Aszites enthält Stoffe, die Tumorwachstum und Metastasierung fördern
Das
Ovarialkarzinom wird oft erst spät und nach der Streuung von Metastasen im Bauchraum entdeckt. Die verfügbaren Therapeutika zeigen zwar initial Wirkung, diese ist aber nicht von Dauer. Dadurch liegt die 5 Jahres Überlebensrate bei unter 40%. Ein tiefergehendes Verständnis für seine Biologie und neue Ansatzpunkte zur Therapie sind dringend erforderlich. Eine häufige Begleiterscheinung des Ovarialkarzinoms ist eine maligne Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum – Aszites genannt. Diese Flüssigkeit enthält neben Tumor- und Immunzellen eine Vielzahl von Stoffen, die das Tumorwachstum und die Metastasierung fördern und ist somit als Untersuchungsmaterial besonders wertvoll.
Warum wachsen einige Tumorzellen im Aszites als Metastasen an?
Die Arbeitsgruppen um Dr. Florian Finkernagel, und Prof. Dr. Rolf Müller, beide vom Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI) der Philipps-Universität Marburg, untersuchen in einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Klinik für Gynäkologie die Signalnetzwerke und Wechselwirkungen zwischen Tumor- und Wirtszellen in diesem durch Aszites geprägten Mikromilieu (1). „Aszites enthält Millionen von frei schwimmenden Tumorzellen – aber nur wenige wachsen als Metastasen an. Wir wollen die Bedingungen, die dafür notwendig sind, genau verstehen“ sagt Dr. Florian Finkernagel. Es gelang ihnen die Wirkung einer der im Aszites vermehrt vorhanden Stoffgruppen – Lysophosphatidsäuren (LPA) – auf Tumorzellen zu beleuchten.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Kryokonservierung von Eierstockgewebe
Erschienen am 31.05.2023 • Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe wird seit Juli 2023 von den Kassen übernommen. Weitere Informationen erhalten Sie hier!
Erschienen am 31.05.2023 • Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe wird seit Juli 2023 von den Kassen übernommen. Weitere...
© sola_sola – stock.adobe.com
Lysophosphatidsäure: Aktivierender Faktor des Ovarialkarzinoms
Lysophosphatidsäure (LPA) gilt als „Ovarialkarzinom aktivierender Faktor“. Sowohl ihre Konzentration im Aszites als auch die vermehrte Expression bestimmter LPA-bindender Rezeptoren im Tumor sind mit kürzerer rückfallfreier und totaler Überlebensdauer assoziiert. Wie die Marburger Forschenden nun im Journal Theranostics beschrieben, wirken die in Aszites vorkommenden LPA-Varianten auf das Zytoskelett, die Tumorzellmigration und die Zell-in-Zell-Invasion von Tumorzellen mittels eines komplexen Signalnetzwerkes.
Hemmung von MYPT1 verhindert die LPA-vermittelte Migration von Tumorzellen
Als zentraler Bestandteil des Netzwerkes stellte sich dabei die Proteinkinase MYPT1 heraus. Die Forschenden konnten zeigen, dass die Hemmung von MYPT1 die LPA-vermittelte Migration und Zell-in-Zell-Invasion von Tumorzellen verhindert. Da MYPT1 prinzipiell medikamentös beinflussbar ist, eröffnet sich hier ein vielversprechender Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Therapien.
Biomaterial- und Datenbank für Bestandteile des Aszites
Im Zuge des Forschungsprojektes entstand eine einmalige Biomaterial- und Datenbank am Zentrum für Tumor- und Immunbiologie: „Als Beitrag hin zu einer personalisierten Medizin haben wir eine Bio- und Datenbank speziell für Tumorzellen, Immunzellen und andere Bestandteile des Aszites von Ovarialkarzinom-Patientinnen aufgebaut“, sagt Prof. Dr. Rolf Müller, Leiter der Arbeitsgruppe Translationle Onkologie am ZTI. Sie erfasst alle relevanten experimentellen Labor- sowie Patientendaten einschließlich klinischer Verläufe in anonymisierter und vereinfachter Form und ist online für alle beteiligten Kooperationspartner:innen abrufbar.