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Medizin

Glioblastom-Forschung: Neue Erkenntnisse zur Resistenz gegenüber Chemotherapie

Glioblastom-Forschung: Neue Erkenntnisse zur Resistenz gegenüber Chemotherapie
© merydolla - stock.adobe.com
Strahlen- und/oder Chemotherapie nach der Operation – das sind die Behandlungsoptionen bei einem der gefährlichsten Gehirntumoren überhaupt, dem Glioblastom. Doch bis heute sind diese Tumoren unheilbar, mit einer mittleren Überlebensdauer von 16 Monaten nach Diagnosestellung. Nun hat ein Team internationaler Forschender unter Federführung von Prof. Dr. Rainer Glaß vom LMU Klinikum München einen Mechanismus entdeckt, der die Krebszellen gegen gängige Chemotherapeutika unempfindlich macht. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Cell Reports Medicine“ veröffentlicht (1).
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Resistenzmechanismen erschweren Therapie beim Glioblastom

In Deutschland erkranken alljährlich 4.000 bis 5.000 Menschen an einem Glioblastom. Nur jeder 20. der Betroffenen ist nach 5 Jahren noch am Leben. Die Ursachen für diese düsteren Aussichten sind vielschichtig. Einer der Gründe für die verbesserungswürdige Bilanz sind die Resistenzmechanismen, die die Tumoren gegenüber Chemotherapeutika entwickeln.

Blut-Hirn-Schranke erschwert Passage ins Gehirn

Zum einen ist es für viele dieser Medikamente per se schon schwierig, ins Gehirn zu gelangen, da der Körper sein Denk- und Gefühlszentrum mit der Blut-Hirn-Schranke schützt. „Glioblastome sind nun in der Lage die Blut-Hirn-Schranke auch während des Tumorwachstums zum Teil aufrecht zu erhalten. Diese Blut-Tumor-Schranke erschwert dann die Passage für Therapeutika“, sagt Prof. Glaß, Experte für neurochirurgische Forschung am LMU Klinikum. Zum anderen entwickeln die Hirntumorzellen Mechanismen, mit denen sie viele Schäden reparieren können, die eine Chemotherapie in ihnen anrichtet.

Humanin als Schlüsselmolekül der Therapieresistenz

„Wir haben nun herausgefunden, dass es in Glioblastomen – nicht in allen, aber in einigen – einen koordinierenden Mechanismus gibt, der beides bewerkstelligt“, erklärt Prof. Glaß. Durch ein Zusammenspiel der Tumorzellen mit den sie umgebenden Immunzellen wird ein molekularer Signalweg ausgelöst, der letztlich zur Ausschüttung des Stoffes „Humanin“ führt. In Glioblastomen aktiviert Humanin ein Oberflächenmolekül, den Rezeptor GP130, der sowohl auf den Tumorzellen als auch auf den Blutgefäßen im und um das Tumorgewebe vorhanden ist.
 
 

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Reparatur der Chemotherapie-induzierten Schäden sowie Verstärkung der Blut-Tumor-Schranke

Die Folgen: Einerseits kommt es in den Tumorzellen selbst zu einer großangelegten Reparatur der Schäden, die durch Chemotherapeutika verursacht werden. Andererseits signalisiert Humanin den Gefäßen um den Tumor, die Blut-Tumor-Schranke auszubauen. „Dann gelangt eine geringere Menge des Chemotherapeutikums zu den Tumorzellen“, sagt Prof. Glaß, „und diese verminderte Dosis wird in ihrer Wirkung blockiert, indem die Resistenzmechanismen hochgefahren sind.“

Blockade von GP130: Bazedoxifen als potenzielles Mittel gegen Resistenz

Und jetzt die Hoffnung: Blockieren die Forscher:innen den Rezeptor GP 130 mit einem Medikament, das zur Therapie des Knochenschwunds zugelassen ist, kann Humanin dort nicht mehr andocken. “Damit verhindern wir beide Resistenzmechanismen, wir schlagen sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe“, so Prof. Glaß.

Bisher funktioniert das alles im Zell- und Tierversuch. „Selbstverständlich benötigen wir klinische Studien mit Glioblastom-Patienten, um die Wirkung des Medikaments beim Menschen zu beurteilen“, erklärt Prof. Glaß. Das Medikament heißt Bazedoxifen und kann als eines von wenigen die Blut-Hirn-Schranke passieren. Der Pferdefuß: Es verändert die Wirkung des weibliches Geschlechtshormons Östrogen und dadurch entstehende Nebenwirkungen müssten, vor allem bei Frauen, eventuell medikamentös kompensiert werden. Weibliche Mäuse reagierten jedenfalls mit Gewichtsverlust auf das Medikament.

Kurzum: Es braucht nun klinische Forschung, die zeigen muss, ob diese potenziell neue Therapie für das Glioblastom deutlichen Nutzen für die Patient:innen bringt.

Quelle: Klinikum der Universität München

Literatur:

(1) Cheng J et al. (2024): Myeloid cells coordinately induce glioma cell-intrinsic and -extrinsic pathways for chemoresistance via GP130 signaling. Cell reports. Medicine, DOI: 10.1016/j.xcrm.2024.101658.


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