Journal Onkologie
Medizin

Der menschliche Körper besteht aus etwa 30 Billionen Zellen. Ungefähr genauso groß ist auch die Zahl der Bakterien und anderer Mikroorganismen, die unseren Körper bevölkern. Diese sind zwar um einiges kleiner als unsere Körperzellen, jedoch haben auch sie lebenswichtige Funktionen. Zum Beispiel halten sie Krankheitserreger fern, stellen Nährstoffe her und tragen zur Ausbildung des Immunsystems bei. Die Gesamtheit aller Mikroorganismen wird als Mikrobiom bezeichnet. Ein Großteil des Mikrobioms lebt im Darmtrakt und bildet dort die sogenannte Darmflora.

Folgen der Therapie für die Verdauung und das Immunsystem

Für eine normale Verdauung ist eine gesunde Darmflora essenziell – und dementsprechend ein Gleichgewicht vieler unterschiedlicher Mikroorganismen. Die Darmkrebstherapie beeinträchtigt dieses Gleichgewicht. Nach der chirurgischen Entfernung des Tumors erhalten die meisten Patient:innen Antibiotika, um Entzündungen vorzubeugen. Diese Medikamente töten aber nicht nur schädliche Bakterien ab, sondern auch Teile der Darmflora. Im Anschluss an eine Operation wird oft eine Chemotherapie eingesetzt, um im Körper verbliebene Krebszellen abzutöten. Auch sie verändert die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm. In der Folge leiden viele Darmkrebspatient:innen an Verdauungsproblemen wie Durchfall, Verstopfung und Blähungen, die oft auch mit Schmerzen einhergehen – während und teilweise auch noch viele Jahre nach der Therapie. Zudem ist eine gesunde Darmflora wichtig für das Immunsystem, sodass es vermehrt zu Infektionen kommen kann. Insbesondere Wundinfektionen nach der Darmkrebsoperation können die Patient:innen stark belasten.

Die Darmflora aufforsten

Mit der LEONORA-Studie wollen die Projektleiter Prof. Dr. Ben Schöttker, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, und PD Dr. Lena Biehl, Universitätsklinikum Köln, diese Nebenwirkungen bekämpfen. Dafür setzen die Wissenschaftler:innen Synbiotika ein. Diese Medikamente bestehen aus einer Mischung von lebenden Mikroorganismen und Stoffen, von denen diese sich ernähren. „Wir verabreichen der Hälfte der Studienteilnehmer im Anschluss an ihre Darmkrebsoperation über 12 Wochen täglich eine Kapsel mit 12 Bakterienstämmen und ein Pulver zur Ernährung der Bakterien, das in einem Glas Wasser aufgelöst getrunken wird. Die andere Hälfte bekommt ein Scheinpräparat ohne Bakterien und der Vergleich der beiden Gruppen wird uns zeigen, wie stark sich die Lebensqualität durch eine Stärkung der Darmflora verbessern lässt“, so Dr. Biehl. Neben einer verbesserten Lebensqualität und geringeren Infektanfälligkeit der Darmkrebspatient:innen könnte die Studie auch Ergebnisse zu einer effektiveren Behandlung liefern: „Es gibt Hinweise darauf, dass einige Mikroorganismen krebshemmend wirken und das Ansprechen auf bestimmte Krebstherapien verbessern können“, so Prof. Schöttker.

Dr. Franz Kohlhuber, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe betont den einzigartigen Charakter der Studie: „Die LEONORA-Studie ist weltweit die größte ihrer Art, die eine Verbesserung der Lebensqualität von Darmkrebspatienten durch Synbiotika untersucht. Die Ergebnisse könnten eine hohe Relevanz für die Behandlung dieser Krebsart und die vielen davon betroffenen Menschen haben.“

Vorsorge-Darmspiegelung: Warum der Nutzen größer ist als gedacht

Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

Vorsorge-Darmspiegelung: Warum der Nutzen größer ist als gedacht

Jetzt lesen
Quelle:

Deutsche Krebshilfe