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Medizin

Keimzelltumor des Mannes: microRNA-Signatur als Biomarker

Keimzelltumor des Mannes: microRNA-Signatur als Biomarker
©Sebastian Kaulitzki / Fotolia.de
Wie kann die Prognosebewertung und Therapieentscheidung bei Patienten mit Seminom, dem bösartigen Keimzelltumor der Hoden, individualisiert werden? Ein Forscherteam am Universitätsklinikum des Saarlandes will dafür eine microRNA-Signatur als Biomarker etablieren, unter Leitung von Prof. Kerstin Junker und PD Dr. Julia Heinzelbecker. 
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Seminome haben einen Anteil von bis zu 60% an Keimzelltumoren des Hodens. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 4.200 Männer an einem bösartigen Hodentumor. Ein Hodentumor betrifft vor allem junge Männer zwischen 25 und 45 Jahren. In dieser Altersstufe ist er – mit 20 bis 30% aller Krebsfälle – die häufigste Tumorneuerkrankung bei Männern. Ein typisches Frühsymptom ist die schmerzlose, verhärtete Schwellung meist eines Hodens. 

Gute Heilungschancen bei früher Entdeckung

„Bei den meisten Patienten kann Hodenkrebs geheilt werden, indem der Tumor in einem frühen Stadium entdeckt und operativ entfernt wird“, erläutert PD Dr. Julia Heinzelbecker, Universitätsklinikum Saarland (UKS). Bei cirka 20% der Betroffenen besteht jedoch das Risiko einer späteren Metastasierung. Um dieses Risiko zu reduzieren, können neben der engmaschigen Überwachung auch unterstützende Behandlungskonzepte wie Chemotherapie und Bestrahlung eingesetzt werden, die allerdings auch mit erheblichen Kurz- und Langzeittoxizitäten verbunden sind. 

„Dies hat gerade unter dem Aspekt des überwiegend jungen Alters der Patienten erhebliche Bedeutung. Sie werden zwar vom Krebs geheilt, müssen dafür aber eventuell eine verminderte Lebensqualität in Kauf nehmen. Zudem ist ihr Risiko, im weiteren Verlauf ihres Lebens an einer Zweitkrebserkrankung zu versterben, im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöht“, erklärt Julia Heinzelbecker. „Um eine Übertherapie zu vermeiden, ist es wichtig, das individuelle Risiko für eine Metastasierung zu bewerten. Dies ist jedoch mit klassischen klinischen und histopathologischen Parametern (Biopsie) kaum möglich.“

„liquid biopsy“: innovativer Therapieansatz

Ein neuer innovativer Ansatz für die Therapieentscheidung und Prognosebewertung ist die so genannte „liquid biopsy“. Für diese Art der „flüssigen Biopsie“ würde ein Tropfen Blut ausreichen, der mittels molekularbiologischer Methoden auf microRNA-Muster untersucht wird. Im Rahmen des aktuellen Projekts sollen, aufbauend auf den Vorarbeiten der Homburger Forscher, ausgewählte microRNAs (miRNAs) als prognostische Marker für die Metastasierung gefunden und daraus eine Signatur entwickelt werden. „Damit könnte vermieden werden, dass Patienten in frühen Stadien und mit niedrigem Risiko unnötigerweise einer Chemotherapie ausgesetzt werden. Es könnte zudem die Intensität der Chemotherapie oder Bestrahlung angepasst werden“, beschreibt Kerstin Junker die klinische Bedeutung der Forschungen. „Darüber hinaus könnten Patienten mit einem hohen Risiko für eine Metastasierung früher von einer intensiveren Therapie profitieren.“ „Zunächst werden wir typische Muster von microRNAs identifizieren, die für Proben von Patienten mit Seminom charakteristisch sind“, erklärt Professorin Junker. „Außerdem werden wir prüfen, ob frei zirkulierende miRNAs oder in extrazelluläre Vesikel verpackte miRNAs eine bessere Aussage erlauben. Darüber hinaus untersuchen wir die funktionelle Rolle ausgewählter miRNAs in vitro, also im Labor in Zellkulturen.“

miRNA zur Diagnose von Hodentumoren etabliert

Die Micro-Ribonuklein-Säuren oder im Englischen „Micro-Ribonucleic-Acid“ (miRNA) sind winzig kleine Moleküle – nur 21 bis 23 Nukleotide lang, die in Zellen- und in Körperflüssigkeiten wie Blut und Urin zu finden sind. Sie kodieren keine Proteine. Sie binden an messengerRNAs (mRNA) und verhindern so die Umschreibung in Eiweiße. Sie spielen deshalb eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Funktion der Zelle, aber auch bei der Tumorentstehung, Metastasierung und Therapieresistenz. Die wachsende Zahl bekannter miRNAs ermöglicht es, bestimmte miRNA-Signaturen mit bestimmten Zellaktivitäten in Verbindung zu bringen. Solche miRNA-Muster sind wesentlich aussagekräftiger als einzelne Markermoleküle. Spezifische miRNA-Muster im Blut können beispielsweise Lungenkrebs oder Multiple Sklerose mit einer Zuverlässigkeit von mehr als 95% nachweisen. Inzwischen konnte auch eine miRNA (miR-371) zur Diagnose von Hodentumoren im Blut etabliert werden.

Quelle: Universität des Saarlandes


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