Adipositas für 7% der Krebsneuerkrankungen in Deutschland verantwortlich
Kurzatmigkeit oder Gelenkbeschwerden und vielleicht noch
Diabetes – das sind gesundheitliche Beeinträchtigungen, die viele Menschen mit Übergewicht und Fettleibigkeit in Verbindung bringen. Deutlich weniger bekannt ist, dass Übergewicht und Adipositas (BMI > 30) auch nicht zu unterschätzende Krebsrisikofaktoren sind. DKFZ-Forscher:innen haben 2018 berechnet, dass fast 7% der Krebsneuerkrankungen in Deutschland auf das Konto des Übergewichts gehen. „Das bedeutet, dass jedes Jahr etwa 30.000 Menschen in Deutschland bedingt durch ihr Übergewicht an Krebs erkranken. Das sind 30.000 vermeidbare Krebsfälle“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Einfluss von Adipositas unterscheidet sich je nach Krebsart
Brustkrebs nach den Wechseljahren, Gebärmutterkrebs, Speiseröhrenkrebs, Nierenzellkrebs und
Darmkrebs treten bei fettleibigen Menschen erheblich häufiger auf als bei Normalgewichtigen. Außerdem erkranken adipöse Menschen häufiger an
Leber- oder
Bauchspeicheldrüsenkrebs, an Eierstockkrebs oder an einem
Multiplen Myelom. Studiendaten weisen auf einen Zusammenhang von Dosis und Wirkung: Je stärker ausgeprägt die Fettleibigkeit ist, desto höher das Krebsrisiko. Allerdings spielt das Übergewicht nicht bei allen Krebsarten eine gleich starke Rolle: Bei Gebärmutter- und Nierenkrebs oder bei Adenokarzinomen der Speiseröhre ist sogar fast die Hälfte aller Fälle durch Adipositas bedingt.
Wie treibt Fettleibigkeit die Krebsentstehung an?
Insbeondere das viszerale Bauchfett, das die inneren Organe umgibt, produziert viele entzündungfördernde Botenstoffe. Sind sie dauerhaft erhöht, so entstehen chronische Entzündungen, die krebsfördernd wirken. Die Fettzellen im Körper produzieren außerdem Östrogen. Krebszellen können dadurch zum Wachstum angeregt werden. Übergewichtige Menschen produzieren mehr Insulin als Normalgewichtige. Insulin dient für viele Krebszellen als Wachstumgsfaktor, weshalb ein durchgängig hoher Insulinspiegel das Krebswachstum antreiben kann.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Vor allem bei Übergewicht: Fachleute warnen vor verstecktem Muskelschwund
Erschienen am 18.05.2023 • Vor allem bei Übergewicht: Fachleute warnen vor verstecktem Muskelschwund. Erfahren Sie hier mehr dazu!
Erschienen am 18.05.2023 • Vor allem bei Übergewicht: Fachleute warnen vor verstecktem Muskelschwund. Erfahren Sie hier mehr dazu!
© Gina Sanders - stock.adobe.com
Adipositas als Risikofaktor für Krebs noch zu wenig bekannt
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: „Ich begrüße es sehr, dass die diesjährige Nationale Krebspräventionswoche Übergewicht und Adipositas als vermeidbare Risikofaktoren für eine Krebserkrankung in den Mittelpunkt stellt. Viele Menschen wissen, dass
Rauchen und Alkoholkonsum bedeutsame Risikofaktoren für eine Krebserkrankung darstellen. Viel weniger bekannt dürfte sein, dass starkes Übergewicht und Adipositas das Risiko für eine Reihe von häufigen Krebserkrankungen wie Brustkrebs und Darmkrebs erhöhen. Durch die Beseitigung oder noch besser die Vermeidung dieser Risikofaktoren durch gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung reduzieren wir nicht nur das Risiko für eine Krebserkrankung, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den Typ-2-Diabetes und Gelenkerkrankungen.“
Prävention von Übergewicht muss schon früh ansetzen
Doch ein gesundes Körpergewicht zu halten, ist nicht leicht in einer Welt voller Verführung durch hochkalorische Lebensmittel. „Höchste Priorität sollten daher präventive Maßnahmen haben, die es den Menschen leichter machen, sich ausgewogen zu ernähren und damit ihr Körpergewicht zu halten“, sagt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Die Prävention von Übergewicht muss bereits im Kindesalter ansetzen, denn hier hat Übergewicht oftmals seinen Ursprung.“
Präventionsmaßnahmen für eine gesunde Ernährung
Als wichtige Anreize für eine gesunde Ernährung gelten unter anderem ein
Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für übergewichtsfördernde Lebensmittel oder eine „gesunde Mehrwertsteuer“. Diese sieht eine höhere Besteuerung für stark zucker- oder fett- oder salzhaltige Nahrungsmittel vor, während Obst und Gemüse nicht besteuert werden. Auch verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnungen sowie ausgewogene Ernährungsangebote an Schulen könnten einen wichtigen Beitrag leisten. Einige europäische Länder haben solche Präventionsmaßnahmen bereits umgesetzt: So besteuern beispielsweise England und Frankreich stark gezuckerte Limonaden, Portugal verbietet an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel. „In Deutschland haben wir dringenden Handlungsbedarf“, sagt Prof. Dr. Michael Ghadimi, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. „Die Umsetzung des im Koalitionsvertrag beschlossenen Verbots von an Kinder gerichteter Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker- und Fettgehalt wäre ein wichtiger erster Schritt für die Krebsprävention.“
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) / Deutsche Krebshilfe / Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)