-Holstein (UCCSH) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), untersuchte zusammen mit Dr. Thomas Beder, Dr. Malwine Barz und weiteren Kolleg:innen den größten verfügbaren Datensatz (327 Patient:innen im Alter von 2 bis 84 Jahren). Mit Hilfe von Methoden des maschinellen Lernens konnten die Forschenden Genexpressionssignaturen für molekulare Subtypen innerhalb der BCR::ABL1-positiven ALL identifizieren. So konnten die beiden Hauptformen (rein lymphatisch vs. multiliniär) erstmals auf Genexpressionsebene bestätigt werden.

Weitere Untergruppen der BCR::ABL1-positiven ALL identifiziert

Darüber hinaus zeigte sich eine noch weitere Aufgliederung in insgesamt 4 Untergruppen, denen jeweils zusätzliche spezifische genetischen Veränderungen zugeordnet werden konnten. Der Vergleich mit der gesunden B-Zell-Entwicklung ergab, dass die multiliniäre BCR::ABL1-positive ALL einen unreiferen Entwicklungsursprung hat als der rein lymphatische Gegenpart und dass je nach Entwicklungsursprung unterschiedliche weitere genetische Veränderungen mit BCR::ABL1 in der Leukämieentstehung zusammenwirken. Die zugrundeliegenden Modelle des maschinellen Lernens konnten die Forschenden direkt in den Klassifikator „ALLCatchR“ für die Subtypen-Diagnostik der ALL implementieren und so für die hämatologische Spezialdiagnostik nutzbar machen. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Blood veröffentlicht.

Unterschiedliche klinische Verläufe der Untergruppen der BCR::ABL1-positiven ALL

Die neuen Untergruppen der BCR::ABL1-positiven ALL zeigten unterschiedliche klinische Verläufe. In einer Kohorte der deutschen ALL-Studiengruppe (GMALL) erreichten die multiliniären und lymphatischen Gruppen vergleichbare 3-Jahres-Überlebensraten, während sich bei den durch zusätzliche genetische Veränderungen definierten Untergruppen sowohl ungünstige als auch günstige Subtypen mit 51%, beziehungsweise 100% 3-Jahres-Überlebensraten zeigten. „Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Untergruppen wichtige prognostische Marker sein könnten“, sagt Dr. Bastian, „es sind jedoch weitere Studien erforderlich, um die Rolle der BCR::ABL1-Untergruppen im Zusammenhang mit neuen Behandlungsstrategien zu bewerten bei denen Immuntherapien einen besonders großen Stellenwert haben.“
 
 
 

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Evaluation der ALL-Subtypen in Zusammenhang mit Immuntherapien in künftigen Forschungen

Prof. Dr. Claudia Baldus, Sprecherin der klinischen Forschungsgruppe CATCH ALL, UKSH, Campus Kiel, sagt: „Diese Ergebnisse tragen wesentlich zu unserem Verständnis der altersabhängigen Faktoren bei der ALL bei. Künftige Forschungsarbeiten sollten diese kürzlich identifizierten Subtypen vorrangig im Zusammenhang mit Immuntherapien evaluieren. Kombinationen aus therapeutischen Antikörpern wie Blinatumomab und BCR::ABL1-Tyrosinkinaseinhibitoren sind in klinischen Studien sehr erfolgreich. Solche Kombinationen werden absehbar zu einem reduzierten Einsatz von konventioneller Chemotherapie und möglicherweise auch zu einem häufigeren Verzicht auf allogene Stammzelltransplantationen führen. Der damit erreichten Verminderung von teils schwerwiegenden Nebenwirkungen steht jedoch das Risiko von neuen Resistenzmechanismen gegenüber. Hier könnte der Verlust von linienspezifischen Angriffspunkten für Immuntherapien in der multiliniären BCR::ABL1-postiven ALL eine besondere Rolle spielen. Die Identifizierung von BCR::ABL1 ALL-Subtypen in laufenden Studien ist für die Verfeinerung dieser Therapiestrategien entscheidend, um diese für linienspezifische und linienunabhängige Ansätze zu optimieren.“

Transkriptomsequenzierung als Routinediagnostik für die ALL

Dr. Bastian ergänzt: „Die Transkriptomsequenzierung ist aktuell die einzige Methode, die es erlaubt, in einem Ansatz alle ALL-Subtypen zu diagnostizieren. Zusätzlich gibt sie Einblicke in die zugrundeliegende Erkrankungsbiologie, die zusammen mit der gewählten Therapie das Behandlungsergebnis bestimmt. Im Hämatologielabor Kiel, das als Teil unserer Klinik hämatologische Spezialdiagnostik im nationalen und internationalen Maßstab anbietet, haben wir die Transkriptomsequenzierung bereits als Routinediagnostik für die ALL eingeführt.“

Quelle: Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Literatur:

(1) Bastian L et al. Blood 2024;143(14):1391–8.


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