Journal Onkologie
Medizin

Hohes Heilungspotenzial – aber erhebliche Spätfolgen

Etwa jedes 7. Kind mit einem bösartigen Tumor hat ein Hodgkin-Lymphom. Darüber hinaus tritt die Erkrankung häufig bei jungen Erwachsenen auf. Sie gehört zu den Krebserkrankungen mit den höchsten Heilungsraten, wobei über 90% der Betroffenen langfristig dank einer aggressiven, hochdosierten Chemotherapie überleben.

Aber: Viele der geheilten Kinder und jungen Erwachsenen haben im Laufe ihres Lebens mit Spätfolgen zu kämpfen. Das können leichte Komplikationen sein, wie eine Hormonstörung oder eine erhöhte Infektanfälligkeit. Das können aber auch schwerwiegende Erkrankungen sein, wie zum Beispiel ein erneuter Krebs oder eine Herz- oder Lungenschwäche. „Der Bedarf für neue, weniger aggressive Therapien, die so gezielt wie möglich auf die Krebszellen und das umgebende Tumormilieu wirken, ist also sehr groß“, sagt Dr. Adrian Gottschlich, Erstautor der Studie. Zumal Hodgkin-Lymphome um die eigentlichen Krebszellen herum ein Milieu aufbauen, das jegliche Aktivitäten des Immunsystems gegen den Tumor besonders stark unterdrückt und Immunzellen für dessen Wachstum „umprogrammiert“.

CD86 als Schlüssel zur Immunflucht beim Hodgkin-Lymphom identifiziert

Ein Team um die Münchner Mediziner:innen hat nun die experimentellen Voraussetzungen für neue gezielte Therapien geschaffen. Im Fokus: das Molekül CD86. „Mit Hilfe künstlicher Intelligenz“, erklärt Prof. Sebastian Kobold, „konnten wir im Tumormilieu von Hodgkin-Lymphomen CD86 als zentrales Steuerelement identifizieren, das die Krebszellen vor dem Immunsystem schützt.“ Das Molekül ist sowohl auf der Oberfläche der Tumorzellen selbst zu finden als auch auf der Oberfläche bestimmter Immunzellen (Fresszellen), die in den Krebs einwandern und sein Wachstum unterstützen, statt es zu bekämpfen.

Anti-CD86-CAR-T-Zellen zeigen vielversprechende Wirkung im Modell

Um die fatale Wirkung von CD86 zu unterbinden, blockierten die Forschenden das Molekül ganz gezielt und konnten dadurch den Schlafzustand von T-Zellen aufheben, was die zentrale Bedeutung von CD86 in der Hemmung dieser Immunzellen unterstreicht. Parallel entwickelte das Team eine CAR-T-Zell-Therapie gegen CD86. „Diese anti-CD86-CAR-T-Zellen“, berichtet Dr. Gottschlich, „zeigten in zahlreichen Erkrankungsmodellen eine herausragende Wirksamkeit.“

Die Ergebnisse machen CD86 zu einer vielversprechenden Zielstruktur für neue Therapien gegen das Hodgkin-Lymphom auch im Menschen. Die Münchner Wissenschaftler:innen arbeiten bereits intensiv an der Herstellung der anti-CD86-CAR-T-Zellen für den Einsatz in einer klinischen Studie. Kein leichtes Unterfangen, weil man dafür verschiedene Komponenten und Partner braucht und das nötige Kleingeld. „Außerdem, so Prof. Kobold, könnten unsere Forschungen eine neue Generation von Immuncheckpoint-Inhibitoren einleiten. Diese Medikamente könnten das Immunsystem dann nicht nur reaktivieren - wie bisher üblich - sondern die Krebszellen auch direkt abtöten.“

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Quelle:

Klinikum der Universität München

Literatur:

(1)

Gottschlich A et al. Blood 2025; 145(14):1536-1552. doi: https://doi.org/10.1182/blood.2023022197