Makrophagen und Fibroblasten in der Mikroumgebung von Tumoren
Tumoren bestehen sowohl aus den eigentlichen entarteten, bösartigen Krebszellen als auch aus gesunden, nicht entarteten Zellen in der unmittelbaren Umgebung. Hierzu zählen unter anderem körpereigene Makrophagen, sowie Bindegewebszellen wie zum Beispiel Fibroblasten. Sowohl Makrophagen als auch Fibroblasten sind normalerweise daran beteiligt, Gewebe in ihrem gesunden Ursprungszustand zu bewahren und die Struktur der Gewebe nach kleineren oder größeren Schädigungen wiederherzustellen. Diese Eigenschaften spielen auch bei der Verteidigung gegenüber der Vermehrung und Ausbreitung von Krebszellen eine wichtige Rolle.
Krebszellen programmieren Makrophagen und Fibroblasten um
Allerdings haben Krebszellen Strategien entwickelt, sowohl Makrophagen als auch Fibroblasten in tumorfördernde Zellen umzuprogrammieren. Daraufhin verändern die modifizierten Fibroblasten die umliegende Gewebestruktur, was das Überleben der Krebszellen fördert und ihre Ausbreitung im Körper ermöglicht. Wenn sich zum Beispiel Metastasen in der Lunge bilden, so werden zunächst die Fibroblasten in der Lunge aktiviert. Makrophagen sondern Wachstums- und Überlebensfaktoren ab, welche die Tumoren beispielweise nutzen, um sich besser mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Lange wurde in der Krebsforschung vermutet, dass das Ausschalten einzelner, nicht entarteter Zelltypen ausreichen könnte, therapeutische Erfolge zu erzielen. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse in der Forschung waren solche Strategien in der Therapie von Patient:innen bisher allerdings wenig erfolgreich.
Ausschalten von Prostaglandin E2 hemmt das Wachstum von Brusttumoren, aber fördert Metastasierung
Ein Forschungsteam um die Professoren Andreas Weigert und Bernhard Brüne von der Goethe-Universität Frankfurt hat nun mögliche Gründe hierfür identifiziert (1-3). Die Forscher:innen nutzten für ihre Analysen genetisch veränderte Mäuse, die spontan Tumoren im Brustgewebe entwickeln. Durch weitere genetische Veranderungen wurde ein von den Makrophagen produziertes und in die Umgebung freigesetztes Molekül, das Hormon Prostaglandin E2, in den Brusttumoren dieser Mäuse ausgeschaltet. Prostaglandin E2 wurden bisher vor allem – basierend auf Zellkulturexperimenten – tumorfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Erwartungsgemäß hemmte das Ausschalten von Prostaglandin E2 auch das Wachstum der Brusttumore in den Mäusen. Zur Überraschung des Forschungsteams zeigten Gewebeanalysen jedoch, dass sich gleichzeitig sowohl die Fibroblasten stark teilten und aktiviert wurden und die Mäuse vermehrt
Metastasen in der Lunge bildeten (2).
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Neuer Marker für Beweglichkeit von Krebszellen
Erschienen am 11.07.2023 • Forschende haben einen Marker für die Beweglichkeit von Krebszellen entwickelt mit dem sich Metastasen vorhersagen lassen. Mehr dazu hier!
Erschienen am 11.07.2023 • Forschende haben einen Marker für die Beweglichkeit von Krebszellen entwickelt mit dem sich Metastasen...
© peterschreiber.media – stock.adobe.com
Prostaglandin E2 hält Fibroblasten in Brusttumoren in einem inaktiven Zustand
In weiterführenden Untersuchungen wurde das Transkriptom der Fibroblasten analysiert. Die Forschenden konnten zeigen, dass Prostaglandin E2 die Fibroblasten in Brusttumoren durch einen bisher unbekannten Signalweg in einem inaktiven Zustand hält, was somit erklärt, warum der Wegfall des Moleküls in den Mäusen zu verstärkter Metastasierung führte (3). Der Prozess verläuft beim Menschen offenbar ähnlich: Fibroblasten, die auf ähnliche Weise aktiviert waren, fanden sich auch in den Brusttumoren mancher Patientinnen, welche eine verringerte Überlebenswahrscheinlichkeit aufwiesen.
Fibrozyten koordinieren das Wachstum von Tumorzellen und die Aktivierung von anderen Makrophagen
Bei ihren histologischen Untersuchungen in Brusttumoren stießen die Forschenden auch auf eine Subgruppe von Makrophagen, die Fibrozyten, die ähnlich wie Fibroblasten, Bestandteile der extrazellulären Matrix – vor allem Kollagene – herstellen. Diese waren bereits aus fibrotischen Erkrankungen der Lunge bekannt, jedoch war ihre Rolle im Tumor unklar. Zusammen mit Prof. Raikumar Savai vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim untersuchten die Frankfurter Forschenden daher die Rolle der Fibrozyten in Lungentumoren, indem sie diese gezielt im Verlauf des Tumorwachstums ausschalteten. Sie konnten mittels Einzelzellsequenzierung unter anderem nachweisen, dass es sich bei diesen Zellen um eine Schlüsselpopulation handelt, die sowohl das Wachstum der Tumorzellen als auch deren Versorgung mit Blutgefäßen und die tumorfördernde Aktivierung anderer Makrophagen-Subtypen koordiniert (3).
Entdeckungen sollten therapeutisch genutzt werden
„Die Ergebnisse unserer Studien verdeutlichen, dass es im Mikromilieu des Tumors viele Zelltypen gibt, die auf ähnliche Weise das Überleben, das Wachstum und die Ausbreitung des Tumors fördern. Der Tumor nutzt zentrale, molekulare Knotenpunkte, über die er gleichzeitig verschiedene körpereigene Zellen zu tumorfördernden Akteuren umprogrammiert. Wenn wir Krebs wirksam bekämpfen wollen, sollten wir die Entdeckung und therapeutische Nutzung solcher Knotenpunkte vorantreiben", fasst Weigert die Studienergebnisse zusammen, die in den renommierten Fachzeitschriften Cancer Research und Nature Communications veröffentlicht wurden.