Journal Onkologie
Medizin

Neue Analyse bestätigt höheren Nutzen der Darmspiegelung

Die Vorsorge-Darmspiegelung gilt seit ihrer Einführung als Erfolgsgeschichte: In den USA sank die Krebsneuerkrankungsrate der älteren Bevölkerung nach flächendeckender Einführung der Darmspiegelung etwa um die Hälfte – obwohl Darmkrebs-Risikofaktoren wie etwa Fettleibigkeit im gleichen Zeitraum eher zunahmen. Um den Erfolg klinischer Maßnahmen wie z.B. solcher Screening-Untersuchungen zu messen, gelten prospektive randomisierte kontrollierte Studien („RCTs“) als der Goldstandard. Zur Wirksamkeit von Vorsorge-Darmspiegelungen wurde bislang nur eine einzige solche Studie publiziert, die NordICC-Studie. Doch deren Langzeit-Ergebnisse deuteten auf eine mit 18% eher bescheidene Reduktion des Darmkrebsrisikos hin. Ein Team von Wissenschaftler:innen im DKFZ hat eine neue Analyse der Ergebnisse der NordICC-Studie durchgeführt, die die Wirkung der Darmspiegelung auf die Prävention und Früherkennung von Darmkrebs untersucht. Die Ergebnisse dieser Analyse zeigen, dass der Nutzen der Koloskopie deutlich größer ist, als die ursprüngliche Auswertung von NordICC vermuten ließ.

Darmspiegelung verhindert oder erkennt 75% der Fälle frühzeitig

In der ursprünglichen Analyse wurde unter allen Teilnehmer:innen, die zum Screening eingeladen waren, eine Reduktion des Darmkrebsrisikos von 18% festgestellt. Um 33% ging nach dieser Analyse das Risiko bei denjenigen zurück, die die Untersuchung tatsächlich wahrgenommen hatten. Diese Zahlen sorgten für Diskussionen über die Wirksamkeit und Kosteneffizienz der Darmspiegelung. Die neue Analyse unterscheidet erstmals zwischen Tumoren, die bereits zu Studieneintritt vorhanden, aber noch nicht diagnostiziert waren, und die durch die Vorsorge-Koloskopie frühzeitig erkannt wurden – und Fällen, die durch die Entfernung von Vorstufen des Krebses verhindert wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass von denjenigen Personen, die tatsächlich an der Koloskopie teilgenommen hatten, 40% der innerhalb von 10 Jahren auftretenden Darmkrebsfälle frühzeitig erkannt und 34% durch Prävention verhindert wurden. Insgesamt konnten also Dreiviertel der ohne Screening zu erwartenden Fälle entweder frühzeitig erkannt oder verhindert werden.

Tumorerkennung durch Screening ist ein Erfolg, kein Präventionsversagen

Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die ursprüngliche Bewertung die präventiven Effekte der Koloskopie unterschätzt hat. „Es ist wichtig zu verstehen, dass die Früherkennung von Tumoren durch Screening ein erwünschter Effekt ist und nicht als Versagen der Prävention gewertet werden sollte“, erläutert Michael Hoffmeister, Koautor der Studie. Die Forscher:innen betonen, dass andere Faktoren, wie z.B. die Durchführung diagnostischer Koloskopien außerhalb des Screenings („graues Screening“) und Verzögerungen bei der Registrierung von Krebsfällen, zu einer zusätzlichen Unterschätzung der Effekte geführt haben. Der tatsächliche präventive Effekt der Koloskopie dürfte daher sogar noch deutlich größer sein. Die Ergebnisse der neuen Berechnung stehen im Einklang mit früheren Beobachtungsstudien, die eine starke Risikoreduktion durch die Koloskopie belegen, sowie mit Daten aus Ländern wie den USA, in denen das Screening weit verbreitet ist.

Die erste Folge der 7. Staffel von O-Ton Onkologie zum Thema Darmkrebsprävention

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Quelle:

Deutsches Krebsforschungszentrum

Literatur:

(1) Brenner et al. Cancer Commun (2024). DOI: 10.1002/cac2.12642